Hand schreibt Wort "Agility" auf Wandtafel Hand schreibt Wort "Agility" auf Wandtafel
Wie agil ist Ihr Projektmanagement? (Symbolbild)

Bei dem Wort Agilität gibt es zwei Reaktionen: Das freudige Klatschen in die Hände, verbunden mit einem Strahlen in den Augen – oder der tiefe Seufzer, kombiniert mit dem Gedanken "Nicht schon wieder!" Wir haben uns gefragt, woran das liegt: Unverständnis? Weil "agiles Vorgehen" in der Praxis nicht immer funktioniert? Weil es zwar gute Ideen beinhaltet, aber nichts Neues? Oder weil es dem Irrglauben unterliegt, scheinbar ohne Planung loszulegen zu dürfen und damit Ressourcen und Kosten einzusparen? Und gerade das Richtige für die "Macher/innen" unter Ihnen ist?

Agilität in den unterschiedlichen Disziplinen

Agilität wird in vielen Bereichen diskutiert: Die "Agile Laufbahn", das "Agile Lernen", als agile Methoden im Innovationsmanagement, in Verbindung mit der Resilienz oder eben auch im "Agilen Projektmanagement". Grund für uns, noch einmal eingehender das Thema in Bezug auf Projektmanagement zu beleuchten. Projektleitende oder ihre Vorgesetzten wünschen sich häufig ein agiles Vorgehen, weshalb es hilfreich ist, mögliche Vorgehensweisen aufzuzeigen. Dabei ist zu beachten, dass es nicht ein einziges "Agiles Projektmanagement" gibt, sondern mehrere ziemlich unterschiedliche Ausprägungsformen.

Agilität im Projektmanagement

Klassisches oder traditionelles Projektmanagement wird in der Regel mit der terminlichen Planung verbunden, d.h. ein Projekt wird aufgegleist mit dem Ziel, einen vorab definierten Endzustand (das Projektziel) zu erreichen. Viele Projektleitende sehen vor ihrem inneren Auge ein imaginäres GANTT-Chart aufblitzen. Beim agilen Projektmanagement hingegen ist das Symbol entweder der Scrum-Loop (wobei Scrum zwar agil ist, aber Agilität mehr als Scrum beinhaltet) oder das umgekehrte magische Dreieck mit den festgelegten Faktoren Kosten und Zeit. Agilität kann jedoch noch deutlich weiter gehen und als Grundlage für ganze Programm- und Portfolio-Designs verwendet werden. Dieses Spektrum bildet der neue Ordnungsrahmen ab, den die Fachgruppe "Agile und Projektmanagement" der Schweizerischen Gesellschaft für Projektmanagement (spm) entwickelt hat.

Projektmanagement Ordnungsrahmen
Abb.: Ordnungsrahmen (Grafik: Liechti, Bolender & Scherrer, 2022)

Der Ordnungsrahmen

Es gibt verschiedene Ausprägungen, die bestimmen, ob bzw. wie agil Projekte realisiert werden können. Die Fachgruppe „Agile und Projektmanagement“ der Swiss Project Management Association (SPM) hat die wichtigsten Ausprägungen zusammengestellt:

  • Form der Beauftragung
  • Organisationsform
  • Rolle der Führung
  • Strukturierung des Ablaufs
  • Einsatz agiler Werkzeuge

Je nach Ausprägungsform ergeben sich vier typische Kontexte, die in der Praxis zu finden sind:

  • Keine Agilität
  • Einsatz von einzelnen agilen Werkzeugen im Projekt
  • Agilität als Grundlage für das Projektdesign
  • Agilität als Grundlage für das Programm- oder Portfoliodesign

Diese Kontexte können in einem Ordnungsrahmen illustriert werden (vgl. Abb.). Damit ist es jetzt für Projektleitende möglich, sehr anschaulich abzuleiten, wo die eigene Organisation steht. Ist zum Beispiel die Rolle der Projektleitung noch konzentriert in einer Führungsperson? Wenn ja, dann setzen Sie ggf. agile Werkzeuge ein, Ihre Vorgehensweise ist wahrscheinlich dem hybriden Projektmanagement zuzuordnen. Auch wenn Sie Scrum zur Software-Entwicklung einsetzen, jedoch langfristig vorab definierte Inhalte erreichen müssen, dann setzen Sie Agilität zwar als Werkzeug ein, sind jedoch weiterhin hybrid unterwegs.

Erst wenn auch der Inhalt dynamisch ist und die Rolle der Führung verteilt wird, sind Sie im Projektdesign agil aufgestellt – ggf. aber immer noch nicht als Organisation.
Der Ordnungsrahmen ermöglicht es damit festzustellen, wie hoch der Durchdringungsgrad der Agilität in Ihrer Organisation ist.

Es ist dabei wichtig zu verstehen, dass nicht alle Unternehmen langfristig hoch agil aufgestellt sein müssen, um erfolgreich zu sein. Stattdessen ermöglicht der Ordnungsrahmen, sinnvoll und dem Unternehmens- und/oder Projektumfeld entsprechend, eine passende Organisationsform für das Unternehmen bzw. das Projekt zu identifizieren.

Droht Projektleitenden die Arbeitslosigkeit?

Sind Sie in der Projektleitung und streben langfristig eine vollständig agile Umsetzung an, dann heisst dies zwangsläufig für Sie: „Agil? Nur ohne mich…!“. Denn wie Sie dem Ordnungsrahmen entnehmen können, gibt es am agilsten Ende des Spektrums (Kontext 4) keine Projektleitung mehr. Sie werden jedoch nicht arbeitslos, schliesslich ist die Rolle der Projektleitung auf mehrere Personen verteilt. Das bedeutet, dass Ihre Kompetenzen weiterhin von grossem Wert sind, Sie jedoch lernen müssen, diese in einer veränderten Rolle einzusetzen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg auf der agilen Reise – und vergessen Sie nicht zu planen, damit Agilität auch bei Ihnen ein Erfolg wird!

Quellen und weiterführende Informationen

Liechti, M., Bolender, A.-K., & Scherrer, R. (2022). Gibt es künftig noch Projekte und Projektmanager? Agilität trifft Projektmanagement. Projektmanagement Aktuell, 33(1).
DOI: 10.24053/PM-2022-0013

SPM (2022). "Agile und Projektmanagement" in Unternehmen. 
(Anmerkung: Diese Seite ist hochaktuell, sie ist erst im März 2022 aufgeschaltet worden. Sie ist noch im Aufbau und wird stetig ausgebaut.)

SPM (2022). Fachgruppe "Agile und Projektmanagement". 

Autor/in
Anne-Kathrin Bolender

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Marco Liechti

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