Stoizismus am Arbeitsplatz Stoizismus am Arbeitsplatz
Philosophie passt auch in den Arbeitsalltag (von Midjourney generiert)

In einer Welt, die von globalen Herausforderungen geprägt ist – sei es die immer grösser werdende Ungleichheit zwischen Arm und Reich, Hungersnöte, Obdachlosigkeit, Pandemien oder Kriege – kann es schwierig sein, eine positive Einstellung zu bewahren. Wir haben alle unsere Gründe, uns zu beschweren und unglücklich zu sein. Oder? Aber was wäre, wenn wir unsere Perspektive ändern und diese Herausforderungen als Chancen betrachten könnten? Gerade in herausfordernden Zeiten wie diesen kann es von entscheidender Bedeutung sein, unsere Denkweise zu verändern und die Gelegenheit zu nutzen, Resilienz zu kultivieren (Sheldon & King, 2001). Denn im Vergleich zu früher haben wir es heute eigentlich viel besser und könnten uns stattdessen über Fortschritte in der Medizin, zunehmende soziale Gerechtigkeit, erleichterten Zugang zu Wissen, verbesserte Infrastruktur und eine signifikant erhöhte Lebensdauer und -qualität freuen. Anstatt uns von Schwierigkeiten entmutigen zu lassen, haben wir die Möglichkeit, Widerstandsfähigkeit aufzubauen, neue Lösungswege zu entdecken und unser volles Potenzial zu entfalten. Das beeinflusst nicht nur unser eigenes Wohlbefinden und unsere Zufriedenheit, sondern kann auch auf andere abfärben und ein inspirierendes Arbeits- und soziales Umfeld schaffen. Indem wir unsere Perspektive ändern und diese Herausforderungen als Chancen betrachten, können wir unsere Resilienz stärken und transformative Veränderungen sowohl in unserem eigenen Leben als auch in der Welt um uns herum bewirken (Seligman, Steen, Park & Peterson, 2005; Sheldon & King, 2001).

Der Negativitäts-Bias

Es liegt in unserer menschlichen Natur, einen Negativitätsbias zu haben (Vaish, Grossmann, & Woodward, 2008). Unsere Wahrnehmung ist darauf ausgerichtet, Gefahren und negative Ereignisse schneller zu erkennen und stärker zu bewerten als positive Aspekte. Daher neigen wir dazu, uns auf Fehler und Mängel zu konzentrieren und zu kritisieren, anstatt positive Lösungen und Ideen einzubringen. Dieser Mechanismus kann jedoch dazu führen, dass wir in einem ständigen Zustand der Kritik verharren, anstatt konstruktive Veränderungen herbeizuführen. Um den Negativitätsbias zu überwinden, ist es wichtig, bewusst positive Vorschläge einzubringen und konstruktive Lösungen anzubieten (Kiken & Shook, 2011). Dies erfordert kreatives Denken, Offenheit und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Indem wir uns auf positive Alternativen konzentrieren und aktive Beteiligung zeigen, können wir eine Atmosphäre des Wandels und des Fortschritts schaffen. Es liegt also an uns selbst, den Negativitätsbias zu überwinden und unsere Energie darauf zu verwenden, positive Veränderungen herbeizuführen, anstatt uns auf das Negative zu konzentrieren. Wie Andy Gilbert einst sagte: "If you look for problems, you will find problems; if you look for opportunities, you will find opportunities." Dieses Zitat verdeutlicht, dass unsere Wahrnehmung eine starke Rolle dabei spielt, was wir in unserem Leben empfinden und erleben. Wenn wir uns auf Probleme und Schwierigkeiten konzentrieren, werden wir zweifellos auf sie stossen. Doch wenn wir unsere Aufmerksamkeit bewusst auf Chancen und Möglichkeiten lenken, werden wir diese ebenfalls finden.

Stoizismus am Arbeitsplatz

Der Stoizismus kann auch eine philosophische Grundlage für die Entwicklung einer ausgewogenen Perspektive und einer positiven Denkweise am Arbeitsplatz bieten. Die Prinzipien des Stoizismus ermutigen uns, die Kontrolle über unsere Wahrnehmung und Reaktionen auf äussere Umstände zu übernehmen (Becker, 2017). Indem wir uns bewusst auf das konzentrieren, was wir beeinflussen können, und uns von dem lösen, was ausserhalb unserer Kontrolle liegt, können wir eine ausgeglichene und positive Einstellung entwickeln. Der Stoizismus ermutigt uns dazu, Hindernisse als Chancen zur persönlichen Entwicklung zu betrachten und negative Situationen als Gelegenheit zur Stärkung unserer Resilienz zu nutzen. Indem wir die Prinzipien des Stoizismus am Arbeitsplatz anwenden, können wir eine produktivere und optimistischere Atmosphäre der Gelassenheit und des positiven Denkens schaffen. Wir können lernen, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, Lösungen zu finden und mit Herausforderungen auf konstruktive Weise umzugehen. 

Die Relevanz der positiven Organisationspsychologie

Die positive Organisationspsychologie spielt eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer gesunden und produktiven Arbeitsumgebung. Indem sie sich auf die Förderung von Wohlbefinden, Engagement und positiven Beziehungen konzentriert, trägt sie dazu bei, das Arbeitsumfeld zu verbessern und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden zu steigern (Bakker & Schaufeli, 2008). Die positive Organisationspsychologie betont die Bedeutung von positiven Faktoren wie sinnstiftenden Aufgaben, Anerkennung, Entwicklungsmöglichkeiten und einer unterstützenden Unternehmenskultur. Durch die Stärkung der individuellen Ressourcen fördert sie das Selbstvertrauen, die Motivation sowie auch die Gesundheit der Mitarbeiter (Bono, Glomb, Shen, Kim, & Koch, 2013). Eine gesunde und produktive Arbeitsumgebung wiederum führt zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit, verbesserter Teamarbeit und einer erhöhten Leistungsfähigkeit auf der individuellen als auch auf der organisationalen Ebene (Kaplan, Bradley, Luchman & Haynes, 2009).

Schlusswort

Meiner Meinung nach kann das Leben mit einem Fitnesscenter verglichen werden, in welchem wir unsere mentale und emotionale Stärke trainieren. Ähnlich wie beim Krafttraining beschweren wir uns im Fitnesscenter nicht darüber, wie schwer die Gewichte sind. Stattdessen freuen wir uns über unsere Fortschritte und darüber, wie viel stärker wir geworden sind und wie viel mehr wir nun stemmen können. Ebenso sollten wir im Leben den Fokus auf unseren persönlichen Wachstum legen.. Jede Hürde, die wir überwinden, macht uns widerstandsfähiger und bereitet uns auf kommende Aufgaben vor. Das Fitnesscenter des Lebens bietet uns die Chance, unsere mentalen Muskeln zu stärken und unsere persönlichen Grenzen zu erweitern. 

«Wir könnten nie lernen, mutig und geduldig zu sein, wenn es nur Freude auf der Welt gäbe.» -Helen Keller

 

Quellen und weiterführende Informationen

Bakker, A. B., & Schaufeli, W. B. (2008). Positive organizational behavior: Engaged employees in flourishing organizations. Journal of Organizational Behavior: The International Journal of Industrial, Occupational and Organizational Psychology and Behavior, 29(2), 147-154.

Becker, L. C. (2017). A new stoicism: revised edition. Princeton University Press.

Bono, J. E., Glomb, T. M., Shen, W., Kim, E., & Koch, A. J. (2013). Building positive resources: Effects of positive events and positive reflection on work stress and health. Academy of Management Journal, 56(6), 1601-1627.

Kaplan, S., Bradley, J. C., Luchman, J. N., & Haynes, D. (2009). On the role of positive and negative affectivity in job performance: a meta-analytic investigation. Journal of Applied Psychology, 94(1), 162.

Kiken, L. G., & Shook, N. J. (2011). Looking up: Mindfulness increases positive judgments and reduces negativity bias. Social Psychological and Personality Science, 2(4), 425-431.

Sheldon, K. M., & King, L. (2001). Why positive psychology is necessary. American Psychologist, 56(3), 216.

Seligman, M. E., Steen, T. A., Park, N., & Peterson, C. (2005). Positive psychology progress: empirical validation of interventions. American Psychologist, 60(5), 410.

Vaish, A., Grossmann, T., & Woodward, A. (2008). Not all emotions are created equal: the negativity bias in social-emotional development. Psychological Bulletin, 134(3), 383.

 

 

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