Fünf Dimensionen der Intervention Fünf Dimensionen der Intervention
Die fünf Dimensionen der Intervention (Graphik: André Fuchs in Anlehnung an Königswieser & Hillebrand, 2015)

Das Kantonale Steueramt St. Gallen (KSTA) richtet seine Geschäftsstrategie neu aus, um sich den zukünftigen Herausforderungen im steuerlichen Umfeld und den Umgang mit globalen Megatrends zu stellen. Mit der Lancierung eines Teilprojekts in der Hauptabteilung Spezialsteuern, welche die Führungskräfte frühzeitig in der Entwicklung der strategischen Ziele einbindet, soll die Identifikation mit der Strategie gefördert werden. Das Teilprojekt bildet gleichzeitig das Schwerpunktthema der Abschlussarbeit von André Fuchs, Absolvent des Studiengangs CAS FH in Organisationsentwicklung und -beratung. In diesem zweiten Teil des Interviews mit Irene Willi, Content Managerin am Institut für Leadership und HR, berichtet André Fuchs, wie er in seiner Dreifachfunktion als Auftraggeber, Hauptabteilungsleiter und Berater den Kick-off-Workshop des Teilprojekts gestaltet und welche Erkenntnisse er durch die Begleitung des Veränderungsprozesses gewonnen hat.

Herr Fuchs, wie sind Sie an die Gestaltung des Kick-off-Workshops herangegangen?

Nach einer sauberen Auftragsklärung, Diagnose und Hypothesenbildung entlang des Beratungsprozesses (Bleiker, 2018, siehe Teil 1 des Interviews) wurden die Ziele für den Kick-off-Workshop festgelegt, der als Initialzündung für das Teilprojekt dienen sollte.

Als zentrales Instrument für die Gestaltung des Workshops möchte ich die fünf Dimensionen der Intervention nach Königswieser & Hildebrand (2015) erwähnen (siehe Graphik):

Die inhaltliche Dimension betrifft die Strukturierung des Workshops und dessen inhaltliche Ausrichtung. Im Vordergrund stand das gemeinsame Erleben und Entwickeln von Antworten zu den definierten Fragen. Von Beginn des Workshops an sollte durch die Abstimmung des Zeitplans sowie Klärung der Rollen, Spielregeln und des weiteren Vorgehens bezüglich der erzielten Resultate eine Orientierung geschaffen werden.

Was die soziale Dimension betrifft, nahmen die drei Abteilungsleiter und ich in meiner Dreifachfunktion als Hauptabteilungsleiter, Auftraggeber, Vorgesetzter und Berater am Workshop teil. Durch die kleine Teilnehmerzahl konnte rasch eine offene und vertrauliche Arbeitsatmosphäre geschaffen werden.

Eine wesentliche räumliche Dimension war die Trennung zum Arbeitsplatz. Gestartet wurde mit einem gemeinsamen Mittagessen, gefolgt von einem Fussmarsch zum Zielort des Workshops. Die gedankliche Auseinandersetzung mit den zwölf Schwerpunkten während des Fussmarsches und die Weitsicht auf der Falkenburg sollten die strategische Neuausrichtung symbolisch unterstreichen.

Die zeitliche Dimension des Workshops erstreckte sich vom Mittag bis zum Abend, genug Zeit, um ein gemeinsames Verständnis der Strategie zu entwickeln und mögliche Massnahmen zu diskutieren. Ein gemeinsamer Apéro am Abend bildete den Abschluss.

Zum Gelingen des Workshops trug unter anderem dazu bei, dass ich mit der Intervention der Klagemauer den Teilnehmenden die Gelegenheit gab, bis dahin unausgesprochene Punkte zur bisherigen Geschäftsstrategie anzubringen. Indem wir danach die Klagemauer (Flipchart) mit den notierten Punkten beiseite stellten, begruben wir symbolisch auch die damit verbundenen negativen Emotionen und schafften Platz für die gedankliche Ausrichtung auf unsere neuen Schwerpunkte.

Was können andere von Ihrer Arbeit / Ihren Ergebnissen lernen?

In einem Veränderungsprozess ist klare, offene und ehrliche Kommunikation zentral. Ebenso wichtig scheint mir, dass die Mitarbeitenden rechtzeitig beteiligt werden und den Sinn der Veränderung verstehen. Die detaillierte Analyse der Organisation, der Prozesse und der effektiven Veränderungen bilden die Basis für ein erfolgreiches Arbeiten. In diesem Zusammenhang ist eine klare Auftragserteilung durch den Auftraggeber essentiell. Bei Unklarheiten muss beim Auftraggeber nachgehakt werden.

Die Bildung von Hypothesen zum Veränderungsprozess ist ein weiterer wichtiger Schritt. Diese sollten, wenn immer möglich, in einer Supervision mit einem/einer unabhängigen Organisationsberater/in überprüft und herausgefordert werden.

Bei der Planung eines Workshops sollte immer die Architektur, das Design sowie die Werkzeuge im Vordergrund stehen. Während des Workshops sollte man immer einige Interventionswerkzeuge in der Hinterhand haben, um situativ reagieren zu können. Zum Schluss ist die Reflexion jeder einzelnen Schritte sowie der eigenen Beratungspersönlichkeit für jeden Organisationsberater zentral.

André Fuchs, Leiter Hauptabteilung Spezialsteuern Steueramt des Kantons St. Gallen (KSTA) und Absolvent CAS FH in Organisationsentwicklung und -beratung.

André Fuchs

Herr Fuchs, herzlichen Dank für das Interview.

Lesen Sie im ersten Teil des Interviews, "Organisationsentwicklung für das Steueramt (1/2)", welche Ziele mit der Neuausrichtung der Geschäftsstrategie des Kantonalen Steueramts St. Gallen verbunden sind und welche weiteren Methoden und Instrumente André Fuchs zur erfolgreichen Steuerung des Veränderungsprozesse eingesetzt hat.

Lesen Sie auch "Personalentwicklung für das Steueramt" von André Fuchs.

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Quellen und weiterführende Informationen

Bleiker, M. (2018). Der Beratungsprozess: Vom ersten Kontakt bis zur Evaluation. Vorlesungsskript, Kalaidos Fachhochschule.

Glasl, F., Kalcher, T., Piber, H., (2014). Professionelle Prozessberatung (3. Auflage). Bern: Haupt Verlag.

Kanton St.Gallen (2017). Schwerpunktplanung der Regierung 2017-2027. St.Gallen: Regierung des Kantons St.Gallen.

Königswieser, R. & Hillebrand, M., (2015). Einführung in die systemische Organisationsberatung (8. Auflage). Heidelberg: Carl-Auer Verlag GmbH.

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