Smart Working bei der Credit Suisse
Irene Willi Kägi
Im Rahmen des Studienganges CAS FH in Organisationsentwicklung und -beratung der Kalaidos Fachhochschule fand am 7. April 2017 ein Praxisgespräch zum Thema „Digitalisierung und Smart Working“ statt. Hugo Lombriser, Experte für Arbeitsplatzveränderungen und -konzepte bei der Credit Suisse, zeigte den Studierenden sowie zahlreichen Interessenten, wie sie den Wandel der Bürowelt und den damit einhergehenden Kulturwandel erfolgreich gestaltet und begleitet. Dem Fachinput zum digitalen Zeitalter und dem Wandel der Bürowelt folgten eine Führung durch die Smart-Working-Umgebung der Credit Suisse und ein Workshop, der zum aktiven Gedankenaustausch anregte.
Die Credit Suisse hat in der Schweiz Pionierarbeit geleistet: Im Jahre 2009 pilotierte sie im Credit Suisse Tower in Oerlikon das schweizweit erste Smart-Working-Konzept. 2012 folgte der Uetlihof in Zürich Süd, ein Gebäude für 2‘700 Mitarbeitende. Heutzutage arbeiten in der Schweiz rund 5000 und weltweit 14‘000 Mitarbeitende der Credit Suisse in einer Smart-Working-Umgebung. In den kommenden Jahren soll sogar 50% der Belegschaft in dieser neuen Arbeitsform tätig sein.
Smart Working wozu?
Einige wichtige Erkenntnisse hat sich die Credit Suisse zunutze gemacht: Das Arbeiten im Grossraumbüro und die dadurch entstehende Reizüberflutung sollen Studien zufolge die Produktivität verringern. Und nur rund ein Viertel aller Ideen würden laut einer Studie des Frauenhofer-Instituts in klassischen Büros entstehen. Hinzu kommt, dass sich die Anzahl Krankheitstage bei der Credit Suisse nach der Einführung von Smart Working massiv reduziert hat. Also scheint die Umstellung neben der Flächenoptimierung insbesondere der Mitarbeiter-Motivation zu dienen.
Neue Bürowelt = neue Arbeitskultur
Die Einführung von Smart Working bei der Credit Suisse läutete einen Kulturwandel ein (vgl. Blogbeitrag „Wie Unternehmen Smart Working einführen“). Es gibt keine fixen Arbeitsplätze mehr. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze beträgt 80% der Anzahl Beschäftigten. Jeder wählt unabhängig von Status und Hierarchie täglich den Arbeitsplatz aus, der am besten zur jeweiligen Aufgabenstellung passt. Zwar hat jedes Team eine eigene „Homebase“ (Standardarbeitsplätze), welche die Hälfte der geforderten Arbeitsplätze abdeckt. Die restliche Fläche (alternative Arbeitsplätze) ist für alle nutzbar und in verschiedene nach den Bedürfnissen der Mitarbeitenden massgeschneiderte Zonen mit entsprechenden Namen eingeteilt: Projekt Area, Business Garden, Quiet Area, Think Tank, Lounge, American Diner etc. Diese neuartigen Bürozonen eignen sich beispielsweise für den gezielten Rückzug, kreative Projektsitzungen oder den spontanen Gedankenaustausch.
Abb.: Smart Working-Umgebung im Uetlihof, Zürich Süd
Technologische Voraussetzungen und Regeln
Effizientes Arbeiten und Kommunizieren in einer „smarten“ Umgebung bedingt einige technologische Voraussetzungen. So ist jeder Arbeitsplatz mit VoIP-Telefonie ausgerüstet, das heisst, man kann sich an jedem Arbeitsplatz einwählen. Nicht zuletzt gibt es von den Organisationseinheiten mitgestaltete Regeln für die Raumnutzung und die Zusammenarbeit wie: Sitzungsräume erst ab einer Gruppe von 4 Personen reservieren, Private Rooms freigeben, wenn sie mehr als eine Stunde nicht benutzt werden, längere Telefonate in geschlossenen Räumen oder in der Lounge führen, kaltes Essen in der Lounge, warmes Essen im Personalrestaurant konsumieren etc.
Key Learnings
Die Implementierung von Smart Working bei der Credit Suisse versteht sich als kontinuierlicher Lernprozess. Bisherige Erkenntnisse reichen von der Raumgestaltung (Blick ins Freie ermöglichen, Sonnenlicht zulassen, Blau und Grün als Farbe verwenden etc.) übers Change Management (starke Führungskoalition aufbauen) und dem Schaffen von Kontrollstellen zur Einhaltung der Regeln bis hin zum gezielten Einbinden von Kritikern bei der Ausarbeitung von Regelwerken. Weitere Learnings stehen noch aus.
Der Wechsel von den traditionellen fixen Arbeitsplätzen hin zum flexiblen Smart-Working-Modell war und ist eine Herausforderung für alle Organisationsebenen. Der erfolgreiche Kulturwandel ist nicht zuletzt dank des Buy-Ins der Leitungsfunktionen der betroffenen Bereiche und dem Engagement von ausgesuchten Lead Coaches, welche die Mitarbeitenden für die neue Umgebung sensibilisieren, zu verdanken.