Human Centered Design Human Centered Design
Abb.: Ines Ostertag, Head of Continuous Service Improvement, Swisscom (Schweiz) AG, moderiert eine Gruppenarbeit.

Wir bewegen uns in einer Welt, in der wir zunehmend mit Unsicherheit, Komplexität, Unbeständigkeit und Mehrdeutigkeit konfrontiert sind. Wir können uns dieser Entwicklung nicht entziehen. Deshalb stellt sich die Frage, wie wir als Beratende und Führungspersonen das vorhandene Wissen, die Kreativität und die unterschiedlichen Potenziale der Menschen noch stärker nutzen können, um diesen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen. Die Kalaidos Fachhochschule bot am Praxisgespräch vom 23. September 2016 allen Interessierten und Studierenden die Möglichkeit, von Expertinnen für «Human Centered Design» (HCD) in ein Methodenrepertoire eingeführt zu werden, welches dazu dient, Veränderungen bewusst mit Fokus auf den Menschen zu gestalten. Am Anlass war neben der Vertiefung der Thematik auch Netzwerken angesagt.

Die beiden Praxispartnerinnen, Silvia Brand, Head of Trainingsmanagement, und Ines Ostertag Head of Continuous Service Improvement, Swisscom (Schweiz) AG, zeigten in einem ersten Teil auf, wie die Swisscom und sie persönlich diese Methodenvielfalt nutzen. Im zweiten Teil des Nachmittags moderierten sie eine HCD-Sequenz und ermöglichten den Teilnehmenden so, die Methode live zu erleben sowie Anregungen für die eigene Tätigkeit in der Begleitung und Moderation von Veränderungsprozessen zu erhalten. Daniela Disler und Alexia Bertschi, Studiengangsleiterinnen am Institut für Leadership und HR der Kalaidos Fachhochschule und Verantwortliche für den Anlass, unterstützten die Expertinnen bei der Moderation.

Kulturelle Transformation bei Swisscom

Wie steigert die Swisscom die Treffsicherheit ihrer Innovationen? Wie begeistert sie ihre Kunden? Und wie schafft sie gleichzeitig eine attraktive Zukunft für Ihre Führungskräfte und Mitarbeitenden? Durch eine Transformation ihrer Unternehmenskultur. Ein wesentlicher Teil der Swisscom-Kultur bildet HCD - zum einen eine mentale Einstellung oder Art zu denken - und zum andern eine Methodik, die man erlernen kann. Nicht zuletzt versteht sich HCD als Ergebnis einer menschenorientierten, agilen Art zu arbeiten und hat ein einziges Ziel: „Mehrwert zu schaffen, für Menschen. Mehrwert durch Erlebnisse, die begeistern, immer wieder.“

Was es laut den Expertinnen für die erfolgreiche Umsetzung einer solchen kulturellen Transformation braucht: Jede/r muss den Sinn und Zweck von HCD verstehen, ebenso müssen ein gemeinsames Verständnis von der Strategie entwickelt, eine gemeinsame Sprache gefunden und gemeinsame Methoden zur Zielerreichung angewendet werden. So gibt es bei der Swisscom eine HCD-Einheit mit einigen HCD-Experten und darüber hinaus über hundert HCD-Moderatoren in der Linie, die Ihre Dienste zu einem gewissen Teil ihrer Arbeitszeit sowohl den 20‘000 Mitarbeitenden als auch ihren Firmenkunden zur Verfügung stellen. Als Beispiele seien hier die Moderation von Produktentwicklungsworkshops oder Management Meetings und die Begleitung von Teamentwicklungsprozessen genannt. Auch nutzt die Swisscom bei Teamentwicklungen das Instrument Herrmann Brain Dominance Instrument, (HBDI oder auch Denkstil-Präferenzen-Modell genannt), um Menschen und Teams ihre Stärken und das Potenzial der verschiedenen Sichtweisen aufzuzeigen.

Die Gestaltung des HCD-Erlebnisses

Die Einführung in die HCD-Thematik am Praxisgespräch gestaltete sich als Lernerlebnis für die Teilnehmenden. Lernen durch Ausprobieren, Erlebnisse inszenieren, ein umfassendes Verständnis für das Gegenüber, Perspektivenwechsel, intensive Zusammenarbeit und Geschichten entwickeln standen im Vordergrund. Die unterschiedlichen Etappen der HCD-Reise wurden am Thema der zunehmenden Digitalisierung im Berufsalltag festgemacht und lauten wie folgt:

Phase 1: Meine ideale digitale Welt im Jahr 2025!
Jede/r Teilnehmer/in nimmt sich 3 Minuten Zeit und überlegt sich, wie seine/ihre durch die Digitalisierung veränderte Arbeitswelt im Jahr 2025 aussehen würde. Anschliessend sucht sich jede/r einen Partner/in. Die PartnerInnen interviewen sich gegenseitig mit dem Ziel herauszufinden, wie das jeweilige Erlebnis aussehen soll.    

Phase 2: Die ideale digitale Welt im Jahr 2025 meines Partners / meiner Partnerin!
Die Teilnehmenden erfassen die Resultate aus ihren Interviews: „Was sind die Ziele & Wünsche deines Interviewpartners?“ „Welche Gefühle und Emotionen hast du herausgehört?“ Danach schreiben ihr Fazit auf.

Phase 3: Wir priorisieren unsere Erkenntnisse
Nun werden vier Gruppen gebildet. Jede Gruppe erhält einen Moderator / eine Moderatorin. Dabei gilt es für jede Gruppe, ihre Erkenntnisse auf Post-It-Zetteln festzuhalten, auf einem Flipchart zusammenzutragen und zu clustern. Danach einigen sich die Gruppen jeweils auf ein Thema, für welches in einem weiteren Schritt Lösungen zu brainstormen sind. Dafür stehen 2 Minuten zur Verfügung! Das Einhalten des Timings wird hier wie auch in den anderen Phasen durch ein Signal eines überdimensionierten „Weckers“ gewährleistet.

Phase 4: Wir entwickeln Lösungen
Alle Ideen, die zur Lösung beitragen, werden in den Gruppen zusammengetragen und auf einem Flipchart festgehalten. Dabei sind auch radikale Lösungen willkommen. Die Gruppen stellen nun ihre Resultate jeweils in einem 2-Minuten-Pitch einer anderen Gruppe vor und erhalten Feedback. Das Feedback geschieht per Post-It: grüne Zettel stehen für: „Das finde ich gut, unbedingt beibehalten.“, rote Zettel signalisieren: „Das könnte so… oder so… verbessert werden, das fehlt oder davon mehr.“

Phase 5: Wir lernen und entwickeln weiter!
Die einzelnen Gruppen reflektieren ihr erhaltenes Feedback: „Was nehmen wir aus dem Feedback mit? Wie würde unsere Lösung dann aussehen?“

Phase 6: Wir bauen einen Prototyp und testen ihn!
Innert 10 Minuten stellt nun jede Gruppe einen Prototypen her. Dies kann eine Zeichnung oder Darstellung auf einem Flipchart sein oder ein Gegenstand, den man modelliert oder formt. Diverses Material (Boxen, Papierfiguren, Schnur etc.) steht in der Mitte des Raumes zur Verfügung. Wiederum stellen die Gruppen ihre Lösung den anderen Gruppen in einem kurzen 2-Minuten-Pitch vor und erhalten Feedback zu folgenden Aspekten: 1. „Was hat funktioniert?“ 2. Was könnte verbessert werden?“ 3. „Offene Fragen?“ 4. „Ideen“.

 Human Centered Design Gruppenarbeit

Abb.: Die Teilnehmer einer Gruppe haben ihren Prototyp erstellt.

Zum Schluss des Nachmittags wurde der ganze Prozess der HCD-Sequenz im Plenum zusammen mit den Expertinnen reflektiert. Was dabei auffiel: Die Moderation der HCD-Sequenz wurde als innovative, interaktive und inspirierende Methode erlebt, welche gleichzeitig hohe Anforderungen an potenzielle Moderatoren stellt. Klar definierte Phasen und ein rigoroses Timing helfen zwar den Prozess zu strukturieren und verhindern zeitintensive, ausufernde Diskussionen. Dank diesem roten Faden können sich die Teilnehmenden auf die Inhalte fokussieren und innert kurzer Zeit gute Resultate erreichen, die von der Gruppe gemeinsam getragen werden. Dagegen kann es vorkommen, dass während diesem fokussierten Arbeiten ganz andere Inhalte an Bedeutung gewinnen und somit Prozesse in Gang gesetzt und Richtungen eingeschlagen werden, die weder von der Gruppe noch von der Moderation vorherzusehen sind. Gerade dieses prozesshafte Geschehen kann bei ungeübten ModeratorInnen zur Herausforderung werden. Es empfiehlt sich deshalb, nebst entsprechenden Schulungen anfangs auch erfahrene ModeratorInnen zu begleiten.

Was die Resultate der HCD-Sequenz anbelangt, stach besonders hervor, wie unterschiedlich die Teilnehmenden ihre Ressourcen nutzten und entfalteten. Diese reichten von der kunstvollen Skizze und schriftlich ausformulierten Lösung bis hin zum greifbaren 3-D-Prototypen. Hinter dem Entstehen aller Lösungen war jedoch eine sichtliche Begeisterung und eine Orientierung an den Bedürfnissen und Wünschen der beteiligten Menschen augenfällig.

###

Veränderungen gehören immer mehr zum Alltag von Organisationen und haben grosse Auswirkungen auf die Menschen, die Zusammenarbeit in Teams und die Organisationskultur.
Beratende und HR-Mitarbeitende erwerben im Studiengang CAS FH in Organisationsentwicklung und –beratung an der Kalaidos Fachhochschule die nötigen Kompetenzen für die professionelle Gestaltung und Begleitung von organisationalen Veränderungsprozessen. Führungskräfte erhalten im Studiengang CAS FH in Change Management ein Grundverständnis für die Dynamik von Veränderungsprozessen sowie Strategien und Tools für den erfolgreichen Wandel in ihrem Unternehmen.
 

Facebook Twitter Xing LinkedIn WhatsApp E-Mail