Die wichtigste Ressource resilienter Organisationen (3/3) Dies sind nach wie vor die Mitarbeitenden
Helena Schamberger Fischer
Klar ist: Die organisationale Resilienz ist abhängig von Faktoren aus dem inneren und äusseren Umfeld der Organisation, deren Strukturen, Technologien, Prozessen sowie dem umsichtigen Investitions- und Rücklagenmanagement. Doch am nachhaltigsten beeinflusst wird die organisationale Resilienz durch unsere Mitarbeitenden.
Zusammenspiel individueller und organisationaler Resilienz
Der Gallup Engagement Index zeigt seit 2001 mit einer erschreckenden Kontinuität auf, dass sich rund 88 Prozent der Mitarbeitenden dem Arbeitgeber kaum bis gar nicht verpflichtet bzw. verbunden fühlen. Diese Gruppe weist im Vergleich zu den 13 Prozent hoch motivierten und engagierten Mitarbeitenden in der Schweiz eine im Durchschnitt 45 Prozent geringere Produktivität auf. Wird von Unternehmen nicht dagegengesteuert, wird sich diese Problematik in den kommenden Jahren voraussichtlich noch verschärfen, weil die nachrückende Generation Y, laut diverser Studien, per se eine geringere Bindung zum Arbeitgeber aufbaut.
Gründe für geringe Mitarbeiterbindung, Belastungs- und Leistungsfähigkeit
Vordergründig betrachtet könnte man annehmen, dass es sich bei den Mitarbeitenden mit geringer Produktivität einfach um leistungsschwache Personen handelt. Wagt man einen Blick hinter die Zahlen des Gallup Engagement Index, wird deutlich, dass der überwiegende Anteil dieser Mitarbeitenden nur noch Dienst nach Vorschrift macht, oder sogar innerlich gekündigt hat. Dies bedeutet, dass den Unternehmen ein riesiger Wertschöpfungsschatz verloren geht.
Die Gründe dafür sind gemäss der Studie in den meisten Fällen in den Soft Skills zu finden. Nicht selten ist in den Unternehmen eine unterentwickelte Fehlerkultur und ein ziemlich respektloser, an Wertschätzung mangelnder Umgang untereinander anzutreffen. Auch macht sich mancherorts gar eine Angstkultur und Machtmissbrauch breit. Und zwar im gesamten Unternehmensumfeld, über alle Hierarchiestufen und Schnittstellen hinweg. Spinnt man nun den Faden noch weiter und stellt den hohen Anstieg an Arbeitsausfällen aufgrund von Belastungssymptomen der vergangenen Jahre gegenüber, wird die Wirkung auf die organisationale Resilienz deutlich. Gerade Sozialkompetenzen wie Kommunikations-, Konfliktfähigkeit (Hays AG, 2017) und Veränderungsbereitschaft (Wäfler, 2016) gehören im Transformationsprozess der Arbeitswelt 4.0 jedoch zu den Schlüsselkompetenzen. Diese sind für den Erhalt der Gesundheit und Marktfähigkeit der Mitarbeitenden und der Unternehmen unabdingbar.
Aber auch schlecht genutzte Ressourcen, unzeitgemässe Arbeitsformen, -Regelwerke, die gesamte Dynamik der Arbeitswelt 4.0 und in der Folge veränderte Firmenkulturen führen zu grossen Spannungen unter den Mitarbeitenden. All dies blockiert und verhindert, dass sich Mitarbeitende engagiert, flexibel und kreativ auf neue Situationen einlassen, konstruktiv, wie auch lösungsorientiert mitarbeiten und ihre persönliche Resilienz auf- und ausbauen.
Berücksichtigt man weiter den Umstand, dass sich Mitarbeitende gemäss Gallup Engagement Index (2019) im Digitalisierungsprozess allein gelassen fühlen und mehr Qualifizierung wünschen, wird deutlich, wie viele Ressourcen ungenutzt verpuffen. Die entstehenden Kosten durch Mitarbeitende, welche als Folge ihrer Frustration ihrer Arbeit fast apathisch nachgehen, sind erheblich und die negative Wirkung auf die organisationale Resilienz liegt auf der Hand.
Förderung und Stärkung der organisationalen Resilienz
Auch wenn in den Soft Skills grosse Risiken für die organisationale Resilienz und den Unternehmenserfolg enthalten sind, besteht genau im Bereich der persönlichen Resilienz unserer Mitarbeitenden auch die grösste Hebelwirkung. Denn wenn die Mitarbeitenden physisch und psychisch stark und selbstbewusst sind, bleiben sie leistungsfähig und für ihre Aufgabe engagiert. Mit individuell auf die Handlungsfelder abgestimmten Massnahmen, wie dem Bewusstmachen der Zusammenhänge, Abhängigkeiten, Ursachen und Wirkung ihrer Handlungen sind Haltungsveränderungen am einfachsten zu erzielen. Dies hat damit zu tun, dass Menschen immer erst einen Nutzen, einen Sinn und auch einen individuellen Vorteil in der Veränderung erkennen müssen. Es lohnt sich also für jedes Unternehmen, in seine Mitarbeitenden und deren Entwicklung zu investieren. Befähigen Sie Ihre Mitarbeitenden für die Arbeitswelt 4.0:
- Machen Sie Ihre Mitarbeitenden fit für ihre künftigen Aufgaben und sorgen Sie weiter dafür, dass sie mit den erforderlichen Soft Skills ausgestattet sind.
- Schaffen Sie ein zeitgemässes Arbeitsumfeld inkl. funktionstüchtiger Technik, Tools, optimierten Prozessen und Arbeitsformen.
- Vermeiden Sie häufige Störungen durch Messenger-Systeme, E-Mails und laute Arbeitsumgebung.
- Fördern Sie eine positive Firmenkultur.
- Motivieren Sie zu selbstgesteuerter Tätigkeit und mehr Eigenverantwortung.
- Nehmen Sie mehr und mehr die Rolle eines Coaches ein.
- Fördern und fordern Sie Ihre Mitarbeitenden auf Augenhöhe, ohne Bevorzugung einzelner Personen.
- Werden Sie zum/zur SparringpartnerIn, indem Sie sich engmaschig mit Ihren Mitarbeitenden über die Ziele, Heraus- und Anforderungen in der Aufgabenerfüllung austauschen.
- Gehen Sie als gutes Beispiel voraus.
Fazit
Unsere aktuellen Herausforderungen erfordern neue Werte, Haltungen und Herangehensweisen auf diversen Ebenen. Dies fordert und überfordert uns Menschen zunehmend. Alleine gelassen verlieren wir oft den Blick für das Wesentliche und die Lösungsorientierung. Als Folge verstricken wir uns zuweilen in energieraubende Nebensächlichkeiten. Doch Weiterbildungen, Teambildungsmassnahmen und Coachings eröffnen den Mitarbeitenden aller Stufen neue Perspektiven, geben Halt und unterstützen sehr direkt den Aufbau einer erfolgreichen und resilienten Organisation.
Lesen Sie auch Teil 1 und Teil 2 meiner Beitragsserie zum Thema Resilienz: Corona rückt die Resilienz von Organisationen ins Zentrum (1/3) und Bausteine organisationaler Resilienz (2/3).
Quellen und weiterführende Informationen
Hays AG Institut für Beschäftigung und Employability IBE. (2017). HR-Report 2017 – Kompetenzen für eine digitale Welt.
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Veränderungen gehören immer mehr zum Alltag von Organisationen und haben grosse Auswirkungen auf die Menschen, die Zusammenarbeit in Teams und die Organisationskultur. Beratende und HR-Mitarbeitende erwerben im Studiengang CAS FH in Organisationsentwicklung und -beratung an der Kalaidos Fachhochschule die nötigen Kompetenzen für die professionelle Gestaltung und Begleitung von organisationalen Veränderungsprozessen.