Besteuerung privater Kapitalgewinne (2/2)
Jakub Horak
Eine Umqualifikation von steuerfreiem Kapitalgewinn in steuerbare Einkünfte (aus unselbständiger, selbstständiger Erwerbstätigkeit oder Entschädigung für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit) führt zu finanziellen Konsequenzen sowohl für den Verkäufer wie auch für den Käufer der Beteiligungen. Im Rahmen eines berufsbegleitenden Masters MAS FH in Swiss and International Taxation / LL.M. an der Kalaidos FH / SIST - Schweizerisches Institut für Steuerrecht wurde eine Analyse zur Abgrenzung von steuerfreiem privatem Kapitalgewinn und steuerbarem Einkommen bei der Veräusserung von Beteiligungen („Share Deal“) vorgenommen.
Wichtige Punkte für die Vertragsgestaltung
Um einer Umqualifikation von steuerfreiem Kapitalgewinn in steuerbare Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit bzw. Entschädigung für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit vorzubeugen, sind aufgrund der aktuellen Rechtsprechung insbesondere folgende Punkte im Rahmen der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen:
1. Dokumentation der Berechnung des Kaufpreises
Aus dem Kaufvertrag sollte explizit ersichtlich sein, dass der Kaufpreis bzw. die „earn out“-Zahlungen ausschliesslich eine Entschädigung für den Verkauf der Beteiligungen darstellen. Die Entschädigung widerspiegelt somit einzig den Unternehmenswert der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung. Die Bewertung berücksichtigt selbstredend auch deren zukünftige finanzielle Entwicklung. Eine Dokumentation der Berechnung des Kaufpreises bzw. der „earn out“-Zahlungen ist entscheidend, um den Nachweis erbringen zu können, dass keine verdeckten Entschädigungen für eine Weiterarbeit oder für ein Konkurrenzverbot im Kaufpreis beinhaltet sind.
2. Ausweisung im Jahresabschluss
Die kaufende Gesellschaft hat sowohl den Kaufpreis wie auch die „earn out“-Zahlungen als Kaufpreisentschädigung und nicht als Arbeits- bzw. Konkurrenzentschädigung in ihrem Jahresabschluss abzubilden.
3. Separater Arbeitsvertrag
Im Kaufvertrag sollte anschaulich ausgeführt werden, dass nachdem der Verkauf stattgefunden hat, die Entschädigung für die zukünftig geleistete Arbeitstätigkeit des Verkäufers mittels separatem Arbeitsvertrag und getrennt vom Kaufpreis entlohnt wird. Die Entschädigung sollte dabei einem Drittvergleich standhalten können. Somit wird festgehalten, dass die gesamte Kaufpreisentschädigung in keiner Weise eine Entschädigung für die zukünftige Arbeitstätigkeit beinhaltet.
4. Explizite Klauseln im Kaufvertrag
Eine vielfach vorgesehene Abdeckung des Risikos eines vermögensrechtlichen Schadens des Käufers dürfte durch explizite Klauseln (Konkurrenzverbot, Konventionalstrafe) im Kaufvertrag erreicht werden. Es sollte zudem zwingend darauf geachtet werden, dass der vertraglich festgehaltene Kaufpreis keine Elemente für ein Konkurrenzverbot beinhaltet. Ebenfalls sollte im Kaufvertrag bestimmt werden, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach dem Verkauf nicht zu einer Kaufpreisanpassung führt.
Weitere Punkte zum Entgegenwirken einer Besteuerung
Um einer Umqualifikation von steuerfreiem privatem Kapitalgewinn aus der Veräusserung von Beteiligungen in Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit entgegenzuwirken, sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
1. Verzicht auf Fremdkapital
Bei Beteiligungskäufen ist grundsätzlich vollständig auf eine Finanzierung durch Fremdkapital zu verzichten. Somit kann das Kriterium des Finanzierungsrisikos für eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeschlossen werden. Besteht beim Erwerb bereits eine selbständige Erwerbstätigkeit, so sollten die erworbenen Beteiligungen bei den Steuerbehörden explizit als Privatvermögen deklariert werden.
2. Position im Verwaltungsrat der Gesellschaft
Für aussenstehende Investoren, welche sich über dem Masse einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung für die Gesellschaft engagieren (Investitionen in mehrere Gesellschaften in ähnlichen Geschäftsbereichen, Zur-Verfügung-Stellung von betriebswirtschaftlichem Know-how sowie Beziehungsnetz einer Investorengruppe und/oder Einräumung weitergehender Informations-, Kontroll- und Mitspracherechte), empfiehlt es sich, eine Position im Verwaltungsrat der Gesellschaft einzunehmen. Die Tätigkeiten können damit als unselbständige Erwerbstätigkeit erklärt und mit einem Verwaltungsratshonorar entschädigt werden. Zu einer Qualifikation dieser Tätigkeiten in selbständige Erwerbstätigkeit ist somit kein Anlass gegeben.
Eingabe eines Steuervorabbescheids
Letztendlich besteht auch die Möglichkeit, die Frage des Vorliegens eines gemischten Rechtsgeschäfts den zuständigen Behörden vorab zur Prüfung zu unterbreiten. Dieses Vorgehen kann insbesondere dann erwägt werden, wenn beide Parteien der Transaktion in Übereinstimmung mit den Steuerbehörden die steuerbaren und die steuerfreien Komponenten im Voraus verbindlich festlegen und belegen möchten. Allerdings sollte diese Massnahme nur dann in Betracht gezogen werden, sofern beide Parteien bereit sind und die Möglichkeit besteht, andere Transaktionsstrukturen auszuführen, falls die Eingabe eines Steuervorabbescheids nicht erfolgreich ausfällt.
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