COVID-19: Lösungen für mobiles Arbeiten
Anna Wenger
Viele Unternehmen haben seit Jahren ihre Fähigkeit zum mobilen Arbeiten ausgebaut. Auch wenn Krisenfähigkeit in den seltensten Fällen die treibende Kraft war, hilft dies jetzt beim Coronavirus-Management. Wenn man noch nicht so weit ist, ist es aber nicht zu spät, jetzt noch zu reagieren. Dazu drei Thesen.
1. These: Mobiles Arbeiten wechselt von der Begeisterungsanforderung zum Grundbedürfnis
Mobiles Arbeiten wurde in vielen Organisationen nicht als Instrument des Krisenmanagements eingeführt. Mobilität wurde eher zur Effizienzsteigerung also leistungsorientiert betrachtet. Im Rahmen des Fachkräftemangels galt es als Instrument der Familienfreundlichkeit, somit begeisternd. Aktuell bietet Mobilität vielen Unternehmen ein Instrument zur Krisenbewältigung. Damit mutiert diese Anforderung von der Leistungs- oder Begeisterungsorientierung zur Basisanforderung Sicherheit. Führungskräfte berichten, wie das noch vor kurzem unbeliebte oder gar belächelte Digitalisierungsprojekt heute die einzige Möglichkeit zur Weiterarbeit sicherstellt.
2. These: Der Grad der Mobilisierung hängt von der Tätigkeit ab
Von dem beschriebenen positiven Nebeneffekt im Business Continuity Management (BCM) können nur Unternehmen profitieren, die im Grundsatz über Mobilitätspotentiale verfügen. Produktions- oder Dienstleistungsbereiche, die zwingend physische (z.B. eine Fabrik) oder zwischenmenschliche (z.B. eine Arztpraxis) Aspekte enthalten, werden durch die Umsetzung von Mobilitätsanforderungen keine flächendeckende Entlastung erhalten. Viele Unternehmen mit klarem Mobilisierungspotential haben dieses aber noch nicht ausgeschöpft. Mobilitätsanforderungen sind über Nacht zu Topthemen im Management avanciert.
3. These: Es ist nicht zu spät – Mobilität kann ad hoc gefördert werden
Es gibt Unternehmen, in welchen der Nutzen der Mobilität in der Zeit vor COVID-19 zu gering schien, um umgesetzt zu werden. Hier wirkt die aktuelle Krise als Dynamisator. Auch während der Krise kann die richtige Investition zu mehr Mobilität und letztlich zur Existenzsicherung beitragen. Nach der Krise werden sich die getätigten Investitionen über leistungsfähigere Prozesse und gesteigerte Mitarbeiterzufriedenheit amortisieren. Es gilt zu entscheiden, welche Potentiale ad hoc erschlossen werden können und welche längerfristiger Analysen bedürfen. Mit dem Kauf von Laptops von der Stange ist es nicht getan.
Praxis-Tipps für Ad-hoc-Umsetzung während der laufenden Krise
- Video-Chat und Telefon-Konferenzen: Wenn Sie keinen professionellen Business- Analysten zur Hand haben, empfehlen wir eine interne Provider-Analyse. Untersuchen Sie nur solche Provider, die in mehreren Online-Vergleichen vorkommen und mehr als fünf Jahre auf dem Markt sind. Bewerten Sie nach einer fünf-minütigen Recherche der Webseite den ersten Eindruck der Visualisierungen des Produktes und schliessen Sie sofort alle Produkte aus, deren Auftritt Sie nicht auf den ersten Blick überzeugt. Vergessen Sie vor dem Entscheid nicht, die Lizenzkosten auf die gesamte Nutzergruppe hochzurechnen. Fragen Sie in Ihrem Umfeld, ob der Anbieter während der Krise Performance-Probleme hatte. Der Teufel steckt im Detail. Es lohnt sich zu klären, ob zusätzliche Kosten durch die Einbildung von Externen oder grösseren Gruppen entstehen. Achtung: Die Einführung dieser Tools wirkt sich auf die Performance Ihrer Netzwerke aus. Erweiterungen oder organisatorische Massnahmen (z.B. Schichtarbeit) zur besseren Lastverteilung können helfen.
- Online Collaboration / Shared Documents: Wenn diese kostenlos angeboten werden, sind die Implikationen für die Sicherheit abzuwägen: Ist es vorübergehend zumutbar mit Sicherheitsabstrichen handlungsfähig zu bleiben? Falls nein, sollten Sie lizenzierte Produkte bevorzugen. Eine flächendeckende Einführung einer solchen lizenzierten Software, die in Ihre Infrastruktur eingebettet ist und die Anforderungen Ihrer Registratur erfüllt, braucht Monate. Sie können diese Hürde umgehen, indem Sie mutig die Strukturen dezentral pro Produkt ad hoc wachsen lassen oder Sie lassen zu, dass die Teams sich vorübergehend auf kostenloser Software dezentral organisieren. Vergessen Sie nicht, eine Deadline zu setzen, wann der Knowledge-Transfer zurück in Ihre zentrale Infrastruktur stattfinden sollte, denn Sie geben das Rechtemanagement aus der Hand. Häufig existiert intern eine solche Infrastruktur bereits, wird aber nur von wenigen Mitarbeitenden genutzt. Suchen Sie diese. Nutzen Sie diese Vorreiter als Multiplikatoren, um ihre Kollegen auf dem neuen System fit zu machen.
- Workflows und Pendenzenverwaltung: Es gibt einige kostenlose Tools, die sofort guten Mehrwert bieten. Zur Identifikation der Produkte kann man vorgehen wie bei der Konferenz-Software oder eine bestehende Analyse einkaufen. Bitte beachten Sie, dass diese Anwendungen zu Folgekosten führen, sobald man sie nach der Krise an bestehende Systeme anbinden möchte. Hier kommen nach den Integrationskosten oft noch Lizenzen hinzu.
- Sichere Kommunikation:Es ist schade, wenn man diese Anforderung erst ad hoc löst, weil Sie so wichtig ist. Wenn man mit "sicher" nicht auf die Verfügbarkeit, sondern auf die Vertraulichkeit anspielt, dann kann man sehr schnell dezentrale Lösungen einführen. Das Vorgehen ist, je ein Produkt pro Kommunikationskanal zu identifizieren (z.B. sichere E-Mails, sichere Gruppenchats, sichere Audiogespräche, sichere Passwörter, sichere Browsernutzung) und zu lizenzieren. Denken Sie daran, Anleitungen zu erstellen. Bei wirklich sicheren Produkten können Sie unter Umständen sogar die Nutzung auf Privatgeräten erlauben. Aber bitte beachten Sie, dass Sicherheit beim schwächsten Glied in der Kette aufhört - z.B. bei den Übergängen zwischen den Kommunikationskanälen.
Noch eine Idee zum Schluss: Es ist mir in der Praxis noch nicht oft begegnet, aber Unternehmen mit ähnlichen Charakteristiken könnten in der Krise ihre Business-Analysen gemeinsam erstellen (lassen), um Zeit und Kosten zu sparen. Viel Erfolg beim Ausbau Ihrer Mobilisierungsfähigkeiten und gute Gesundheit.
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