Psychische Gesundheit ("Mental Health") im New Normal (1/2) Wie COVID-19 das Thema “Mental Health & Wellbeing Management” auf die Top Prioritätenliste von HR gebracht hat und was das für Führung und Arbeitsbedingungen bedeutet.
Susanne Pladeck
Wie geht es Ihnen als Mitarbeiter/in oder Führungskraft Anfang 2022, nach fast zwei Jahren Corona-Pandemie und Homeoffice? Fühlen Sie sich gestärkt, fit, voller Tatendrang? Oder sind Sie eher kraftlos, niedergeschlagen, verunsichert oder gar gereizt in das neue Jahr gestartet?
Immer mehr Menschen klagen dieser Tage über depressive Verstimmungen, Erschöpfung oder gar Entwicklung von Ängsten und Süchten. Vor allem betrifft es diejenigen, denen Corona-Einschränkungen oder das anhaltende Arbeiten von zu Hause aus zu schaffen machen, die wenig sozialen Rückhalt spüren oder Personen, welche eine geringe "Resilienz", also Krisenfestigkeit und emotionale Stabilität mitbringen. Das Thema "Psychische Gesundheit" ("Mental Health") ist daher aktuell bei vielen Unternehmen auf die höchste Prioritätenstufe gerückt. Jedoch nicht jeder Arbeitgeber, nicht jede Führungskraft ist auf dieses Thema vorbereitet. Dabei beschäftigen sich viele Unternehmen schon seit längerem im Rahmen von Betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) mit der Gesundheit ihrer Mitarbeitenden und Führungskräfte.
Höchste Zeit für eine "Psychologische Bilanz"
Es ist höchste Zeit, dass Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende – mit Unterstützung entsprechender internen oder externen Instanzen – eine "Psychologische Bilanz" ziehen und aktiv Unterstützung bekommen, um im "New Normal" auch weiterhin produktiv und zufrieden arbeiten zu können. Dieser zweiteilige Blogbeitrag möchte einige Impulse dazu geben, wie Mitarbeitende, Führungskräfte und Unternehmen die psychische Gesundheit stärken, sich in Achtsamkeit üben und Warnsignale früher erkennen können.
Umgang mit der Coronakrise – zwischen Angst und Zuversicht
Es ist individuell sehr unterschiedlich, wie Menschen mit Veränderungen in ihrem Leben umgehen. Ob ein Ereignis, wie die Pandemie und ihre Auswirkungen, als Krise ("Fear Zone") oder als Chance ("Growth Zone") wahrgenommen wird, hängt sehr von unserer Persönlichkeit und unseren bisherigen Erfahrungen und dem Umgang damit ab, sowie mit unseren inneren und äusseren Ressourcen. Die Emotionspsychologie und Stressforschung (siehe u.a. “Transaktionales Stressmodell” nach Lazarus) zeigt, dass es vor allem die persönlichen "Bewertungen" einer Situation sind, die uns eher zuversichtlich durch eine Krise gehen lassen oder uns Angst und Lähmung bringen. Zudem zählt, mit welchen Bewältigungsstrategien wir die Situation angehen. Menschen, die bereits einige Krisen im Leben erfolgreich meistern konnten, sind resilienter und haben dementsprechend ein psychisch "dickeres Fell" als Menschen, bei denen im Leben immer alles "rund" lief oder die an Krisen aufgrund destruktiver Lösungsversuche (z.B. Ignorieren, Flucht in die Sucht etc.) bislang eher zerbrochen sind.
Die untere Grafik kann helfen zu identifizieren, welche "Bewertungen", Gedanken und Gefühle bei Mitarbeitenden und Führungskräften aktuell vorherrschen, und ob man sich eher im problemorientierten Denken ("Fear Zone") oder im lösungsorientierten Denken ("Growth Zone") befindet.
Erkennen von psychischer Überlastung
Psychische Belastungen, ob am Arbeitsplatz oder im privaten Umfeld, müssen nicht immer zu einer Überlastung oder gar psychischen Störung führen. Aber gerade in Zeiten wie dieser, in der mehrere Stressoren (ansteckende Krankheit, Einschränkung der Freiheit, Ungewissheit, Homeoffice etc.) auf einmal auf uns einwirken, können selbst hoch resiliente, also psychisch widerstandsfähige Mitarbeitende an ihre psychischen Grenzen geraten. Ein wichtiger Auftrag an Mitarbeitende, Führungskräfte und auch Unternehmensleitung ist es, Anzeichen von psychischer Überlastung bei sich selbst und bei anderen zu erkennen. Es gibt drei Ebenen, auf denen sich Signale und Auswirkungen psychischer Überlastung zeigen: Man kann zwischen "Psychosomatischen Indikatoren", "Verhaltensbezogenen Indikatoren" und "Leistungsbezogenen Indikatoren" unterscheiden (Abb. 2).
Umso wichtiger ist es für Unternehmen, ihre HR-Verantwortlichen, Führungskräfte und Mitarbeitende zu sensibilisieren und zu trainieren, diese Indikatoren bei sich und anderen rechtzeitig wahrzunehmen und zu thematisieren.
Psychische Überforderung darf kein Tabuthema mehr sein
Psychische Überforderung darf kein Tabuthema, sondern sollte ein fester Bestandteil des Betrieblichen Gesundheitsmanagements sein. Denn die aktuellen Stressoren werden noch eine Weile anhalten und selbst wenn die Pandemie vorbei ist, wird diese Zeit (psychische) Spuren bei allen hinterlassen haben.
Im zweiten Teil dieses Blogbeitrags erfahren Sie, unter welchen emotionalen Belastungen Mitarbeitende und Führungskräfte während der Pandemie tatsächlich leiden. Zudem werden Strategien und Tipps erläutert, um die psychische Gesundheit der gesamten Belegschaft zu stärken.
Quellen und weiterführende Informationen
Poppelreuter, S. & Mierke, K. (2018). Psychische Belastungen in der Arbeitswelt 4.0 – Entstehung, Vorbeugung, Massnahmen. Erich Schmidt Verlag.
Bürgler, E. (202). Kurse für psychische Nothilfe bei der Arbeit boomen. Sonntagszeitung, 23.01.2022.
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So stärken Sie die psychische Gesundheit Ihrer Belegschaft! (2/2)
Wie HR die mentale Widerstandskraft & Stressmanagement-Kompetenz der Belegschaft fördert.