Risikomanagement: Wenn Sie Ihr Projekt gedanklich in den Sand setzen Risikomanagement: Wenn Sie Ihr Projekt gedanklich in den Sand setzen
Risikomanagement: wenn Sie Ihr Projekt gedanklich in den Sand setzen (Symbolbild)

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie Projekt- und Risikomanagement zusammenhängen? Und haben Sie es Ihren KollegInnen, die an diesem Projekt mitarbeiten, versucht zu erklären? Planung ist definiert als „die gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns“. Das Projektmanagement folgt dieser Definition, allerdings ergänzt mit dem Zusatz: „wenn alles gut geht“. Dass es Abweichungen vom idealen Wert gibt, haben wir in einem meiner früheren Blogartikel („Die geschätzte Zahl im Projektmanagement“) bereits diskutiert. Beim Risikomanagement wäre dann der Zusatz „wenn alles schief geht“ angebracht. Reicht Ihnen diese Erklärung? Wahrscheinlich nicht. Denn ganz so einfach ist es nicht. Schauen wir uns doch etwas genauer an, was Risikomanagement heisst und wie es das Projektmanagement beeinflusst. 

Lasst uns das Projekt in den Sand setzen… aber richtig!

In einer normalen Risk Session gehen die Teilnehmenden immer vom derzeitigen Kenntnisstand aus und versuchen „realistische“ Risiken zu finden und diese zu bearbeiten, damit das Projekt ein Erfolg wird. Hier findet bereits eine gedankliche Einschränkung statt. Versuchen Sie diese Situation aufzubrechen und denken Sie „outside the box“. Alle Gedanken sind erlaubt. Damit schaffen Sie es, viele Bedenken zu hören, die KollegInnen sonst nicht äussern würden. Im Normallfall geniessen es ja wenige, „Bedenkenträger“ zu sein und scheuen davor zurück, solche Gedanken auszusprechen.

So kann das Risk Meeting mit Ihren KollegInnen eine interessante Wendung nehmen, wenn sie das Ziel des Projekts ändern: Dieses Mal soll das Projekt nicht erfolgreich sein, sondern Sie diskutieren, was Sie tun müssen, um das Projekt so richtig in den Sand zu setzen. Natürlich wollen Sie das nicht, aber an der ein oder anderen Stelle identifizieren Sie vielleicht Risiken, an die Sie bislang gar nicht gedacht haben.

Im Anschluss gilt es, die Risiken zu bearbeiten, die im Einflussbereich des Projekts liegen. Manche Risiken werden beobachtet, andere aufgrund ihrer Realitätsferne zurückgewiesen oder, wenn sie die Projektverantwortlichkeit überschreiten, auf eine höhere Hierarchieebene im Programm oder der Unternehmung transferiert. Doch bleiben wir bei den Risiken, die mit dem Projektteam bearbeitet werden können. Wo hört Projektmanagement auf, wo fängt Risikomanagement an? Und wo kommt jetzt das Projektmanagement auf einmal wieder her?

Der Zusammenhang von Projekt- und Risikomanagement

Jede Projektplanung enthält Unsicherheiten, beispielsweise bezüglich Fertigstellungszeiten, Kosten oder Personalressourcen. Deshalb werden diese Werte geschätzt und eine Spanne (Range) angegeben, in welcher jeweils Zeit, Kosten und Personalaufwand liegen. Ein Risiko wird es, wenn diese Unsicherheit ausserhalb dieser Range liegt und auf Ursachen zurückzuführen ist, welche die Planung nicht abfängt. Einige Beispiele hierzu:

  • Der Lieferant in den USA benötigt zwei bis drei Monate zur Fertigung eines Bauteils. Dies ist die Schätzung. Es kann jedoch sein, dass er erst einmal gar nicht liefert, weil die Handelspolitik aus Gründen, die das Projekt nicht beeinflussen kann, auf einmal eine Lieferung erschwert oder unmöglich macht. Da es sich um ein wichtiges Teil handelt, können Sie nicht darauf verzichten. Also sollten Sie das Risiko bearbeiten, indem Sie zum einen prüfen, ob es eine zweite Fertigungsquelle gibt und zum anderen, Ihre Vorgesetzten informieren.
  • Sie nehmen an, dass nicht nur Sie, sondern auch Ihre KollegInnen im Sommer Ferien machen möchten. Noch sind die Urlaubstage nicht genehmigt, aber eine Abschätzung liegt vor, dass im Juli und August nicht Vollzeit an dem Projekt gearbeitet wird. Das ist die Schätzung. Was Sie nicht einplanen, was aber passieren kann, ist, dass ihr Projekt weniger Ressourcen im nächsten Jahr bekommt, weil ein anderes Projekt eine höhere Priorität hat und im Rückstand ist. Das ist Ihr Risiko, welches Sie durch die Reduktion des Project Scopes oder einer Verschiebung des Projekts bearbeiten können. Hält das Seniormanagement weiterhin am Umfang und zeitlichen Rahmen fest, ist das Risiko auf die nächsthöhere Ebene zu transferieren – es sei denn, Sie können selbst Mitarbeitende einstellen und haben das Budget hierfür.

Auf Basis von Fakten und Annahmen planen Sie also ihren idealen Projektplan und schätzen verschiedene Punkte ein. Alle darüber hinaus gehenden Abweichungen sind Teil des Risikomanagements. Diese Trennlinie kann nicht scharf gezogen werden. Vielmehr liegt es in der Verantwortung der Projektleitung, klar zu kommunizieren, was die Fakten und Annahmen sind und darüber hinaus die Risiken aufzuzeigen. Es geht also nichts ohne Kommunikation – aber das ist ein anderes Thema.

Quellen und weiterführende Informationen

DeMarco, T. & Lister, T. (2003). Bärentango: mit Risikomanagement Projekte zum Erfolg führen. München;. Hanser Verlag.

Strohmeier, G. (2007). Ganzheitliches Risikomanagement in Industriebetrieben: Grundlagen, Gestaltungsmodell und praktische Anwendung. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag

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