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Arbeiten - auch in Teilzeit (Symbolbild)

Derzeit wird in den Medien und in der Öffentlichkeit viel über das Thema Teilzeitarbeit gesprochen. Tatsächlich hat die Teilzeitarbeit seit dem Jahr 1991 einen immer höheren Stellenwert in der Schweizer Bevölkerung. Im Jahr 2022 waren rund 37 Prozent aller Erwerbstätigen in einem Teilzeitpensum, das heisst weniger als neunzig Prozent, angestellt. (Ganzfried & Mäder, 2022). Wird die Teilzeitarbeit auch in Zukunft weiterhin an Bedeutung gewinnen und welche psychologischen Effekte bringt sie mit sich?

Die psychologische Wirkung einer reduzierten Arbeitszeit

Die Erwerbsarbeit spielt eine wichtige Rolle in unserem Leben. Kein Wunder also, nimmt sie einen wichtigen Anteil im gesellschaftlichen Diskurs ein. Wie derzeit auch die Teilzeitarbeit, die gerade intensiv diskutiert wird und die Reduktion der Arbeitszeit als einen Gesundheitsbooster schlechthin darstellt. Ein Blick in die Wissenschaft zeigt, dass die Reduktion der Arbeitszeit und insbesondere die Vermeidung einer zu hohen Arbeitszeit sich nicht nur positiv auf das Freizeitempfinden, sondern auch auf die Gesundheit auswirken kann. Eine Metaanalyse, die mehrere Studien systematisch zusammenfasst, hat herausgefunden, dass zu lange Arbeitszeiten körperliche Leiden wie Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen, Depressionen und Schlafstörungen begünstigen kann (Niedhammer, Betrais & Witt, 2021). Das liegt unter anderem auch daran, dass wir zwar seit 1950 kontinuierlich immer weniger arbeiten, die Arbeitsintensität hingegen ansteigt. Eine hohe Arbeitsintensität muss zwar nicht zwingend negativ sein, da diese auch anregend wirken kann oder der persönlichen Entwicklung dienen kann. Allerdings kann sie auch zu einer hohen Arbeitsbelastung und Stress führen (Hapke et al., 2013). Tatsächlich zeigt die Forschung, dass Teilzeitarbeit – wenn frei gewählt – die Zufriedenheit der Mitarbeitenden erhöht, Krankheitstage und somit Ausfälle reduziert, die Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben verbessert und Stress reduziert (Ganzfried Gouderc & Mäder, 2022).

Teilzeitarbeit: Was funktioniert?

Teilzeitarbeit wird aber auch von den Arbeitnehmenden in gewissen Bereichen als negativ wahrgenommen. Manche sagen, unser Wohlstand und unsere Arbeitsmoral würden bei vermehrter Teilzeitarbeit flöten gehen. Beispielsweise, wenn es darum geht, die Produktivität oder die Karrierechancen einer Person abzuschätzen (Moser, 2020). Grundsätzlich wird die Teilzeitarbeit vielerorts noch als typische Karrierenbremse wahrgenommen (Fachkräfte Schweiz, 2016). Allerdings verlassen viele hochqualifizierte Arbeitnehmende, insbesondere Frauen, das Unternehmen, wenn die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie nicht gewährleistet wird. Daher macht es Sinn, diese möglichst ans Unternehmen zu binden (Jocham & Kipfer, 2022). Zudem bietet sich für die Unternehmen mit dem Ausbau an Teilzeitstellen ein ökonomischer Vorteil. Teilzeitarbeit kann Fluktuation verringern und die Mitarbeitendenbindung ans Unternehmen stärken (Ganzfried Gouderc & Mäder, 2022). Faktoren, die während des Fachkräftemangels stark von Bedeutung sind. Wenn Mitarbeitende ihr Pensum ihren Lebensumständen anpassen können, erhöht das ihre Zufriedenheit (Ganzfried Gouderc & Mäder, 2022). Das kann sich positiv auf die Bindung ans Unternehmen auswirken. Aber wie funktioniert es auch mit dem Anbieten von Teilzeitarbeit?

Nebst der organisatorischen Planung braucht es auch eine kulturelle Anpassung im Unternehmen. Insbesondere auf Führungsebene ist das ein wichtiger Faktor (Abrell, 2015). Es muss unter anderem die Haltung geändert werden, dass primär Präsenz mit Leistung verbunden wird und diesbezüglich Sensibilisierungsarbeit geschaffen werden wird. Teilzeit ist nämlich gerade in diesen Betrieben selten anzutreffen, wo dies noch nicht der Fall ist (Karlshaus & Kaehler, 2017). Gute Erfahrungen machen Unternehmungen auch mit Top-Sharing-Angeboten, bei denen sich Führungskräfte eine Stelle zu je fünfzig Prozent teilen. Dabei ist aber eine gue Kommunikation und die damit verbundenen Prozesse von grosser Bedeutung (Ganzfried Gouderc & Mäder, 2022).

Ausblick

Viele Arbeitnehmende in der Schweiz möchten gerne ihr Pensum reduzieren (Bosshard et al., 2021; Bütikofer et al., 2021). In Anbetracht des aktuellen Fachkräftemangels kann davon ausgegangen werden, dass auch in Zukunft die Arbeitgebenden vermehrt auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmenden eingehen müssen.

Quellen und weiterführende Informationen

Abrell, B. (2015). Führen in Teilzeit. Wiesbaden: Springer Gabler.

Bosshard, C., Bütikofer, S., Hermann, M. & Krähenbühl, D. (2021): annajetzt - Frauen in der Schweiz. Die grosse Frauenbefragung von Sotomo und annabelle. Hg. v. Sotomo.

Bütikofer, S., Krähenbühl, D. & Bühler, G. (2021): annabeau Deutschschweizer Männerbefragung. Kurzbericht. Hg. v. Medienart AG, annabelle.

Fachkräfte Schweiz. (2016). Von (https://www.fachkraefteschweiz.ch/perch/resources/dokumente/infoletter-ffwr12016.pdf

Ganzfried Gouderc, M. & Mäder, G. (2022). Teilzeitarbeit in der Schweiz: steigende Bedeutung, Herausforderungen und Chancen : Eine Spurensuche in der Literatur und bei ausgewählten Unternehmen. Zürich/Bern: Schweizerische Bundesbahnen, SBB.

Hapke U, Maske U, Scheidt-Nave C et al. (2013). Chronischer Stress bei Erwachsenen in Deutschland. Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 56(5/6), 749 – 754.

Jocham, J., & Kipfer, Y. (November 2022). Adecco Group. Von https://www.adeccojobs.com/de-ch/-/media/project/adeccogroup/pdf-files/fachkrftemangel-index-schweiz2022.pdf

Karlshaus, A., & Kaehler, B. (2017). Teilzeitführung. Wiesbaden: Springer FachmedienWiesbaden GmbH.

Moser, Julia (2020). Teilzeit - ein Karrierekiller?. SOEPpapers on Multidisciplinary Panel Data Research, 1090, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin

Niedhammer, I., Bertrais, S. & Witt, K. (2021).  Psychosocial work exposures and health outcomes: a meta-review of 72 literature reviews with meta-analysis. Scand J Work Environ Health.(7), 489–508.

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