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Beim Work-Life-Blending gibt es keine eindeutige Trennung zwischen Arbeit und Privatleben. (Symbolbild)

Für viele Beschäftigte ist es selbstverständlich, berufliche Mails in der Freizeit zu beantworten, Aufgaben am Wochenende fertigzustellen und im Urlaub an wichtigen Meetings remote teilzunehmen. Dafür nehmen sie sich die Freiheit, den Arbeitstag später zu beginnen, um die Kinder in die Schule zu bringen und unterbrechen die Arbeit, um Einkäufe zu machen oder im Homeoffice den Haushalt zu erledigen. Wurde früher die Trennung zwischen Job und Freizeit angestrebt, ist heute die Verschmelzung zwischen Berufs- und Privatleben angesagt. Dieser Trend hat viele Vorteile, aber auch einige Nachteile – sowohl für Arbeitnehmende als auch für Arbeitgebende. Somit stellt sich die Frage: Ist Work-Life-Blending ein zukunftsfähiges Arbeits- bzw. Lebensmodell oder sorgen geregelte Arbeitszeiten im Büro für mehr Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität?

Welche Motive verbergen sich hinter den verschiedenen Arbeitsmodellen?

Beim Work-Life-Blending gibt es keine eindeutige Trennung zwischen Arbeit und Privatleben, weil sie nahtlos ineinander übergehen. Hinter der Präferenz für Work-Life-Blending stehen Motive wie Eigenverantwortung und Selbstbestimmung. Solche Motive lassen sich dank der zunehmenden Digitalisierung vielerorts ausleben, indem man im Homeoffice, remote oder hybrid arbeitet und die Arbeitszeiten gleichzeitig nach den beruflichen und privaten Prioritäten ausrichtet.

Das Gegenmodell heisst Work-Life-Separation. Hier besteht eine strikte Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben. Die Arbeitszeit ist klar definiert und begrenzt, die Abende und Wochenenden sind in der Regel arbeitsfrei. Arbeitnehmende, die Work-Life-Separation bevorzugen, brauchen einen eindeutigen Schnitt zwischen beiden Bereichen, um wirklich abschalten und zur Ruhe kommen zu können.  Da sie sich während der Arbeitszeit nicht gleichzeitig privaten Angelegenheiten widmen müssen, können sie sich besser fokussieren. Und es plagt sie nicht das Gefühl, ständig etwas zu vernachlässigen oder bestimmen Erwartungen nachkommen zu müssen.

Wie sieht die Realität aus?

Die Vermischung von Arbeit und Privatleben hat sich insbesondere während der Pandemie rasant verbreitet. Die Work-Life-Blending Studie von Capterra (2021) mit Fokus auf KMUs in Deutschland zeigt, dass in Zeiten von Corona etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) der im Homeoffice Arbeitenden in Deutschland berufliche Anrufe vor oder nach den Arbeitszeiten beantworteten und etwas weniger als die Hälfte (48 Prozent) auch am Wochenende arbeiteten. Während die Remote-Arbeit weder die Jobzufriedenheit noch die Motivation zu beeinflussen schien, gaben die «Homeoffice Worker» an, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sich verbessert hätte. Demgegenüber berichteten 44 Prozent, dass sie bis zu einem gewissen Grad an einem Burnout litten, seit sie zuhause arbeiteten.

Einer aktuellen Studie zufolge (State of Hybrid Work 2023) ist 2023 das Jahr der Rückkehr ins Büro. Damit ist neben flexiblen Arbeitsmodellen auch das Work-Life-Separation-Modell wieder häufiger anzutreffen: In Deutschland arbeiten aktuell knapp die Hälfte (46 Prozent) Vollzeit im Büro. In der Tat haben jedoch nicht einmal ein Fünftel (18 Prozent) Lust darauf. Fast zwei Drittel bevorzugen es, in einem hybriden Format zu arbeiten. Und fast ebenso viele (61 Prozent) vertreten die Meinung, dass Homeoffice-Arbeit ein gesetzliches Recht sein sollte. Die meisten befürworten zwei Tage Präsenzarbeit pro Woche und knapp ein Fünftel (18 Prozent) wollen ihre Aufgaben ganz ausserhalb des Büros erledigen. Allerdings befürchten 43 Prozent, dass ihre Vorgesetzten die Mitarbeitenden im Büro für fleissiger und vertrauenswürdiger halten als remote Arbeitende. Zudem sind mehr als ein Drittel (35 Prozent) besorgt, dass sie durch die Remote-Arbeit weniger Mitspracherecht haben und Chancen verpassen. So gehen 38 Prozent der Arbeitnehmenden, die hybrid arbeiten, ab und zu nur für ein paar Stunden ins Büro, um ihr Gesicht zu zeigen, um danach direkt wieder nach Hause zu kehren. Für dieses Phänomen gibt es seit kurzem sogar einen Begriff: «Coffee Badging».

Chancen und Risiken von Work-Life-Blending

Wenn Arbeitgebende von ihren hybrid oder remote Arbeitenden ganztägige Anwesenheit im Büro verlangen würden, sähen dies laut der «State of Hybrid Work»-Studie zwar nur 7 Prozent als Kündigungsgrund. Und immerhin ein guter Viertel (27 Prozent) würde sogar ohne Einwände ins Büro gehen. Allerdings würde ein Drittel Vollzeit ins Büro gehen, aber damit unglücklich und weniger produktiv sein. Ein weiterer Drittel würde Vollzeit ins Büro gehen, aber sich nach einem anderen Job umsehen, der hybrides Arbeiten ermöglicht. Damit wird Work-Life-Blending zu einem wirksamen Mittel, um Mitarbeiterbindung zu fördern.

Als wesentliche Vorteile von Work-Life-Blending nennen die Befürworter:innen neben der Förderung von eigenverantwortlichem, selbstbestimmten Arbeiten die grosse Flexibilität und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Man kann arbeiten wann und wo man will, private Termine wahrnehmen, ohne dafür Urlaub nehmen zu müssen, früher Feierabend machen und die Arbeit später erledigen, um für die Kinder da zu sein oder Freunde zu treffen. Work-Life-Blending kann laut der Capterra-Studie auch zu einer höheren Produktivität führen, da sich die Arbeit dann verrichten lässt, wenn man am fittesten ist. Ob man tatsächlich zufriedener ist und mehr leistet, hängt der Studie zufolge zum einen von der individuellen Situation des Arbeitnehmenden ab und zum andern von der Flexibilität und des Verständnisses des Arbeitgebenden.

Gegner:innen von Work-Life-Blending sehen mit der damit verbundenen ständigen Erreichbarkeit die Gefahr, regelmässig unbezahlte Mehrarbeit zu verrichten. Da die eigene Leistung von remote Arbeitenden weniger sichtbar ist, ist der Leistungsdruck häufig deutlich höher als bei den vorwiegend im Büro Arbeitenden. Auch kann es zu Konflikten und sozialen Problemen kommen, wenn Privates und Geschäftliches vermischt wird. Wie die Capterra-Studie zeigt, kann zudem die fehlende räumliche Trennung dem Abschalten im Weg stehen und innere Unruhe oder Schlafstörungen nach sich ziehen. Dass sowohl die Gesundheit als auch die Zufriedenheit und Produktivität der Arbeitnehmenden darunter leiden können, ist offensichtlich.

Wie Work-Life-Blending funktionieren kann

Fakt ist: Bei beiden Arbeitsmodellen – Work-Life-Blendung und Work-Life-Separation – kann man zu viel arbeiten und anfällig für Krankheiten werden oder ein Burn-Out riskieren. Beispielsweise haben Menschen, die ihren Beruf mit Leidenschaft ausüben, oft Mühe, sich an feste Arbeitszeiten zu halten. Ob Menschen ihr inneres Gleichgewicht finden und damit die volle Leistung erbringen können, hängt unter anderem von der Möglichkeit ab, das für sie passende Arbeitsmodell wählen zu dürfen und zum bewussten Lebensstil zu machen.

Damit Work-Life-Blending funktioniert, braucht es seitens der Arbeitnehmenden eine ausgeprägte Selbstorganisation. Wer im Homeoffice arbeitet, sollte sich einen Überblick über die anstehenden Aufgaben verschaffen, diese priorisieren und gegebenenfalls Teiletappen mit eher kurzen Deadlines einplanen. Multitasking und Ablenkungen zu sind zu vermeiden.

Seitens Unternehmen sollten Regelungen zur Arbeitszeit und konkreten Erreichbarkeit der Mitarbeitenden bestehen. Klare Regeln im Hinblick auf Ruhephasen sind besonders wichtig. Innerhalb eines gewissen Rahmens sollten Vorgesetzte mit jedem Teammitglied individuell vereinbaren können, wann er oder sie nicht erreichbar ist. Ausserdem sollten Angebote und Hilfsprogramme für Arbeitnehmende geschaffen werden, um Burnout-Probleme anzusprechen.

Führungskräfte sind gefordert, gemeinsam mit ihrem Team die verschiedenen Arten der Kommunikation zu identifizieren und die besten Gefässe, Tools und Techniken dafür zu finden. Dazu gehören beispielsweise verbesserte Videokonferenz-Technologien sowie KI-Assistenten. Ausserdem gilt es, nicht nur den Informationsfluss zu koordinieren und aufrecht zu erhalten, sondern auch bei Kommunikationsproblemen zu intervenieren.

Die Einführung von 360-Grad-Feedback im Unternehmen erlaubt eine Leistungsbeurteilung aus unterschiedlichen Blickwinkeln: der Führungskräfte, Mitarbeitenden, Peers oder Kunden und Kundinnen. Hinzu kommt eine Selbsteinschätzung. 360-Grad-Feedback erhöht nicht nur die Sichtbarkeit der Leistung der remote Arbeitenden, sondern dient auch deren Leistungsoptimierung und persönlichen Wachstums. Für das Sammeln und Verwalten von Feedback aus verschiedenen Quellen innerhalb der Organisation kann 360-Grad-Feedback Software herangezogen werden.

Fazit

Die Vermischung zwischen Job und Freizeit gilt heutzutage für einen Grossteil der Arbeitnehmenden als präferiertes Arbeits- bzw. Lebensmodell. Manche Menschen sind dagegen froh, ins Büro zu gehen und innerhalb von begrenzten Zeiten zu arbeiten. Das Work-Life-Blendung-Modell ermöglicht selbstbestimmtes und selbstverantwortliches Arbeiten. Dies stellt einen grossen Motivator für Leistung und Produktivität dar.

Trotz der Chance, Mitarbeitende mit diesem Arbeits- bzw. Lebensmodell an sich zu binden, sind Schwierigkeiten bei der Selbstorganisation, mangelnde Sichtbarkeit und Einbussen in der zwischenmenschlichen (informellen) Kommunikation ein Risiko sowohl für Arbeitnehmende als auch Unternehmen. Wenn zu wenig geleistet wird, die Zusammenarbeit ungenügend ist und die Arbeitnehmenden sich zu wenig einbringen können, findet auf beiden Seiten keine Weiterentwicklung statt. Schliesslich ist Stillstand die grösste Gefahr für Unternehmen. Wer sich nicht rechtzeitig an die Veränderungen im Markt anpasst, gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit.

Für Unternehmen empfiehlt sich, sowohl Work-Life-Blending als auch Work-Life-Separation in einem hybriden Arbeitsmodell zu ermöglichen. Gleichzeitig sind die Kommunikationswege und -Tools sowie die Art der Leistungsbeurteilung zu optimieren. Nicht zuletzt gilt es, spezifische Angebote für alle – «Remote Worker», «Hybrid-Worker» und «Office Worker» - einzurichten. Diese sollen zum einen der Früherkennung von Überforderung und Stress dienen und zum andern zur Förderung von Selbstorganisation und persönlichem Wohlbefinden beitragen.

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