Oft trauen sich Mitarbeitende nicht, ihren Vorgesetzten Feedback zu geben Oft trauen sich Mitarbeitende nicht, ihren Vorgesetzten Feedback zu geben
Oft trauen sich Mitarbeitende nicht, ihren Vorgesetzten Feedback zu geben (Symbolbild)

In der Regel kommt die Kritik oder das Feedback vom Chef oder der Chefin aus, doch zeigt sich in der Praxis immer wieder: Auch Vorgesetzte machen Fehler oder irren sich. Manchmal bringen Sie damit das gesamte Unternehmen in Gefahr oder verderben den Mitarbeitenden die Freude an der Arbeit. In der heutigen, sich stetig verändernden Arbeitswelt können Führungspersonen schon lange nicht mehr alles wissen. Also gilt: Jeder kann und soll von jedem lernen. Damit wird eine offene Feedbackkultur zur Selbstverständlichkeit – nicht nur von oben nach unten, sondern auch von unten nach oben und seitlich. Hier einige Gedankenanstösse dazu. 

Feedback ist eine Frage der Haltung und Unternehmenskultur

Mit den typischen formalen Feedbackinstrumenten wie Mitarbeiterbefragung, Mitarbeitergesprächen, Vorgesetztenbeurteilung und 360-Grad-Feedback ist es noch nicht getan: Von Feedbackkultur ist erst dann die Rede, wenn Führungskräfte und Mitarbeitende im Arbeitsalltag regelmässig und/oder nach Bedarf Rückmeldung über Wirkung und Verhalten erhalten und dies nicht als Pflichtübung verstehen. Das heisst, Feedback ist dann zugänglich, wenn Führungskräfte und Mitarbeitende das eigene Handeln durch Feedback optimieren möchten. Feedback ist also nicht nur ein Instrument oder eine Technik, sondern eine Frage der Haltung. Nicht zuletzt ist Feedback auch ein Beitrag zur zielgerichteten Weiterentwicklung der Unternehmenskultur.

Eine offene Feedbackkultur trägt zur Lernfähigkeit von Unternehmen bei

Feedback als hierarchieübergreifendes Instrument trägt zur Lernfähigkeit von Unternehmen bei. Mit dem richtigen Umgang mit Feedback bleiben die Störfaktoren nicht im Raum hängen, sondern Prozesse und Arbeitsweisen werden verbessert, Vorgesetzte reflektieren und optimieren ihr Führungsverhalten, Mitarbeitende denken und gestalten mit, Ziele werden immer wieder neu ausgerichtet.

Was passiert, wenn Sie es verpassen, eine Feedbackkultur einzuführen?

Tatsächlich scheint es vielerorts an Kritikbereitschaft der Führungskräfte zu mangeln: Gemäss der Umfrage „Talents & Trends“ der Karriereberatung Rundstedt (2015) wünschen sich gut ein Drittel der Berufstätigen mehr Feedback vom Chef oder der Chefin. Und nur jeder Fünfte berichtet, dass Vorgesetzte Feedback zu ihren Leistungen und ihrem Führungsstil bei ihnen einholen. Das ist umso bedauerlicher, wenn man weiss, dass regelmässiges Feedback in direktem Zusammenhang mit der Zufriedenheit mit der Arbeit und der Verbundenheit mit der Firma steht, wie die Studie des Personaldienstleisters Amadeus Fire (2015) offenbart. Und spätestens seit der Gallup-Studie 2018 wissen wir: Je geringer die emotionale Bindung zum Unternehmen, desto wahrscheinlicher der Absprung. Soweit muss es nicht kommen. Gehen Sie als Vorbild voran.

Sieben Anregungen zur Implementierung eine Feedbackkultur

1. Holen Sie als Führungskraft Feedback aktiv ein.
Eine offene Feedbackkultur setzt voraus, dass Ihre Mitarbeitenden wissen, dass Ihnen viel an guter Zusammenarbeit und an ihrem Urteil liegt. Kommunizieren Sie das und implementieren Sie Feedbackinstrumente im Alltag. Lassen Sie beispielsweise am Ende einer Teamsitzung Ihre Mitarbeitenden das Resultat und die Zusammenarbeit der Sitzung jeweils auf einer Skala von 1-10 bewerten. Bitten Sie dann nach Bedarf nach einem konkreten und ausführlicheren Feedback. Wenn Sie spontan Feedback von einem Mitarbeitenden wünschen, holen Sie dieses persönlich ein, nicht per Mail. Am besten sagen Sie, dass Sie etwas beschäftigt und fragen Sie, wann Ihr/e Mitarbeiter/in kurz Zeit hat, um das ungestört zu besprechen.

2. Erarbeiten Sie mit Ihren Mitarbeitenden Feedbackregeln.
Feedback soll immer wertschätzend und konstruktiv sein, also nützlich und förderlich. Sagen Sie Ihren Mitarbeitenden, was es für Sie heisst, ihnen Feedback zu geben. Besprechen Sie auch gemeinsam, was es bedeutet, gegenüber Vorgesetzten oder unter Kollegen und Kolleginnen Feedback zu geben. Anstatt Feedbackregeln vorzugeben, können Sie diese gemeinsam mit Ihrem Team erarbeiten. So entsteht bei Ihren Mitarbeitenden viel eher das entsprechende Commitment.

3. Wenn Mitarbeitende Ihnen als Vorgesetzten Feedback geben, dürfen Sie dies nicht negativ bewerten.
Oft trauen sich Mitarbeitende nicht, ihren Vorgesetzten Feedback zu geben. Je nach Leidensdruck kündigen sie lieber, als dass sie noch länger in einem schlechten Klima arbeiten. Kritik an den Chef oder die Chefin dürfen Sie also nicht negativ bewerten. Im Gegenteil, sprechen Sie Ihren Mitarbeitenden dafür Anerkennung aus, dass sie offen sind und heikle Themen ansprechen. Vielleicht wurden Sie dazu angeregt, eine Entscheidung nochmals zu überdenken und Sie werden sich dadurch den Auswirkungen Ihres Handelns besser bewusst.

4. Lernen Sie, Kritik von Ihren Mitarbeitenden auszuhalten.
Lernen Sie Kritik, die von Mitarbeitenden kommt, auszuhalten. Empfinden Sie nicht jede Kritik als das Sägen am Chefstuhl. Verwerfen Sie aufkommende Gefühle wie: „Ich bin schlecht.“ oder: „Ich bin nicht kompetent genug.“ oder: „Ich kriege es nicht hin.“

5. Begreifen Sie Fehler als Chance.
Wenn Mitarbeitende Fehler machen, besprechen Sie diese nicht einfach möglichst schnell am Bürotisch, sondern etablieren Sie eine Plattform, um im Team über Schiefgelaufenes gemeinsam zu reflektieren: Warum sind wir gescheitert? Was haben wir daraus gelernt? Was wollen wir in Zukunft anders machen? Nutzen Sie kreative Methoden zur gemeinsamen Bearbeitung von möglichen Lösungen. So zeigen Sie, dass Kritik etwas Konstruktives ist und Sie die Entwicklung des Mitarbeitenden und des Unternehmens fokussieren.

6. Formulieren Sie Ihre Feedbacks sorgfältig.
Äussern Sie Ihre Kritik stets mündlich und unter vier Augen. Gehen Sie dabei sensibel vor. Beschreiben Sie als Feedback-Sender Störendes möglichst anhand von konkreten Beispielen, ohne den Empfänger moralisch zu verurteilen. Kritisieren Sie das Verhalten und nicht die Person. Also statt jemanden als unfähig zu bezeichnen, sagen Sie lieber, was er oder sie konkret gemacht hat und inwiefern er oder sie damit die Zusammenarbeit im Team behindert. Verwenden Sie dazu Ich-Aussagen: Was ist Ihre eigene Wahrnehmung und welches Verhalten wünschen Sie in Zukunft. Bleiben Sie dabei sachlich und ruhig.

7. Stellen Sie sicher, dass Sie Feedbacks gut verstehen.
Als Feedback-Empfänger hören Sie erst einmal zu. Versuchen Sie nicht, sich zu rechtfertigen oder zu verteidigen. Wenn Sie das Feedback nicht nachvollziehen können, fragen Sie nach konkreten Beispielen. Dies ermöglicht Ihnen, die Sichtweise der Feedback-Gebenden gut zu verstehen und Ihr eigenes Verhalten in einem grösseren Zusammenhang zu reflektieren. Nun kommt die Lernphase: Was nehmen Sie aus der Kritik mit? Was werden Sie ändern? Erst danach sagen Sie wenn nötig, mit welchen Punkten Sie nicht einverstanden sind und warum.

Quellen und weiterführende Informationen

Amadeus Fire & Friederich Alexander Universität (2015). Studie „Feedbackkultur im Unternehmen und Zufriedenheit von Mitarbeitern“.

Gallup Engagement Index 2018.

Rundstedt (2015). Umfrage „Talents & Trends“.

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