Fonds- und Vermögensstandort Schweiz [Interview Teil 1]
Daniel Linggi, Sophie Bartz
Die Schweiz gehört zwar zu den führenden Ländern in der Produktion und im Vertrieb von Anteilen an kollektiven Kapitalanlagen, dabei handelt es sich aber grösstenteils um ausländische Fonds. Als Standort für Private Equity sowie für Hedge Funds ist die Schweiz relativ unbedeutend. Dies hat unter anderem auch steuerliche Gründe, auf welche in der vorliegenden Interview Blogreihe eingegangen wird.
Herr Linggi, Sie haben sich in Ihrer Masterarbeit an der Kalaidos Fachhochschule vertieft mit der Begrifflichkeit des Private Equity auseinandergesetzt. Was versteht man allgemein unter Private Equity Funds?
Unter Private Equity, zu Deutsch: privates Eigenkapital, wird grundsätzlich die private Finanzierungsart, bei der Investoren Unternehmen mit Risikokapital finanzieren, verstanden.
Private Equity Funds sind typischerweise geschlossene kollektive Kapitalanlagen mit einer bestimmten Laufzeit, vielfach zehn Jahre mit Option auf Verlängerung, welche in Unternehmen investieren, beispielsweise in Start-Up Unternehmen oder in sanierungsbedürftige Unternehmen.
Was wird mit Private Equity Funds bezweckt?
Private Equity Funds werden von Initiatoren aufgelegt mit dem Ziel, Gelder von Anlegern zu beschaffen, um Eigenkapitalbeteiligungen an nicht börsenkotierten, operativ tätigen Gesellschaften im In- und Ausland zu erwerben und zu verwalten. Es werden meist Wertsteigerungsmassnahmen der Zielgesellschaften vorgenommen, um diese mittel- bis langfristig wieder zu veräussern.
Vielfach werden die Anteile der Zielgesellschaften über zwischengeschaltete Kapitalgesellschaften erworben. Weiter können Private Equity Funds auch als Dachfonds, sog. Fund-of-Funds ausgestaltet sein, die ihrerseits wieder in andere Private Equity Zielfonds investieren.
Welche Rechtsform kann ein Private Equity Funds haben?
Nicht alle Anlagevehikel fallen unter die Begriffsdefinition der kollektiven Kapitalanlage nach dem Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG).
Das Gesetz hat zu den bereits existierenden vertraglichen Anlagefonds drei neue Rechtsformen für kollektive Kapitalanlagen eingeführt, u.a. die Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (KGK).
Diese Gesellschaftsform stellt eine spezifische Rechtsform für Private Equity, aber auch für Hedge Funds Investitionen dar. Als Ausnahme von der Regel, dass unbeschränkt haftende Gesellschafter bei einer Kommanditgesellschaft nur natürliche Personen sein können, wurde im KAG eine Spezialbestimmung eingeführt, wonach der unbeschränkt haftende Gesellschafter eine AG mit Sitz in der Schweiz sein muss.
Ausländische Private Equity Funds unterliegen in der Regel keiner vorgegebenen Rechtsform. In der Praxis wird ein Grossteil der Private Equity Investitionen über angelsächsische Limited Partnerships getätigt. Dies liegt u.a. an der gesellschaftsrechtlichen Flexibilität der Personengesellschaft. Zudem ist eine Personengesellschaft typischerweise in ihrem Sitzstaat transparent zu behandeln, was für die Anleger von Vorteil sein kann.
Wer wird wie bei einem Private Equity Funds entschädigt?
Bei einem Private Equity Funds beteiligen sich die geschäftsführenden Personen in der Regel mit bis zu 2% am Fondskapital.
Die Managementgesellschaft bzw. der General Partner des Fonds (Komplementär) erhält eine feste jährliche Vergütung, sog. Management Fee (Verwaltungsgebühr), sowie eine erfolgsabhängige Vergütung.
Normalerweise erhalten die geschäftsführenden Personen eines Private Equity Funds gestützt auf ihre jeweilige Beteiligung, neben einer eigentlichen Entschädigung für ihre Tätigkeit und einer proportionalen Gewinnbeteiligung, eine zusätzliche Vergütung, falls die kollektive Kapitalanlage die bestimmten Renditeziele (sog. Hurdles) übersteigt. Dieser Carried Interest wird normalerweise am Ende der Laufzeit der kollektiven Kapitalanlage ausbezahlt.
In der internationalen Praxis ist es nicht vorausgesetzt, dass die geschäftsführende Person auch 20% der Fondsanteile besitzt, um einen Carried Interest Gewinnanteil von 20% zu erhalten. Eine Beteiligung der geschäftsführenden Person von bspw. 1% kann schon zu einer Gewinnbeteiligung von 20% berechtigen.
Wer ist die steuerpflichtige Person bei einem Private Equity Funds?
Das Fondsvermögen gehört nach Schweizer Recht der jeweiligen Fondsleitung. Trotzdem darf die Fondsleitung für das Fondsvermögen bzw. dessen Ertrag nicht besteuert werden, da das Eigentumsrecht fiduziarischer Natur ist. Entsprechend wird das Fondsvermögen und der betreffende Ertrag daraus direkt bei den Anteilsinhabern besteuert.
Ein Treuhandverhältnis zwischen der Fondsleitung und den Anteilsinhabern wird anerkannt, auch wenn die Fondsleitung die einzelnen Anteilsinhaber nicht nennen kann. Eine Besteuerung der Fondsleitung für das Fondsvermögen und dessen Ertrag ist weiter abzulehnen, da den dinglichen Rechten der Fondsleitung am Fondsvermögen eine wertmässig gleich hoher obligatorischer Anspruch der Anleger gegenübersteht, den diese grundsätzlich jederzeit geltend machen können.
Besten Dank an Herrn Linggi für das erste Interview!
Lesen Sie hier das zweite Interview mit Daniel Linggi zur Besteuerung kollektiver Kapitalanlagen.
Lesen Sie hier das dritte Interview mit Daniel Linggi zu Ausländischen kollektiven Kapitalanlagen.
Lesen Sie hier das vierte Interview mit Daniel Linggi zur Besteuerung von Gesellschaftern einer US-LP/LLC.
Lesen Sie hier das fünfte Interview mit Daniel Linggi zu Ausscheidungsfragen USA / Schweiz.
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Weiterführende Literaturhinweise:
Kapalle Urs/Tarolli Schmidt Nadja, Neues Kreisschreiben zu den kollektiven Kapitalanlagen – Eine Bewertung aus Sicht der Praxis, StR 3 (2009) 338 f. (1. Teil), StR 9 (2009), 633 f. (2. Teil), StR 11 (2009), 790 ff. (3. Teil)
Kapalle Urs, Die Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (KGK), FStR 2007, 122 ff.
Hess Toni, Steuern kollektiver Kapitalanlagen, Die Besteuerung kollektiver Kapitalanlagen und deren Anleger, Basel 2015
Schleifer Patrick/Reinwald Urs/ Schärli Patrick, Der Vertrieb von Private Equity-Fonds unter dem revidierten Kollektivanlagengesetz, in: Gericke Dieter (Hrsg.), Private Equity III, Struktur und Regulierung von Private Equity-Fonds und – Fondsmanagern im Lichte des revidierten KAG und der AIFM-RL, Zürich/Basel/Genf 2013
Lehmann Matthias, Einführung, in: Leible Stefan/Lehmann Matthias (Hrsg.), Hedgefonds und Private Equity – Fluch oder Segen?, Sipplingen 2009
Kreisschreiben ESTV Nr. 25, Kollektive Kapitalanlagen; Anleger, Besteuerung kollektiver Kapitalanlagen und ihrer Anleger vom 5. März 2009
Gericke Dieter/Isler Vanessa, Private Equity-Fonds und –Gesellschaften: Regulierte und unregulierte Rechtsformen, in: Gericke Dieter (Hrsg.), Private Equity III, Struktur und Regulierung von Private Equity-Fonds und –Fondsmanagern im Lichte des revidierten KAG und der AIFM-RL, Zürich Basel Genf 2013