Mann schaut auf Wand mit Schriftzug Mann schaut auf Wand mit Schriftzug
Wo sollen Arbeitgebende ansetzen, damit Mitarbeitende ihrem Unternehmen treu bleiben? (Symbolbild)

Sechzig Prozent der Arbeitnehmenden in der Deutschschweiz beschäftigen sich in Gedanken damit, ihre Stelle zu wechseln. Damit hat der Anteil der Wechselwilligen einen Spitzenwert erreicht, wie die Langzeitstudie mit über Tausend Teilnehmenden von onlyfy by XING (2023) zeigt. Während 44 Prozent der wechselbereiten Beschäftigten noch nicht aktiv geworden sind, haben 16 Prozent bereits konkrete Schritte für einen Stellenwechsel geplant. Neben einem höheren Gehalt ist die generelle Lust auf Abwechslung Treiber für die Wechselbereitschaft. Ein guter Zusammenhalt unter Kollegen und Kolleginnen ist fast genauso ausschlaggebend. Die Offenheit gegenüber einem Stellenwechsel ist in Deutschland (37 Prozent) deutlich geringer. Warum nimmt die Anzahl Wechselwilliger hierzulande zu und wie können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden vor dem Absprung bewahren? Dieser Beitrag stellt wichtige Fakten und wirksame Massnahmen in den Fokus.

Wechselbereitschaft versus effektiven Stellenwechsel

Besonders hoch ist die Wechselbereitschaft laut der Studie von onlyfy by XING (2023) im jüngsten Alterssegment der 18- bis 29-Jährigen sowie bei den 30- bis 39-Jährigen (72 bzw. 73 Prozent). Im Alterssegment der 40- bis 49-Jährigen sind mehr als die Hälfte (56 Prozent) offen für einen Wechsel, bei den über 50-Jährigen sind es mit 44 Prozent etwas weniger als die Hälfte.

Grafik Wechselbereitschaft Deutschschweiz
Abb.: Die Job-Wechselbereitschaft in der Deutschschweiz nach Altersgruppen (Grafik: onlyfy by xing)

Im Vergleich zur hohen Wechselbereitschaft fallen die Werte für einen effektiven Stellenwechsel niedrig aus: Im Jahr 2022 wechselten «nur» rund 12,8 Prozent der arbeitstätigen Bevölkerung in der Schweiz ihren Arbeitgeber bzw. ihre Arbeitgeberin – 16,9 Prozent der Frauen und 14,4 Prozent der Männer (BFS, 2023). Auch ist der Durchschnittswert der Stellenwechsel innerhalb der letzten zehn Jahre lediglich um 1,5 Prozent gestiegen. Allerdings war im Jahr 2021 ein Berufs- oder Branchenwechsel bei gut zwei Fünftel der Berufstätigen (41 Prozent) in der Schweiz etwas häufiger als in den Jahren 2012 bis 2019 (36 Prozent) (Avenir Suisse, 2022).

Die wichtigsten Gründe für einen Stellenwechsel

Obwohl die Wechselbereitschaft gestiegen ist, bleibt die Zufriedenheit mit der aktuellen beruflichen Tätigkeit auf einem konstant hohen Niveau. Laut onlyfy by XING (2023) sind aktuell 84 Prozent der Berufstätigen mit ihrer Arbeit zufrieden. Bei jungen Berufstätigen zwischen 18 und 29 Jahren ist der Anteil derjenigen, die sehr oder eher zufrieden sind, etwas niedriger. Unzufriedenheit mit dem Job kann also kein Grund für einen möglichen Stellenwechsel sein.

Der Hauptgrund ist ein zu niedriges Gehalt (41 Prozent). Die generelle Lust auf Abwechslung im Berufsleben befindet sich an zweiter Stelle (32 Prozent). Besonders bei den 40- bis 49-Jährigen ist der Wunsch nach Abwechslung im Berufsleben ausgeprägt. An dritter Stelle steht ein zu hoher Stresslevel (30 Prozent), gefolgt von Unzufriedenheit mit der direkten Führungskraft (26 Prozent) und fehlenden Aufstiegschancen (23 Prozent). Die Möglichkeit, die Arbeitszeit flexibel einzuteilen, ist ein weiterer wichtiger Aspekt bei einem Stellenwechsel. Eine gute Arbeitskultur und Sinnhaftigkeit sind ein Anspruch, der sich in allen Altersgruppen findet, mit zunehmendem Alter jedoch immer wichtiger wird (onlyfy by XING, 2023).

Was den Stresslevel und die emotionale Bindung an das Unternehmen betrifft, zeigt der Gallup Report 2023 ähnliche Zahlen: Jede:r dritte Beschäftigte in der Schweiz fühlt sich bei der Arbeit gestresst (35 Prozent). Und nur jede:r zehnte Befragte (11 Prozent) ist emotional hoch gebunden an seinen derzeitigen Arbeitgeber. Die meisten machen Dienst nach Vorschrift und haben eine niedrige emotionale Bindung (79 Prozent). Zehn Prozent haben sogar keine Bindung an ihren Arbeitgeber mehr.

Vor diesem Hintergrund wird das Halten von Mitarbeitenden immer herausfordernder und zum vorherherrschenden Thema der Arbeitgebenden. Schliesslich erbringen loyale und engagierte Mitarbeitende, die sich für ihre Arbeit und ihren Arbeitsplatz begeistern, nachweislich eine hohe Leistung.

Wie Sie als Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberin die Wechselwilligen halten können

Zu den wichtigsten Instrumenten, welche die Mitarbeiterbindung positiv beeinflussen, gehören ein gutes Betriebsklima, eine markt- und leistungsgerechte Entlohnung, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie flexible Arbeitszeiten. Zu diesem Schluss kommt eine empirische Studie des Instituts für Beschäftigung und Employability IBE und Hays (HR-Report 2023), an der rund 1000 Entscheiderinnen und Entscheider aus Deutschland Österreich und der Schweiz teilgenommen haben. Grundsätzlich empfiehlt die Studie Arbeitgebenden in folgenden Bereichen anzusetzen, um die Beschäftigten mittel- bis langfristig an das Unternehmen zu binden:

  • Unternehmenskultur: Kommunikation und Wertschätzung sind essenziell. Als Unternehmensleitung schaffen Sie ein gutes Betriebsklima, indem Sie Ihre Mitarbeitenden regelmässig informieren, die Ziele Ihres Unternehmens transparent machen und einen offenen Umgang mit kritischen Themen pflegen. Das blosse Dokumentieren von Werten und Purpose ist weniger relevant. Fördern Sie bereichsübergreifendes Denken und pflegen Sie eine hierarchieübergreifende Kommunikation. Fördern Sie die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und bieten Sie gesundheitspräventive Massnahmen sowie Coaching-Angebote an.
  • Entlohnung: Individuelle Leistungsentlohnungen und die Beteiligung der Mitarbeitenden am Unternehmenserfolg sind besonders bedeutsam. Schaffen Sie Transparenz zu Gehältern und deren Bezug zur Leistung. Betriebliche Zusatzleistungen, insbesondere in Bezug auf Altersvorsorge, sind ebenfalls wichtig. Da die gesetzliche Rentenversicherung unter Druck gerät, erwarten jüngere Menschen, dass ihr Unternehmen einspringt.
  • Arbeitszeitgestaltung: Flexible Arbeitsmodelle wie Teilzeit, Remote Work oder Home Office tragen je nach Lebenssituation zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei, können aber das Teamgefühl reduzieren. Massnahmen zur Förderung des Austauschs und des Miteinanders sowie eine positive Einstellung zur mobilen Arbeit sind entscheidend. Sorgen Sie für eine kooperationsförderliche Arbeitsgestaltung, kurze Entscheidungswege und fördern Sie Selbstbestimmung und -verantwortung. 
  • Führungsstil: Anerkennung der Leistung und ein fairer Umgang auf Augenhöhe sind besonders wichtig. Mitarbeitende möchten gesehen und für ihre Leistung anerkannt werden. Regelmässiges und individuelles Feedback ist insbesondere der jüngeren Generation wichtig, weil sie sich hiervon Weiterentwicklung verspricht. Seien Sie empathisch und pflegen Sie einen konstruktiven Umgang mit Fehlern. Seien Sie sich Ihrer Rollenvielfalt als Führungskraft bewusst und agieren Sie je nach Bedarf als Coach. Räumen Sie sich nicht zuletzt genügend Zeit für Führungsaufgaben ein.
  • Personalentwicklung: Der Karrierebegriff hat sich gewandelt und umfasst nicht nur hierarchischen Aufstieg. Ermöglichen Sie allen Mitarbeitenden Zugang zu Entwicklungsmassnahmen und schaffen Sie unterschiedliche Laufbahnpfade. Achten Sie auf die Gleichwertigkeit von Fach-, Projekt- und Führungslaufbahn sowie praxisnahe Lernangebote. Berücksichtigen Sie bei der Karriereplanung die Lebensphase der Mitarbeitenden. Und: Sorgen Sie für flexible Jobprofile und eine Vielzahl an unterschiedlichen Aufgaben, um der Lust nach Abwechslung der Wechselwilligen entgegenzuwirken.

Fazit

Der Trend zu mehr Offenheit für einen Stellenwechsel und berufliche Veränderungen setzt sich in der Deutschschweiz auch in diesem Jahr fort. Wichtige Treiber sind Aussicht auf mehr Lohn und die generelle Lust auf Abwechslung. Die vergleichsweise kleine Zahl der effektiv gewechselten Stellen im letzten Jahr mag zwar darauf hindeuten, dass bei der Umsetzung des Vorhabens, die Stelle zu wechseln, auch dieses Jahr nicht so heiss gegessen wie gekocht wird. Dennoch verschärfen ein hoher Stresslevel sowie eine geringe emotionale Bindung an den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin die Situation.

Um Mitarbeitende mittel- und langfristig zu halten, ist ein gutes Gemeinschaftsgefühl essenziell. Führungskräfte müssen fair, empathisch und wertschätzend sein. Eine bewusst konstruktive Art der Kommunikation stärkt zudem die Resilienz der Mitarbeitenden. Hochqualifizierte Fachkräfte sollten individuell entlohnt und gefördert werden. Flexible Arbeitszeitenmodelle und Arbeitsbedingungen sowie abwechslungsreiche Tätigkeiten tragen zur Work-Life-Balance bei.

Loyale und engagierte Mitarbeitende, die sich an ihrer Arbeitsstelle wohlfühlen, sind nicht nur produktiver. Sie wirken auch als Botschafter:innen für das Unternehmen, was wiederum neue Fachkräfte anzieht.

Avenir Suisse. (2022). Die Schweizer bleiben dem Arbeitsmarkt trotz Corona treu.

BFS. (2023). Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE).

EY Jobstudie. (2023): Karriere und Wechselbereitschaft.


Gallup. (2023): State of the Global Workplace 2023 Report The Voice of the World’s Employees.

Institut für Beschäftigung und Employability IBE und Hays. (2023). HR-Report 2023 Mitarbeiter-Bindung.

onlyfy by xing. (2023). "Lust auf Abwechslung" befeuert Wechselbereitschaft von Schweizer Berufstätigen. Medienmitteilung 2. Februar 2023.

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