Können Frauen mit Menschen verschiedener Kulturkreise besser umgehen? Können Frauen mit Menschen verschiedener Kulturkreise besser umgehen?
Können Frauen besser mit Menschen verschiedener Kulturkreise umgehen? (Symbolbild)

Gibt es einen typisch weiblichen Führungsstil? Oder genauer ausgedrückt: Weisen Frauen in Führungspositionen spezifische Kompetenzen auf, welche sie von ihren männlichen Managerkollegen unterscheiden? Dieser Frage ist Sladjana Kosic in ihrer Abschlussarbeit für den Bachelor of Science FH in Business Administration an der Kalaidos Fachhochschule nachgegangen. Im Gespräch mit Irene Willi berichtet sie über den Hauptunterschied zwischen Managerinnen und Managern, die Herausforderungen weiblicher Führungskräfte und notwendige Entwicklungen in der Forschung.

Warum haben Sie in Ihrer Arbeit den Fokus auf weibliche Führungskräfte gelegt?

In den letzten Jahren haben sich die Chancen für Frauen, sich beruflich zu verwirklichen und eine Führungsposition einzunehmen, deutlich verbessert. Diese Entwicklung sowie die Tatsache, dass weiblich Führungskräfte den Unternehmen Wettbewerbsvorteile bringen, belegen auch diverse Studien (Catalyst, 2007 / McKinsey, 2007). So sollen Unternehmen, die einen hohen Frauenanteil in Führungspositionen (mindestens 30 Prozent) aufweisen, durchschnittlich einen etwa 50 Prozent höheren Gewinn als der Durchschnitt in der Branche erwirtschaften.

Natürlich spielten auch persönliche Beweggründe bei der Wahl des Themas eine Rolle. Ich bezeichne mich als Powerfrau mit einer Leidenschaft für HR- und Leadership-Themen. Zudem stehe ich gerade am Anfang einer hoffentlich erfolgreichen Führungskarriere.

Welches ist die Erkenntnis Ihrer Arbeit: Führen Frauen anders als Männer?

Die Haupterkenntnis lautet: In der Unternehmensrealität existiert kein typisch weiblicher (wie auch kein typisch männlicher) Führungsstil, allerdings müssen Frauen in Führungspositionen andere bzw. weitere Charakteristika aufweisen, um Erfolg zu haben. Insbesondere zeigten die Ergebnisse der leitfadengestützten Interviews mit fünf Frauen aus dem mittlerem und oberen Management (Branche Bank, Versicherung, Anwaltskanzlei), dass weibliche Führungspersonen tendenziell einen situativen Führungsstil an den Tag legen.

Als weitere wichtige Erkenntnis hat sich herausgestellt, dass sich Managerinnen durch eine höhere Empathiefähigkeit auszeichnen als ihre männlichen Führungskollegen. Das heisst: Die befragten Frauen sahen sich grösstenteils selbst in der Lage, ihre eigenen Gefühle wahrzunehmen, zu artikulieren und zu kontrollieren. Darüber hinaus hielten sie sich auch für fähig, die Emotionen ihrer Mitarbeitenden zu erkennen, sich in diese einzufühlen und „hineinzudenken“.

Wie ist eine höhere Empathiefähigkeit im heutigen Führungsumfeld zu werten?

Ein Mehr an Empathie eignet sich hervorragend dazu, um auf globalisierten Märkten zu agieren. So agieren auf dem internationalen Markt Personen verschiedener Kulturkreise, die unterschiedliche Bräuche und Traditionen aufweisen. Im Rahmen eines derartigen Gefüges kann es aufgrund von Kommunikationsschwierigkeiten und Empathie-Defiziten schnell zu Missverständnissen kommen. Aus diesen Gründen ist es von besonderer Relevanz, dass Führungspersonen verbale und nonverbale Botschaften ihrer KommunikationspartnerInnen erkennen und korrekt interpretieren können.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die aus der empathischen Kompetenz abgeleitete Fähigkeit, das Potenzial von Mitarbeitenden besser zu erkennen und auszuschöpfen. Wenn es gelingt, Mitarbeitende, die wesentlich zum Unternehmenserfolg beitragen, zu fördern und ihren Stärken entsprechend einzusetzen, können diese auch im Unternehmen gehalten werden.

Welchen Herausforderungen müssen sich weibliche Führungspersonen stellen?

Frauen in Führungspositionen werden heute im Vergleich zu früheren Generationen zwar besser anerkannt und optimaler gefördert, allerdings müssen sie der Befragung zufolge mehr leisten als ihre männlichen Pendants. Auf die Frage, welchen Ratschlag die Befragten jungen aufstrebenden Karrierefrauen geben würden, antworteten sie, grundsätzlich mehr Mut zu beweisen. Das heisst beispielsweise, in Männerrunden und Aufsichtsratssitzungen die eigene Meinung zu vertreten, sich selbst treu zu bleiben und keinesfalls versuchen, wie ein Mann zu wirken.

Interessant ist auch, dass die Einführung einer Frauenquote in der Führung nicht nur als Vorteil gesehen wird. Wenn die Erhöhung des Frauenanteils in der Führung von den männlichen Kollegen auf die Quote zurückgeführt wird, könne dies auch negativ bewertet werden.

Nicht zuletzt gestaltet es sich für Frauen in Führungspositionen schwierig, Familie und Beruf miteinander in Einklang zu bringen. Diesbezüglich waren sowohl die befragten Top-Managerinnen als auch die Frauen im mittleren Management mit ähnlichen Problemen konfrontiert. So berichtete eine befragte Top-Managerin, dass sie im Alter von 30 Jahren einen ersten Karriere-Knick zu verzeichnen hatte. Zu jener Zeit stand die Interviewte kurz davor, Partnerin in einer angesehenen Kanzlei zu werden, als sie schwanger wurde. Dies beendet die Aussicht auf eine Partnerschaft damals abrupt („end oft the story“). Obwohl ihr später der Wiedereinstieg in einer anderen Kanzlei gelang, meinte sie, dass es eine Frau in einer Führungsposition sich heutzutage leider (insbesondere in der Schweiz) immer noch sehr gut überlegen müsse, ob sie tatsächlich Kinder haben wolle, könne und solle.

Was liegt Ihnen als aufstrebende Führungsfrau besonders am Herzen?

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist meines Erachtens ein Forschungsvorhaben, das zweifelsohne genauer evaluiert werden sollte. Wie diverse Studien belegen, sind weibliche Führungskräfte heutzutage unabdingbar und bringen den Unternehmungen Wettbewerbsvorteile. Allerdings sind die gegebenen Strukturen ungünstig. Diese müssten so gestaltetet werden, damit eine weibliche Führungskarriere möglich wird. Dabei gilt es für die Frau, selbst aktiv zu werden, indem sie beispielsweise Flexibilität bei ihren Arbeitgebern und ihren Lebenspartnern bzw. Ehemännern einfordert. Und natürlich wäre es wünschenswert, wenn Männer im Allgemeinen und besonders in Führungspositionen über etwas mehr Empathie verfügen würden.

Sladjana Kosic 

Sladjana Kosic, Absolventin Bachelor of Science FH in Business Administration Kalaidos Fachhochschule

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Quellen und weiterführende Informationen

McKinsey & Company, 2007. Women Matter: Gender Diversity, A Corporate Performance Driver. 

Catalyst, 2007. The Bottom Line: Corporate Performance and Women’s Representation on Boards.

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