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Nudging: Welche Art von Veränderung ist noch legitim und wo beginnt fragwürdige Manipulation? (Symbolbild)

Wirtschaftspsychologie liefert zahlreiche Ansätze wie beispielsweise überzeugendes Marketing gelingen kann. Schliesslich lautet das Credo wissenschaftlicher Psychologie, dass das Verhalten des Menschen nicht nur verstanden, sondern auch verändert werden will. Die Frage ist jedoch, ob diese Veränderung auch zum Besseren für den einzelnen Konsumenten verläuft? Welche Art von Veränderung ist noch legitim und wo beginnt fragwürdige Manipulation?

Laut Dan Ariely (2015) liegt die Herausforderung insbesondere darin, dass wir zwar um die systematischen Schwächen menschlichen Denkens und Handeln wissen, jedoch genau diese Schwächen auch im wirtschaftlichen Sinne (aus-) genutzt werden. So zeigen beispielsweise zahlreiche Studien, dass viele Menschen nur eine sehr unzureichende langfristige Planung ihrer Altersvorsorge betreiben. Ein Grund hierfür ist, dass wir aktuellen Wünschen im Hier und Jetzt nur zu gerne nachgeben. Moralisch zweifelhaft sind daher beispielsweise Anzeigen von Kleinkreditunternehmen, welche den Fokus auf das Heute richten (à la „Heute kein Geld, kein Problem, zahl es einfach morgen zurück“) und somit die finanzplanerische Kurzsichtigkeit der Menschen ausnutzen. Das Problem bei Kleinkrediten wird auch dadurch erschwert, dass in vielen Fällen die tatsächlichen – oft horrenden – Gebühren in schwer verständlichen prozentualen Zinseszins Angaben versteckt sind und somit leicht die Gefahr der Überschuldung besteht. Ein weiterer klassischer psychologischer Trick die künstliche Verknappung wird hier vorgestellt.

Ein probates Mittel gegen solche zweifelhaften Werbepraktiken ist mit Sicherheit das Wissen um die psychologischen Prozesse unseres Konsumverhaltens. Verbote sollten in vielen Fällen nicht als erstbeste Massnahmen des Konsumentenschutzes betrachtet werden. Es ist daher ein Schritt in die richtige Richtung, dass wirtschaftspsychologische Inhalte in die Curricula wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge fest integriert werden. Aber nicht nur an den Hochschulen sind solche Kompetenzen wichtig. Der richtige Umgang mit Risiken und Wahrscheinlichkeiten sollte idealerweise bereits Schülerinnen und Schülern vermittelt werden. Konsum und Sparentscheidungen werden ja nicht nur von Hochschulabsolventen getroffen.

Auch im gerade sehr populären Bereich Nudging (einem gezielten Präsentieren von Handlungsalternativen bzw. einem gezielten Festlegen von Defaults, ohne jedoch Verbote auszusprechen) wird von Kritikern bemängelt, dass es sich um eine moralisch nicht einwandfreie Manipulation handelt, unabhängig von den Zielen (Bruttel et al., 2014). Dass gut informierte Bürgerinnen und Bürger allerdings weniger unwissentlich (und schon gar nicht unwillentlich) manipuliert werden können, dürfte allerdings die meiste Kritik an diesem Aspekt des Nudging entkräften. Der Hinweis allein „Nudge for good“, welcher Richard Thaler (2015) seinem neuen Buch „Misbehaving: The Making of Behavioral Economics“ vorausstellt, greift allerdings auch zu kurz. Ein gelungenes Zusammenspiel von Bildungsmassnahmen über (wirtschafts-)psychologische Prinzipien und einem überlegten Einsatz von Nudges, erscheint daher auch aus moralischer Sicht als verantwortungsvollste Strategie.

Quellen:

Ariely, D. (2015). Introduction. Behavioral economics: An exercise in design und humility. In A. Samson (Hrsg.), The Behavioral Economics Guide 2015. V-X.

Bruttel, L. V., Stolley, F., Güth, W., Kliemt, H., Bosworth, S., Bartke, S., ... & Funk, L. (2014). Nudging als politisches Instrument— gute Absicht oder staatlicher Übergriff?. Wirtschaftsdienst, 94(11), 767-791.

Thaler, R. H. (2015). Misbehaving: The Making of Behavioral Economics. WW Norton & Company.

Autor/in
Dr. Jörn-Basel

Prof. Dr. Jörn Basel

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