Interview mit Marion Fürbeth: Welche Bildung braucht das HR der Zukunft? Interview mit Marion Fürbeth: Welche Bildung braucht das HR der Zukunft?
(Bild: Kalaidos FH)

Die HR-Landschaft ist im Umbruch. Strategische Entwicklungen in Richtung Digitalisierung oder Steigerung der Agilität verändern die Anforderungen an HR-Funktionen. Dies geht einher mit sich verändernden HR-Berufsbildern. Gewisse HR-Kompetenzen werden nicht mehr gleich gefragt sein, während andere an Relevanz gewinnen. Wir haben Marion Fürbeth, Leiterin des Instituts für Leadership und HR an der Kalaidos Fachhochschule, gefragt, welche Kompetenzen das HR der Zukunft baucht und wie die Bildung gestaltet sein muss, damit sich HR-Fach und -Führungskräfte erfolgreich (weiter)entwickeln können. 

Frau Fürbeth, lohnt es sich überhaupt, sich spezifische HR-Kompetenzen anzueignen, wenn sie morgen vielleicht gar nicht mehr gefragt sind? 

Es lohnt sich auf jeden Fall, Entwicklungen zu beobachten und sich damit auseinanderzusetzen, was heute und morgen auf dem Arbeitsmarkt gefragt ist. Es ist sicherlich nicht verkehrt, mehrheitlich in transferierbare bzw. übergreifende Kompetenzen zu investieren. Eine Spezialisierung kann Vorteile haben – man sollte aber wachsam bleiben, inwiefern das Spezialwissen in Zukunft gefragt ist. Der aktuelle Arbeitsmarkt ist diesbezüglich widersprüchlich: Der Trend in der Rekrutierung geht ganz klar in Richtung Spezialisierung. Hinsichtlich Arbeitsmarktfähigkeit wird jedoch verlangt, dass sich ArbeitnehmerInnen möglichst breit aufstellen, um vielseitig einsetzbar zu sein. Gleichzeitig in die Breite und Tiefe wachsen - das geht nicht immer auf. Zudem wächst der versteckte Arbeitsmarkt, was Vorhersagen bezüglich künftig gefragten Profilen nicht einfacher machen. Eine begleitende Karriereberatung durch einen Profi ist entsprechend gut investierte Zeit.

Welche HR-Kompetenzen sind in Zeiten des stetigen Wandels besonders gefordert?

In einem dynamischen Umfeld braucht es HR-Talente, die mit den neuesten Entwicklungen Schritt halten und Dienstleistungen proaktiv und wertschöpfend gestalten können. Das verlangt über das HR-Fachwissen hinaus nach übergeordneten Kompetenzen wie Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit, Umgang mit Ambiguitäten und Komplexität, Problemlösungsfähigkeit, Digital Fluency oder unternehmerische Kreativität – um einige zu nennen. Natürlich gibt es eine Reihe von HR-Funktionen, in welchen solche Kompetenzen weniger gefragt sind – bei vielen Aufgaben stehen eine effiziente operative Umsetzung von HR-Prozessen oder andere Skills nach wie vor im Vordergrund. Ebenso sind IT-Spezialisten gefragt, die mit Big Data umgehen können. Zunehmend wird das HR im Change Management und Coaching herausgefordert, was neben Prozess- und Methodenkenntnissen auch Beratungsfähigkeiten voraussetzt.

Wie sollen HR-Bildungsangebote gestaltet sein, um den sich verändernden unternehmerischen Realitäten und den Bedürfnissen der Studierenden Rechnung zu tragen?

Wichtig ist und bleibt, dass die Bildungsangebote die Praxisanforderungen möglichst realitätsnah widerspiegeln – nur so können Studierende einen möglichst grossen Nutzen ziehen. Durch den digitalen Wandel differenzieren sich jedoch die unternehmerischen Realitäten und jeweiligen Rollenkontexte der Studierenden immer stärker. Das heisst, es wird immer anspruchsvoller, ein einheitliches Lern-Curriculum zu gestalten, welches allen Bedürfnissen gerecht wird. Eine Antwort darauf ist eine Individualisierung der Bildung. Mit zunehmender Technologisierung ergeben sich diesbezüglich immer mehr Möglichkeiten. Die eigentliche Herausforderung liegt dabei in der Begleitung des Lernprozesses. Wenn Lernen individueller wird und an mehreren Orten stattfindet, dann braucht es eine gute Orchestrierung. Ein starkes HR-Bildungsangebot zeichnet sich deshalb durch eine ausgeprägte Differenzierung nach Zielgruppen und einen hohen individuellen Praxisnutzen aus.

Wie realistisch ist die Umsetzung eines individualisierten Studiums? Wissen Studierende, welche Kompetenzen sie benötigen?

Individualisierung in der Weiterbildung setzt klar eine hohe Selbstinitiative und Reflexionsfähigkeit der Studierenden voraus. Sie müssen in der Lage sein, den Stand ihres Fachwissens sowie ihre Kompetenzen realistisch einzuschätzen und mit dem Anforderungsprofil ihrer Rolle abzugleichen. In der Tat stellen wir fest, dass die wenigsten Studierenden genau formulieren können, welches Wissen und welche Kompetenzen sie sich konkret aneignen möchten oder sollten. Immer mehr Unternehmen setzen für ihre Mitarbeitenden digitale Matching-Plattformen ein, welche Kompetenzen-Gaps aufzeigen und Empfehlungen bezüglich Lernagenda ableiten. Dies ist eine sinnvolle, zusätzliche Unterstützung bei der Evaluation des Bildungsbedarfs. Ob danach Lernen gelingt, liegt in der geteilten Verantwortung zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmenden und den Bildungspartnern.

Frau Fürbeth, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

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Ein weitere Auseinandersetzung mit den HR-Kompetenzen der Zukunft und der Gestaltung von Bildungsangeboten im HR-Umfeld finden Sie im Artikel „HR durch Bildung gestalten“ von Marion Fürbeth, welcher am 27.11.2019 im HR Today veröffentlicht wurde:

Leadership - Bildung für HR der Zukunft

Klicken Sie auf das Bild, um den Artikel im PDF-Format zu öffnen.

 

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