In einem Interview verrät uns Dr. Karsten Junius, Chief Economist bei der Bank J. Safra Sarasin AG, warum die Schweizer Nationalbank (SNB) nicht müde wird, uns vor den Abwärtsrisiken der Schweizer Wirtschaft und der hohen Bewertung des Schweizer Frankens zu warnen. 

Herr Junius, derweil steigt das Schweizer Wachstum an und profitiert von einem starken Auslandsgeschäft. Die Warnungen der SNB scheinen damit nicht zusammenzupassen. Wie kommt es zu einem solchen Konflikt?

Die letzten geldpolitischen Lagebeurteilungen der SNB waren tatsächlich etwas zu pessimistisch und das Wachstum überraschend gut. Die Fussball-WM hat zusätzlich für positive Sondereffekte gesorgt. Erschwert wird das Prognosegeschäft sicherlich dadurch, dass sich aufgrund neuer Rechnungen durch Revisionen das Schweizer Bruttoinlandsprodukt verändern kann, wie dies im letzten Jahr passiert ist (statt 1,1% ist es plötzlich um 1,6% gestiegen).

Wie kann man sich das Wachstum trotz der Frankenstärke erklären?

Die hohe Bewertung des Franken steht zumindest einer florierenden Exporttätigkeit nicht im Wege, noch dem vom SECO veröffentlichten BIP-Wachstum von immerhin 3,4% gegenüber Vorjahresquartal. Auch der Arbeitsmarkt entwickelt sich sehr positiv, obwohl die protektionistischen Tendenzen und politischen Spannungen, die die SNB als Risikofaktoren anführt, wohl als eingetroffen gelten dürften.

Warum betont die SNB immer wieder die Abwärtsrisiken für die Schweizer Wirtschaft?

Das würde ich nicht prinzipiell kritisieren. Schliesslich sind derzeit mit dem Brexit, dem neuen Protektionismus, den italienischen Budgetplänen und den höheren Ölpreisen auch tatsächlich ausreichend Risiken vorhanden. Wichtig ist allerdings, dass auch die Aufwärtsrisiken ausreichend beachtet werden, sodass die Einschätzungen der SNB nicht einseitig sind. Vielleicht sollte man aber gar nicht zu viel in die Risikoeinschätzung der SNB reininterpretieren. Vor der nächsten Krise nicht gewarnt zu haben, will sich kaum ein Ökonom mehr vorwerfen lassen. Irgendwann wird sicherlich wieder eine Krise eintreffen. Natürlich ist es fraglich, ob permanentes Warnen davor hilfreich ist.

Besten Dank Herr Junius für das interessante Interview! 

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