Aufnahme einer Hand, die Lamellen einer Jalousie auseinanderdrueckt Aufnahme einer Hand, die Lamellen einer Jalousie auseinanderdrueckt
Die Tendenz, Neugier um jeden Preis nachzugehen, wird als Pandora-Effekt bezeichnet. (Symbolbild)

Es gehört zur Natur des Menschen, neugierig zu sein. Fortschritt entsteht, indem neue Dinge ausprobiert und etablierte Sachverhalte hinterfragt werden. Neugier wird auch von vielen grossen Denkern als ihr zentrales Motiv genannt, wenn gefragt wird, was sie tagtäglich antreibt. Doch nicht alle Formen der Neugierde dienen höheren Zielen. Klatsch und Tratsch in den Boulevardmedien und Gaffer bei Unfällen sind nur zwei Beispiele von weniger produktiven, zum Teil sogar schädlichen Ausprägungen dieses Motives. Laut Duden ist Neugier das „Beherrschtsein von dem Wunsch, etwas Bestimmtes zu erfahren, in Angelegenheiten, Bereiche einzudringen, die besonders andere Menschen und deren Privatleben o. Ä. betreffen“. 

Die eher negative Auslegung in dieser Definition kann / könnte noch gesteigert werden, wenn auf Grund von Neugier sogar der eigene Schaden in Kauf genommen wird. Genau dies konnten jedoch die aktuellen Untersuchungen von Chris Hsee und Bowen Ruan (2016) zeigen. Die Tendenz, Neugier um jeden Preis bzw. um den Preis des eigenen Schadens nachzugehen, bezeichnen die beiden Autoren als Pandora-Effekt. Sie argumentieren, dass Neugier ein Bedürfnis zu Grunde liegt, Unsicherheit zu reduzieren. 

Hierzu wurden beispielsweise in einem ihrer Experimente Probanden zufällig einer von drei speziellen Kugelschreibern gegeben. Kugelschreiber mit einer grünen Kappe konnten ohne Nebenwirkungen gedrückt werden, Kugelschreiber mit einer roten Kappe gaben hingegen beim Drücken einen unangenehmen elektrischen Schlag an die Probanden. Die Kugelschreiber mit einer gelben Kappe schliesslich gaben in Abhängigkeit vom Batteriestatus zufällig einen Schlag oder nicht. Es zeigte sich, dass die Probanden, trotz des Risikos eines unangenehmen Schlages, den gelben Kugelschreiber am häufigsten drückten. Der Drang herauszufinden, ob dieser Stift wirklich einen Schlag abgibt, war grösser als das Bedürfnis einem elektrischen Schlag aus dem Weg zu gehen. 

Der Pandora-Effekt zeigte sich auch, wenn die Probanden vor die Wahl gestellt wurden einen von drei Knöpfen an einem Computer zu drücken. Der erste Knopf aktivierte das Geräusch von Wasserstropfen in einem Glas, der zweite das Geräusch von Fingernägeln auf einer Wandtafel, der dritte schliesslich war ein Knopf versehen mit einem Fragezeichen. Bei diesem entschied der Zufall, ob die Probanden Wassertropfen oder das unangenehme Geräusch von Fingernägeln zu hören bekamen. Auch hier zeigte sich, dass der Fragezeichen-Knopf am häufigsten gedrückt wurde. Dies ist bemerkenswert, da die Probanden angaben, sich durch das häufige Knopfdrücken schlechter zu fühlen als diejenigen, die nur wenige Male die Knöpfe gedrückt hatten. Obwohl wir uns schlechter fühlen, gehen wir also der Neugier nach und möchten die Unsicherheit reduzieren. 

Die Gier nach Neuem ist menschlich. Dass wir hierbei nicht nur anderen, sondern sogar uns selber Schaden können, zeigt der Pandora-Effekt. Inwieweit man im Bereich Marketing und Sales oder per Clickbaiting diese menschliche Schwäche nutzen sollte, steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt bzw. Blogbeitrag zur Frage "Was darf Wirtschaftspsychologie".

Weiterführende Informationen und Quellen: 

Hsee, C.K & Ruan, B. (2016). The Pandora Effect: The Power and Peril of Curiosity. Psychological Science, Online First. 

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Autor/in
Dr. Jörn-Basel

Prof. Dr. Jörn Basel

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