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Welchen Weg soll ich in der Führung gehen? (Symbolbild)

Führen Sie transaktional, transformational, agil oder digital? Sind Sie Manager, Leader, Coach oder Ambassador? Die Wahl des richtigen Führungsstils und das Rollenverständnis in der Führung sind vor dem Hintergrund diverser, sich gegenseitig beeinflussender Trends aktueller denn je. Welcher Führungsansatz eignet sich in einem zunehmend digitalisierten, welcher in einem globalen oder/und sich rasch wechselnden Umfeld? Gibt es gar einen allgemeingültigen Führungsstil? Oder brauchen Sie als Führungskraft Ihren Hut von Zeit zu Zeit zu wechseln?

Management fokussiert Effizienz und extrinsische Motivation

Der transaktionale Führungsansatz gehört zu den traditionellen, aber heute noch gültigen Führungsansätzen. Der in den 1970er-Jahren entwickelte Ansatz betrachtet Mitarbeitende als rationale, vorwiegend extrinsisch motivierbare Menschen, die zur Optimierung der Organisation und deren Ergebnisse beizutragen haben (Wunderer, 2011). Führung kommt hier einem Tauschhandel (Transaktion) gleich: Leistung gegen Belohnung in Form von Geld und Beförderung. Die Führungsperson gewinnt die Loyalität ihrer Mitarbeitenden durch Fachkompetenz und Autorität.

Transaktionale Führung wird oft mit dem Begriff Management gleichgestellt. Hier steht der betriebswirtschaftliche Aspekt im Fokus. Als Führungsinstrumente werden vor allem Zielvereinbarungen, Mitarbeiterbeurteilung und Feedbackgespräche sowie Planungstools und Kontrollinstrumente genutzt.

Leadership setzt auf Sinnhaftigkeit und Werte, individuelle Förderung und Ermächtigung

Führung lediglich über Fachkompetenz und hierarchische Stellung auszuüben, reicht heutzutage nicht mehr aus. Längst haben Internet und Digitalisierung Wissen allgemein zugänglich gemacht und Mitarbeitende zu Spezialisten werden lassen. In der Führung rückt immer mehr die Beziehung gegenüber den Mitarbeitenden in den Vordergrund: Der transformationale Führungsansatz nutzt die intrinsische Motivation zur Entwicklung (Transformation) der einzelnen Mitarbeitenden und des Teams. Geführt wird über die Persönlichkeit der Führungskraft („Idealized Influence“), über sinnhafte Ziele, gemeinsame Werte und Visionen („Inspirational Motivation“), über die Befähigung der Mitarbeitenden zur eigenständigen Problemlösung („Intellectual Stimulation“) sowie über empathisches Verhalten („Individual Consideration“) (Avolio & Bass, 1994).

Transformationale Führung wird häufig auch als Leadership bezeichnet. Typisch für Leadership ist ein flexibler Rollenansatz: Mal ist die Führungskraft Ambassador für gemeinsame Werte und Visionen, ein anderes Mal verhilft sie ihren Mitarbeitenden als Coach zur eigenständigen Lösungsfindung.

Agile Leadership: Anpassungsfähigkeit, Selbstorganisation und Eigenverantwortung

Je komplexer, volatiler und unsicherer das Umfeld eines Unternehmens, desto eher braucht es laufende Anpassungen in der Führung. Hier kommt Agile Leadership als neuerer Führungsansatz zum Zug. Agilität steht dabei für die Lern- und Anpassungsfähigkeit einer Organisation. Primäres Ziel ist die Sicherung der Existenz. Dazu passt eine Organisationsstruktur wie beispielsweise Holocracy, welche darauf abzielt, die Verantwortung dorthin zu delegieren, wo die Kompetenzen vorhanden sind. Also weg von Hierarchien – hin zu Netzwerkstrukturen, Selbstorganisation und Eigenverantwortung. Entscheidungsprozesse und Arbeitsabläufe werden so vereinfacht. Der Führungskraft steht die Rolle zu, die Flexibilität und Dynamik ihrer Mitarbeitenden zu fördern und diese mit anderen Stakeholdern zu vernetzen.

Digital Leadership: Vertrauen und Kollaboration

Vielerorts hat der digitale Wandel sowie ein zunehmendes Bedürfnis nach individuellen Arbeits- und Lebensformen Homeoffice, Job Sharing oder projektbezogenes Arbeiten hervorgebracht. Der Trend zur Globalisierung und aktuell die Corona-Krise wirken als Verstärker von zeit- und ortsunabhängigem Arbeiten. „Führung auf Distanz“ wird hier zur Tagesordnung. Der digitale Führungsansatz wie z.B. das VOPA+ Modell basiert sowohl auf gegenseitigem Vertrauen als auch auf den sozialen Fähigkeiten der Teammitglieder. Vernetzung, Offenheit, Partizipation und Agilität gehören zu den wichtigsten Kompetenzen und Werten der Führungskraft. Menschen über verschiedene Kanäle und soziale Plattformen zu vernetzen ist eine ebenso wichtige Führungsaufgabe wie eine konstruktive, motivierende und hierarchiefreie Form des Austausches und der Kollaboration zu fördern.

Best Practices in Leadership?

Die Frage, welche Unternehmen in der praktischen Umsetzung der Führung als Vorbild dienen, ist nicht einfach zu beantworten. Oft bringen gute theoretische Ansätze in der Praxis unerwartete Konsequenzen oder Herausforderungen hervor. Hier sind einige Beispiele:

Die Zürcher Kantonalbank hat vor einigen Jahren ganz bewusst transaktionale Führungsinstrumente wie MbO (Management by Objectives) und das jährliche Mitarbeiterbeurteilungsgespräch abgeschafft. Dafür tauschen sich Vorgesetzte und Mitarbeitende auf kollegialer Basis in regelmässigen Kurzsitzungen über Leistungsfähigkeit und -potenzial sowie über die Befindlichkeit des Mitarbeitenden aus. „Instant-Feedback“ zur Leistung erteilt der Chef oder die Chefin über eine App mittels fröhlichen, traurigen oder neutralen Smileys. Und last but not least kann ein Mitarbeitender nach Bedarf ein elektronisches 360-Grad-Feedback von einem ausgewählten Kollegenkreis einholen. Das Problem dabei: Es scheint nur noch positives Lob und Feedback zu geben.

Novartis stellt seit mehr als einem Jahr ganz nach Leadership-Manier Sinnhaftigkeit vor Profit. Mindestens hat sie sich dieses Credo auf die Fahne geschrieben. Sinnhaftigkeit oder „Purpose“ heisst für Novartis, das Leben von Menschen zu verbessern und zu verlängern. Dass dies Mitarbeitende zu Leistung motivieren kann, ist nachvollziehbar. Führungskräfte sind aufgefordert, sich als „Servant Leader“ in den Dienst ihrer selbst gesteuerten Teams zu stellen. Hier wird der Mindshift in der Unternehmenskultur zur Herausforderung: Weder dürfte es allen Vorgesetzten einfach fallen, Macht abzugeben. Noch möchten alle Mitarbeitende sich selber organisieren oder sich ständig mit dem Team abstimmen und gemeinsame Entscheide treffen.

Netflix verfolgt aktuell einen Führungsansatz, der sich irgendwo zwischen transaktionaler Führung und Eigenverantwortung der Mitarbeitenden bewegt. Das Unternehmen zahlt überdurchschnittlich hohe Saläre und verlangt von seinen Mitarbeitenden, kritisches Feedback nach oben und unten zu geben. Wer nicht zu den besten gehört, wird gefeuert. Dagegen dürfen Mitarbeitende so viel Ferien beziehen, wie sie wollen. Eine spezielle Kombination von extrinsischer Motivation, Kontrolle und Vertrauen – legitimiert durch das Credo der kontinuierlichen Verbesserung? Oder steht nur reiner Profitgedanke dahinter?

Fazit

Der Führungsprozess ist ein hochkomplexer Vorgang mit vielen Variablen und Komponenten, die mit der Führungskraft, den geführten Personen und dem Führungsumfeld zusammenhängen. Den einzig richtigen Führungsansatz oder -stil gibt es nicht. Vielmehr brauchen Sie zu wissen, in welchem Markt Sie sich jetzt und in naher Zukunft bewegen und was Ihre Mitarbeitenden können bzw. wollen. Und vor allem müssen Sie bereit sein, Ihre eigenen Führungskompetenzen zu hinterfragen und diese laufend den wechselnden Bedingungen anzupassen.

Quellen und weiterführende Informationen

Avolio, B. J. & Bass, B. M. (1994). Improving Organizational Effectiveness Through Transformational Leadership. Thousand Oaks (California): Sage Publications.

Outside Lens. (2020). Vas Narasimhan, CEO of Novartis (2020). Transforming the Organization – Unbossing the Organisation, Leveraging Diversity and Navigating Ambiguity.

Fürbeth, Marion. (2019). Keine Agilität ohne Vertrauen. Kalaidos Blog.

Gillies, C. (2020). Endloses Schulterklopfen. Handelszeitung.

Hastings, R. (2020). Warum Netflix so erfolgreich ist. Berlin: Econ. 

Willi Kägi, I. (2020). Wie Sie gleichzeitig analog und digital führen. Kalaidos Blog.

Willi Kägi, I. (2019). Novartis: Haben Bosse ausgedient? Kalaidos Blog.

Willi Kägi, I. (2019). Performance Management 4.0. Kalaidos Blog.

Willi Kägi, I. (2017). Modell für digitale Führung: VOPA+. Kalaidos Blog.

Wunderer, R. (2011). Führung und Zusammenarbeit – Eine unternehmerische Führungslehre. (9. Aufl.). Köln: Luchterhand Verlag.

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Autor/in
Irene-Willi

Irene Willi Kägi

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