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Unser tägliches Konsumverhalten – und die weitreichenden Konsequenzen. (Symbolbild)

Diese Frage wird immer wieder gestellt – nicht nur in der Schweiz, auch im Ausland. Ein unlängst im amerikanischen Fachblatt Tax Notes International erschienener Artikel fasst die Meinungen des Ökonomen Kenneth Rogoff, des Historikers Bernardo Bátiz-Lazo und des Wirtschaftspsychologen Christian Fichter zusammen. Hier ein Überblick über die wichtigsten Argumente. 

Über den Sinn von Tausendernötli lässt sich trefflich streiten. So wie kürzlich, als die Nötli in neuer Auflage vorgestellt wurden. Regelmässig führen die grossen Noten zu grossen Diskussionen. Der Grund: Es handelt sich dabei nicht einfach nur um Geld. Sondern um die Einladung zu illegalen Handlungen – zumindest behaupten das die Kritiker.

Dabei handelt es sich zunächst mal einfach um besonders viel Geldwert auf besonders kleinem Raum. Was soll daran so schlimm sein? Zunächst das Offensichtliche: Mafiabosse fallen beim Check-in weniger auf, wenn sie nur einen anstatt fünf schwarze Aktenkoffer voller Drogengeld mit sich tragen. Eine Million Franken in Tausendernötli wiegt nur wenig mehr als ein Kilo. Da passt in das Köfferli sogar noch eine Toblerone.

Diese hohe Wertdichte ist natürlich nicht nur für Kriminelle praktisch, sondern auch für ganz normale Konsumenten beim Kauf teurer Güter: Autos, Ferienreisen, Luxusuhren, Carbonvelos, Manolo Blahnik-Schuhe oder iPhones (und nein, nicht nur Statusobjekte  werden gerne mal bar bezahlt). Sehr zu recht bemerken Sie jetzt einen wesentlichen Unterschied zwischen Kriminellen und Konsumenten: Letztere verwenden heute natürlich mehrheitlich elektronisches Geld zur Bezahlung. Die Finanzindustrie will uns das seit Jahrzehnten schmackhaft machen, und endlich ist ihr Wunsch in Erfüllung gegangen. Die meisten von uns zahlen ganz selbstverständlich mit Kärtli anstatt Papier. Oder neu mit Twint, Paypal, Apple Pay. Dabei sinkt nicht nur der psychologische Bezahlschmerz (weil man kein «richtiges» Geld mehr aus den Händen gibt), sondern es ist schlicht und einfach praktisch.

Ausser für Mafiabosse. Und für Steuerhinterzieher.

Genau hier liegt das Problem: Nicht nur Mafiabosse haben ein Interesse am Tausendernötli, sondern auch ganz normale Bürger: Steueroptimierer, die dem Staat möglichst viel ihres sauer Ersparten (oder ihres bequem Geerbten) vorenthalten wollen. Diese Vermutung drängt sich auf, weil es regelmässig im Dezember zu grossen Bargeldbezügen kommt. Geld, das dann im Januar wieder zurück zur Bank getragen wird. Die Tausendernote als Instrument zur Vermeidung von Vermögenssteuern?

Das ist vielleicht zu zynisch gedacht. Es gibt ja noch andere Argumente für das Tausendernötli. Doch wie der unten genannte Artikel in der unaufgeregt-seriösen Fachzeitschrift Tax Notes International zeigt, dominiert in der internationalen Wahrnehmung der Verdacht, Schweizerinnen und Schweizer wollten Steuerhinterziehung ermöglichen. Die Frage muss erlaubt sein, ob es uns das wert ist. Das Tausendernötli. 

Weiterführende Informationen und Quellen:

Hoke, W. (2019). Swiss Stick to Big Bills Despite Claims They Abet Tax Evasion, Tax Notes International, 18. März, 1217-1219. 

Lesen Sie auch im Kalaidos Blog: 

Psychologie des Steuerzahlens: Wie beeinflusst Steuermoral unser Verhalten?

Kavaliersdelikt Steuerhinterziehung? Der Beitrag zu Steuergerechtigkeit und dem typischen Steuerhinterzieher.

Autor/in
Christian-Fichter

Prof. Dr. Christian Fichter

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