Besteuerung privater Kapitalgewinne (1/2)
Jakub Horak
In der Schweiz werden jährlich unzählige Unternehmen verkauft. Für die Veräusserung einer Kapitalgesellschaft kann es unterschiedliche Gründe geben: Nachfolgeregelung, Neuorientierung der Anteilsinhaber, mangelndes zusätzliches Eigenkapital, wirtschaftliche Lage des Unternehmens, Wettbewerbssituation, Fokussierung auf Kernkompetenzen, usw.
Im Rahmen einer Masterarbeit an der Kalaidos FH Lehrgang MAS Taxation FH – Schweizer Institut für Steuerrecht wurde eine Analyse zur Abgrenzung von steuerfreiem privatem Kapitalgewinn und steuerbarem Einkommen bei der Veräusserung von Beteiligungen („Share Deal“) vorgenommen.
Steuerfreier vs. steuerbarer Kapitalgewinn
Sofern sich die Beteiligungen im Privatvermögen der Verkäufer befanden, ist der Veräusserungserlös aus dem Verkauf der Beteiligungen grundsätzlich als steuerfrei zu qualifizieren. Dieser steuerfreie Kapitalgewinn kann jedoch von den Steuerbehörden in steuerbare Einkünfte umqualifiziert werden, sollten sie bestimmte Kriterien als gegeben erachten.
Die entscheidenden Kriterien und Indizien, welche zu einer Umqualifikation der steuerfreien Kapitalgewinne in steuerbare Einkünfte führen, werden sowohl in der Lehre wie auch in der Rechtsprechung verwendet. Sie sind jedoch aufgrund des Typusbegriffs der Erwerbstätigkeit, der unterschiedlichen Gewichtung der Indizien sowie den vertraglich ausgeführten Bestimmungen oftmals nur Anhaltspunkte. Eine Beurteilung der Tatbestände erfolgt entsprechend problematisch und jeweils unter Würdigung der Gesamtheit der Umstände.
Umqualifikation des steuerfreien Kapitalgewinns in steuerbares Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit (Art. 17 und Art. 17b DBG)
Bei einer Weiterbeschäftigung des Verkäufers in der veräusserten Gesellschaft kann der erzielte steuerfreie Kapitalgewinn zu steuerbarem Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit umqualifiziert werden, sofern zwischen der nach dem Verkauf ausgeführten Tätigkeit und dem Verkaufspreis (oder Teilen davon) ein wirtschaftlicher und kausaler Zusammenhang besteht.
Umqualifikation des steuerfreien Kapitalgewinns in steuerbares Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit (Art. 18 Abs. 2 DBG)
Bei Investoren, welche sich nach dem Kauf der Beteiligungen über dem Masse der gewöhnlichen privaten Vermögensverwaltung für die Gesellschaft eingesetzt haben, ohne dabei als Verwaltungsratsmitglied oder Angestellter der Gesellschaft tätig gewesen zu sein, besteht das Risiko einer Umqualifikation ihrer Aktivitäten zu selbständiger Erwerbstätigkeit. Dabei würden die Beteiligungen in das Geschäftsvermögen des Steuerpflichtigen verschoben werden, und somit beim Verkauf der Beteiligungen ein steuerbares Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit resultieren.
Umqualifikation des steuerfreien Kapitalgewinns in steuerbare Entschädigung für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit (Art. 23 lit. b DBG)
Beinhaltet der Verkaufspreis der Beteiligungen Elemente, die auf die Entschädigung eines Konkurrenzverbots des Verkäufers hinweisen, wird dieser Teil des Erlöses von den Steuerbehörden als Entschädigung für eine Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit eingestuft und gilt entsprechend als steuerbare Einkunft.
Weitreichende Folgen für Käufer und Verkäufer
Eine Umqualifikation der steuerfreien Kapitalgewinne in steuerbare Erträge kann sich nicht nur für die Veräusserer als eine zusätzliche geldwerte Belastung erweisen. Wird der steuerfreie Kapitalgewinn in Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit umqualifiziert, so gilt der entsprechende Betrag als Lohn und die darauf anfallenden Beiträge an die Sozialversicherungen sind geschuldet.
Eine Umqualifikation hat somit entsprechend weitreichende Folgen für Käufer und Verkäufer.
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