Arbeit im Homeoffice – Was ist aus rechtlicher Sicht zu beachten
Dr. iur. RA Pascal Domenig
Seit Beginn der Pandemie arbeitet eine Vielzahl von Arbeitnehmenden im Homeoffice. Vielfach wird unterschätzt, dass sich durch die Arbeit im Homeoffice die Rechtslage verändert.
Rechtsanwalt und Arbeitsrechtsexperte Dr. Pascal Domenig erläutert im vorliegenden Blogbeitrag die wichtigsten Fragen, die aus arbeitsrechtlicher Sicht zu beachten sind, wenn langfristig im Homeoffice gearbeitet wird.
Ist Homeoffice vertraglich zu regeln?
Mangels einer anderslautenden Regelung haben Arbeitnehmende keinen gesetzlichen Anspruch, Homeoffice-Arbeit leisten zu dürfen. Vereinzelt sind in Gesamtarbeitsverträgen Regelungen zu Homeoffice-Arbeit zu finden. Oftmals beschränken sie sich jedoch bloss auf Grundsätze und begründen keine eigentlichen Rechte und Pflichten.
Generell ist es aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz ratsam, die mit der Regelung von Homeoffice-Arbeit verbundenen Aspekte auch in schriftlicher Form (bspw. thematische Ergänzung im bestehenden Personalreglement) festzuhalten.
Seit dem 18. Januar 2021 haben Arbeitgeber bis auf weiteres dafür zu sorgen, dort Homeoffice anzuordnen, wo dies aufgrund der Art der Aktivität möglich und mit verhältnismässigem Aufwand umsetzbar ist. Gelangt der Arbeitgeber nach eingehender Prüfung zum Schluss, dass die Verrichtung von Homeoffice für einen Teil seiner Belegschaft ausgeschlossen ist, so ist seitens der Arbeitnehmenden dies hinzunehmen.
In welchem zeitlichen Umfang kann im Homeoffice gearbeitet werden?
Im Arbeitsvertrag kann grundsätzlich frei gewählt werden, in welchem zeitlichen Umfang Homeoffice-Arbeit geleistet wird. Die Entwicklungen in den letzten Monaten haben aufgezeigt, dass eine Vielzahl der Unternehmen ihren Arbeitnehmenden zukünftig grosse Freiheiten gewähren, in welchem Umfang sie im Homeoffice arbeiten. Generell empfiehlt es sich, ein maximales Pensum zu definieren.
Wünscht ein bei einem Schweizer Arbeitgeber beschäftigter Arbeitnehmer mit Staatsangehörigkeit der EU/EFTA regelmässig in seinem Wohnsitzstaat in der EU bzw. EFTA im Homeoffice zu arbeiten, so kann dies unter Umständen weitreichende finanzielle Konsequenzen für den Arbeitgeber in der Schweiz nach sich ziehen.
Bei einer Homeoffice-Tätigkeit im Umfang von 25 Prozent und mehr, wird der Arbeitnehmer aus sozialversicherungsrechtlicher Optik so behandelt, als ob er seine Arbeitstätigkeit gesamthaft in seinem Wohnsitzstaat ausführen würde. Folglich sind sämtliche Sozialabgaben in dessen Wohnsitzstaat zu entrichten. Will der Arbeitgeber die in der Regel damit verbundenen finanziellen Nachteile (bspw. höhere Sozialabgaben, grösserer administrativer Aufwand, teilweise zusätzliche Lohnnebenkosten) vermeiden, so hat er das zeitliche Pensum der Homeoffice-Tätigkeit vertraglich auf unter 25 Prozent der gesamthaft geleisteten Arbeitszeit zu limitieren. Weiter ist die geleistete Arbeitszeit im Wohnsitzstaat minutiös zu erfassen und seitens des Arbeitgebers zu kontrollieren. Weiter können auch unerwünschte Steuerfolgen eintreten (z.B. Begründung einer Betriebsstätte im Ausland). Arbeitnehmende sind auch über allfällige Nebentätigkeiten vorlaufend zu befragen. Bei Teilzeitangestellten ist das Pensum entsprechend anteilsmässig zu reduzieren.
In der Praxis empfiehlt sich, eine zeitliche Beschränkung auf 20 Prozent für Mitarbeitende mit Wohnsitz in der EU/EFTA vorzusehen, während bei der Verrichtung von Homeoffice-Arbeit in der Schweiz keine zeitlichen Beschränkungen erforderlich sind.
In Bezug auf Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Liechtenstein wurde in der aktuellen Situation die flexible Anwendung der Unterstellungsregeln bis zum 30. Juni 2021 vereinbart. In der Folge können in der Schweiz beschäftigte Grenzgänger ohne weitere Konsequenzen für den Schweizer Arbeitgeber in einem grösseren zeitlichen Umfang im Homeoffice arbeiten. Bei den übrigen Ländern ist fallweise zu prüfen, ob Abmachungen getroffen worden sind.
Für welche Kosten hat der Arbeitgeber aufzukommen?
Ist zu klären, für welche Kosten der Arbeitgeber aufzukommen hat, so ist zu unterscheiden, ob Aufwendungen für Arbeitsgeräte und Material resp. Auslagen zu tätigen sind:
Der Arbeitgeber kann vertraglich grundsätzlich die Arbeitnehmenden verpflichten, ihre privaten Arbeitsgeräte (Laptop, Drucker, Büroeinrichtungsgegenstände etc.) und Material (insb. Papier, Druckerpatronen und Datenträger) entschädigungslos zur Verfügung zu stellen.
Verzichtet der Arbeitgeber auf eine ausdrückliche Regelung, so sind den Arbeitnehmenden nach Art. 327 Abs. 1 Obligationenrecht eine angemessene Entschädigung für die von ihnen eingesetzten Arbeitsgeräte und Material zu bezahlen.
Im Gegensatz zum Kostenersatz für Arbeitsgeräte und Material ist der sog. Auslagenersatz (Spesen) nach Art. 327a OR zwingend geschuldet. Eine vertragliche Wegbedingung ist ausgeschlossen. Die Arbeitnehmenden haben einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihnen alle durch die Ausführung der Arbeit notwendig entstandenen Auslagen ersetzt. Der Auslagenersatz setzt allerdings voraus, dass die Kosten auch tatsächlich für die berufliche Tätigkeit notwendig sind. Entscheidend ist dabei, weshalb zu Hause gearbeitet wird.
Bevorzugen Arbeitnehmende zeitweise im Homeoffice zu arbeiten, obwohl ihnen zeitlich uneingeschränkt ein geeigneter Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers zur Verfügung stünde, so besteht kein Anspruch auf Auslagenersatz.
Die Situation ist dagegen anders zu beurteilen, in der kein bzw. kein geeigneter Arbeitsplatz vorhanden ist und die Arbeitsleistung deshalb zwingend im Homeoffice ausgeführt werden muss. Gemäss dem Bundesgerichtsurteil 4A_533/2018 vom 23. April 2019, Erw. 6.2 ist der Arbeitgeber verpflichtet, sich nach Massgabe des Gebrauchs an den Raumkosten (Miete, Strom und Heizung) und anderen Auslagen (z.B. Kommunikationskosten (Internet)) anteilsmässig zu beteiligen. Da einzelne Ausgaben im Zusammenhang mit der Verrichtung von Homeoffice-Arbeit nur umständlich eruiert werden können, empfiehlt es sich, die anfallenden Kosten pauschalisiert zu vergüten.
Mit der Einführung der Homeoffice-Pflicht hat der Bundesrat gleichzeitig angeordnet, dass keine Entschädigungen für die Verrichtung von Homeoffice-Arbeit zu leisten sind. Haben Arbeitgeber indessen bereits vor der Anordnung der Homeoffice-Pflicht finanzielle Entschädigungen ihren Arbeitnehmenden vergütet, so werden diese nicht hinfällig.
Ist der Arbeitgeber verpflichtet, für die Einhaltung des Arbeitsgesetzes im Homeoffice zu sorgen?
Gemäss Arbeitsgesetz ist der Arbeitgeber verpflichtet, für den Gesundheitsschutz seiner Arbeitnehmer zu sorgen. Diese Regelung gilt uneingeschränkt, auch wenn von zu Hause aus gearbeitet wird. Obwohl die Arbeitszeiten im Homeoffice oftmals flexibel geleistet werden, müssen auch hier die arbeitsgesetzlichen Vorschriften eingehalten werden. So sind die Arbeits- und Ruhezeiten strikt einzuhalten (bspw. Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit). So ist denn auch grundsätzlich die geleistete Arbeitszeit im Homeoffice minutiös zu dokumentieren (Beginn und Ende der geleisteten Arbeitszeit, Pausen etc.).
Da eine unmittelbare Kontrolle im Homeoffice durch den Arbeitgeber vor Ort nicht möglich ist, so sind die Arbeitnehmenden über die zwingenden Vorschriften zu informieren. Grundsätzlich wäre es alternativ möglich, eine Besichtigung des Arbeitsplatzes via Webcam vorzunehmen.
Ist eine Regelung nötig, um die Arbeit im Homeoffice zu beenden?
Zeigt sich, dass Arbeitnehmende nicht ihre gewohnten Performance im Homeoffice erbringen oder ist aus anderen Gründen eine Rückkehr im Betrieb gewünscht, so setzt dies eine entsprechende Regelung voraus, um die Homeoffice-Arbeit zu beenden. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich, vertraglich vorzusehen, dass der Arbeitgeber unter Berücksichtigung einer kurzen Ankündigungsfrist (2 – 4 Wochen) jederzeit die Rückkehr in den Betrieb anordnen kann. Im Einzelfall bleibt zu prüfen, ob die zeitliche Umsetzung für den betroffenen Arbeitnehmenden zumutbar ist.
Was bleibt zu tun, um Homeoffice langfristig zu regeln?
Es empfiehlt sich, in einem separaten Reglement schriftlich festzuhalten, welche Regeln bei Verrichtung von Homeoffice-Arbeit gelten.
In der Praxis zeigt sich, dass die Beendigung von Homeoffice zu regeln ist. Letzteres ist im Konfliktfall sehr hilfreich. Weiter bedarf auch die Kostenregelung eine schriftliche Grundlage und auch der zeitliche Umfang, der im Homeoffice geleistet werden darf.
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CAS FH in Arbeits- und Sozialversicherungsrecht
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MBA / EMBA FH mit Vertiefung in Arbeits- und Sozialversicherungsrecht
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