Sind Sie sich bewusst, wie empathisch Sie als Führungskraft handeln? Ist Ihre Wahrnehmung für Ihre eigenen Befindlichkeiten und die Gemütszustände Ihrer Mitarbeitenden geschärft? Haben Sie einen Blick für die Körpersprache entwickelt und holen Sie gelegentlich Feedback zu Ihrer eigenen Wirkung ein? Mit diesen Fragen konnten Sie sich in Teil 1 („Wie empathisch führe ich?“) und Teil 2 („Empathie entwickeln in der Führung“) der dreiteiligen Blogserie „Mehr Empathie in der Führung“ vertieft auseinandersetzen. Teil 3 ist der Königsdisziplin empathischen Führungshandelns - der empathischen Kommunikation - gewidmet.

Viele Situationen sind im Führungsalltag mit starken Emotionen seitens der Mitarbeitenden besetzt: Angst vor Entlassung in Veränderungsprozessen, Kritik- und Konfliktgespräche, negative Führungsentscheide, unterschiedliche Gerechtigkeitswahrnehmungen etc. Wo es Emotionen gibt, ist es für eine Führungskraft besonders wichtig, empathisch zu kommunizieren. Dies bedeutet vor allem, die Bedürfnisse, Motive und Interessen des Mitarbeitenden zu klären und zu respektieren. Und nicht, über sie zu urteilen.

Präsenz und die richtige Grundeinstellung

Um empathisch kommunizieren zu können, braucht es vorerst die richtigen Voraussetzungen und die richtige Grundeinstellung. Zu den Voraussetzungen gehört, dass Sie sich Zeit genügend Zeit nehmen und Ihrem Mitarbeitenden signalisieren, dass Sie wirklich bereit sind, sich auf einen Dialog einzulassen. Das heisst:

  • Schaffen Sie eine störungsfreie Atmosphäre.
  • Nehmen Sie eine offene Körperhaltung ein.
  • Zeigen Sie, dass Sie zuhören, indem Sie Sie die Beiträge Ihres Gesprächspartners quittieren (Nicken, Ausrufe, Notieren wichtiger Punkte).
  • Blicken Sie Ihren Gesprächspartner erwartungsvoll an und ertragen Sie Sprechpausen.
  • Unterbrechen Sie nicht.
  • Stellen Sie allenfalls Zwischenfragen und vertiefende Fragen.
  • Erfragen Sie auch die Umstände und aktuelle Situation Ihres Mitarbeitenden.
  • Drücken Sie Wertschätzung aus: "Interessant, erzählen Sie .."   

Die Grundeinstellung empathischer Kommunikation lautet „Ich will versuchen, mich in Deine Situation zu versetzen." Mit anderen Worten: Versuchen Sie nachzuvollziehen, warum Ihr Gesprächspartner so empfindet, wie er empfindet (kognitive Ebene) und ebenso, selber nachzuempfinden, wie sich dieser fühlt (affektive Ebene). Darüber hinaus braucht es aber auch die Fähigkeit, diese inneren Vorgänge in eigene Worte zu fassen, damit Ihr Gegenüber Resonanz und Anteilnahme erfährt.

Aktives Zuhören: innere Vorgänge des Gesprächspartners in eigene Worte fassen

Ein bewährte Technik in der Kommunikation, innere Vorgänge in eigene Worte zu fassen, ist das Aktive Zuhören.* Diese Technik greift auf, wie Sie Ihren Gesprächspartner verstanden haben und welche Gefühle mit seinen Äusserungen verbunden sind. Auch in Situationen, in denen Gefühle nicht immer so offensichtlich sind – beispielsweise verdecktes Misstrauen in Verhandlungssituationen - hat sich diese Technik bewährt.

Hören Sie Ihrem Mitarbeitenden also aktiv zu! Sowohl auf der kognitiven Ebene („Was hat er/sie gesagt?“) als auch auf der emotionalen Ebene: „Welche Gefühle nehme ich bei ihm/ihr wahr?“ („Wie hat er/sie es gesagt?“). Achten Sie dabei auf Ihre Intuition, aber ebenso bewusst auf die Körpersprache, den Gesichtsausdruck und die Stimme Ihres Gegenübers, beispielsweise: Hat der Mitarbeitende eine offene, Ihnen zugewandte Körperhaltung oder wendet er sich ab? Sieht er Ihnen direkt in die Augen oder ist der Blick gesenkt? Spricht er laut oder leise, langsam oder schnell und ohne Sprechpausen? Hebt er die Stimme am Ende eines Satzes an oder senkt er sie? An diesen und anderen Zeichen lassen sich Emotionen erkennen: Wut, Furcht, Ekel, Überraschung, Freude, Trauer etc. Natürlich ist es auch möglich, dass Sie solche Zeichen missdeuten. Berücksichtigen Sie deshalb bei Ihren Deutungen auch die Umstände und die aktuelle Situation Ihres Mitarbeitenden.

Anschliessend fassen Sie das Gehörte mit Ihren eigenen Worten zusammen. Beziehen Sie wiederum die kognitive und emotionale Ebene mit ein: „Sie haben gerade gesagt...“ und „Es hört sich an, als ob Sie darüber verärgert sind.“ So fühlt sich Ihr Gegenüber nicht nur gehört sondern auch verstanden. Insbesondere in hoch emotionalen Situationen wird ausserdem die Spannung gemindert.

«C’est le ton qui fait la musique»

Achten Sie beim Zusammenfassen auf Ihre Wortwahl. Keinesfalls sollten Ihre Äusserungen als Vorwurf oder Anklage verstanden werden: „Sie scheinen an einer Problemlösung gar nicht interessiert zu sein!“ Behalten Sie im Hinterkopf, dass Sie eine Zustimmung Ihres Gegenübers zu Ihrer Deutung einholen möchten. Auf einen Vorwurf oder eine Anklage wird Ihr Gesprächspartner nie mit einer Zustimmung reagieren. Es empfiehlt sich deshalb, die Gefühle, die Sie wahrnehmen, in der „Ich-Form“ zu formulieren. Auf diese Weise greifen Sie den Gesprächspartner nicht an, sondern äussern Sie sich lediglich zu Ihren eigenen Gefühlen: „Ich nehme ein gewisses Unbehagen bei Ihnen wahr. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, liegt es daran, dass Sie im Moment keine Möglichkeiten sehen, das Problem zu lösen.“ Weitere Beispiele, wie Sie die Technik des Aktive Zuhörens anwenden, sind:

  • „Sie wirken unruhig auf mich, fühlen Sie sich unter Druck? – Das würde ich nämlich gerne vermeiden.“
  • „Fühlen Sie sich bedrängt? Dann teilen Sie mir das bitte mit; denn ich möchte gerne eine Lösung, die wir beide voll und ganz akzeptieren können.“
  • „Sie machen im Moment auf mich einen sehr nachdenklichen Eindruck. Brauchen Sie noch zusätzliche Informationen von mir?“
  • „Ihnen scheint mein Vorschlag nicht besonders zu gefallen? Mich würden Ihre Bedenken sehr interessieren.“
  • „Ich bin froh, dass Sie mein Argument aufgenommen haben, und wie ich sehe, freuen Sie sich auch darüber.“

Empathische Kommunikation heisst allerdings nicht, eigene Ziele und Aufgaben den Bedürfnissen der Mitarbeitenden unterzuordnen. Es bedeutet lediglich, Interesse an den Bedürfnissen der Mitarbeitenden zu haben und diesen Raum zu geben. Diese Form der Resonanz und Anteilnahme ermöglicht Ihren Mitarbeitenden, sich zu öffnen sowie Blockaden und Widerstände abzubauen. Und als Führungskraft erfahren Sie deren wahre Bedürfnisse, Motive und Interessen. Diese dienen wiederum als Grundlage für das Behandeln der Anliegen oder Klärung der Probleme Ihrer Mitarbeitenden. Seien Sie sich aber dessen bewusst, dass die Probleme – trotz empathischen Führungshandelns - nicht immer im Sinne aller Beteiligten gelöst werden können.

Blogserie "Mehr Empathie in der Führung"
Teil 1 („Wie empathisch führe ich?“)
Teil 2 („Empathie entwickeln in der Führung“)

Quellen

  • Badea, L. (2010). The Role of Empathy in Developing the Leader‘s Emotional Intelligence. Theoretical and Applied Economics, XVII, 2, S. 69-78.
  • Blochberger, M. (2010). Emotionale Intelligenz in der Mitarbeiterführung - Mitarbeiter gewinnen, lenken, begeistern. Cornelsen Verlag.
  • Ekman, P. (2004). Gefühle lesen – Wie Sie Emotionen lesen und richtig interpretieren. München: Spektrum Akademischer Verlag.
  • Goleman, D. (2012). Emotionale Führung. Berlin. Ullstein Buchverlag.
  • Neuhaus, H. (2010). Emotionale Intelligenz im Führungsalltag: Mitarbeitende und sich selbst emotional intelligent und kompetent führen. Praxium Verlag.
  • Schmid, T.J. (2010). Empathie in der Personalführung – Eine anwendungsbezogene qualitativ-empirische Studie, Dissertation. Steinbeis Verlag.
  • *Schulz von Thun, F. (2014). Miteinander Reden 2 - Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Rowohlt Verlag.   

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