Wie gut macht sich ChatGPT als Blogautor:in?
Irene Willi Kägi
Wir haben ChatGPT eingeladen, als Gastautor:in auf dem Kalaidos Blog einen Beitrag zu schreiben. Uns interessiert, inwiefern das KI-basierte Tool unsere Blogautor:innen bei der Schreibarbeit unterstützen könnte. Wie steht es um seine schriftliche Kommunikationskompetenz? Drückt es sich verständlich und insbesondere in der Sprache unserer Leserschaft aus? Weiss es, wovon es spricht? Glauben wir ihm bzw. ihr als Expert:in? Und macht es sich darüber Gedanken, wie unsere Leser:innen gewisse Informationen aufnehmen könnten?
Wie ChatGPT sich punkto schriftlicher Kommunikationskompetenz selbst einschätzt
Wie Sie aus ChatGPTs Antwort auf die Frage nach seiner Schreibkompetenz entnehmen können (Abb. 1), ist das KI-Tool ganz schön von sich selbst überzeugt! Doch gibt es auch Schwächen zu. Es fehlt ihm sowohl an menschlichen Emotionen als auch an kreativem Denken.
ChatGPT wäre als Gastautor:in also nicht fähig, sich in die Gefühlswelt des Zielpublikums zu versetzen. Wenn ein Blogbeitrag über das Vermitteln von reinen Informationen hinaus die Leser:innen inspirieren oder zu etwas bewegen soll, ist eine solche Empathiefähigkeit wichtig. Mit dieser Kompetenz kann die Wirkung antizipiert und der Schreibstil entsprechend angepasst werden. Allerdings ist ChatGPT durchaus in der Lage, die Angemessenheit seiner Worte zu prüfen. Dies, weil das KI-Tool von einer unfassbaren Menge von Menschen kreierten Daten trainiert wurde. So ist es auch möglich, dass die mangelnde Empathie in seinen Texten gar nicht so auffallen würde.
Was die fehlende Kreativität betrifft, könnte ChatGPT als Blogautor:in weder komplett neue Ideen liefern, noch eine eigenständige Meinung kundtun. Doch ist das KI-Tool sicherlich in der Lage, eine Vielzahl von wertvollen Aussagen in einer übersichtlichen Form zu generieren, wie Sie im folgenden Abschnitt sehen können.
Wie gut ChatGPT seinen Auftrag als Blogautor:in erfüllt
Schreibe eine Blogbeitrag über: «Wie schreibt man einen guten Blogbeitrag?» mit maximal 3000 Zeichen.
Mit obiger Frage wollten wir zum einen prüfen, ob unser:e Gastautor:in über Expertenwissen im Verfassen von Blogbeiträgen verfügt und zum anderen, wie verständlich er bzw. sie das Wissen rüberbringt. Die Antwort von ChatGPT lautete:
Nun folgt unsere Beurteilung:
Verständlichkeit
Die Hamburger Psychologen Langer, Schulz von Thun und Tausch haben 1974 vier Regeln zur Optimierung der Verständlichkeit von Texten aufgestellt. Diese werden heute noch in Ausbildungen für Journalisten und Journalistinnen gelehrt:
1. Gliederung – Ordnung: Damit ist die folgerichtige, logische sowie sprachliche und optische Gliederung gemeint. Unterschiedliche Gedanken müssen als optische Einheit erkennbar sein, etwa durch Aufzählungspunkte oder durch Fettdruck von wichtigen Aussagen.
Positiv fällt auf, dass unser:e Autor:in ChatGPT den Blogbeitrag in eine klare Struktur aufteilt: Einleitung, Hauptteil inkl. acht Kernaussagen und eine Zusammenfassung. Bei der Aufzählung hält er bzw. sie sich an die Millersche Zahl, wonach ein Mensch gleichzeitig nur sieben plus bzw. minus zwei Informationseinheiten (Chunks) gleichzeitig im Kurzgedächtnis behalten kann. Sehr vorbildlich!
Negativ zu werten ist, dass der Blogbeitrag keinen Titel hat, obwohl ChatGPT diesen als wichtigen Aspekt erwähnt, um die Aufmerksamkeit der Leserschaft zu wecken (vgl. Punkt 2). Das Gleiche gilt für das fehlende Bild. ChatGPT berichtet zwar über dessen Funktion als visuelles Gestaltungsmittel, doch bringt das KI-Tool keines hervor. Letzteres liegt daran, dass ChatGPT es nicht kann. Hier könnte Dall-E 2, das neueste KI-Tool von OpenAI zur Gestaltung von Bildern, einspringen!
2. Klarheit – Einfachheit: Dazu gehört die Wahl von kurzen, gebräuchlichen und treffenden Wörtern. Schon drei Silben oder mehr als zehn Buchstaben sowie unscharfe, zweideutige Wörter können die Leser:innen irritieren. Schreibprofis verwenden in der Regel Verben statt Substantive sowie die Aktiv- statt die Passivform des Verbs. Das macht den Text lebendiger und kraftvoller und meistens kürzer. Sie verzichten auf Fremdwörter und Abkürzungen – auch auf Substantive, die auf -ung, -heit und -keit enden. Zudem achten sie darauf, Fachbegriffe und Anglizismen nur sparsam und wo absolut nötig einzusetzen. Dadurch wirkt der Text konkreter.
Unser:e Gastautor:in punktet mit klaren, einfachen, eindeutigen Wörtern. Das KI-Tool fordert die Leser:innen mittels Verben in der Aktivform auf, selbst aktiv zu werden auf. Ein Schwachpunkt ist, dass es häufig dieselben Wörter hintereinander verwendet, anstatt sie durch gleichwertige Synonyme zu ersetzen. (vgl. Punkt 2: «fesselnd», Punkt 3: «schreiben», Punkt 4: «verwenden», «ansprechend», Punkt 6: «verwenden», Punkt 8: «bieten»). Dies macht den Text langweilig.
3. Kürze – Prägnanz: Generell erleichtern kurze übersichtliche Sätze die Verständlichkeit. In Zeitungsredaktionen gelten 15 bis 25 Wörter pro Satz als Oberstgrenze für die Satzlänge. Lesefreundlichkeit zeichnet sich durch eine Mischung von kürzeren und längeren Sätzen aus. Hauptsachen gehören in Hauptsätze, Ergänzungen und Nebenbemerkungen in Nebensätze. Einschübe und Schachtelsätze sowie Füllwörter («sozusagen», «hiermit», etc.) und Floskeln («diesbezüglich», «seitens», etc.) sind zu vermeiden.
Unser:e Gastautor:in hält sich mit einer durchschnittlichen Satzlänge von 13,97 Wörtern an die Vorgaben für die maximale Satzlänge. Das KI-Tool hat damit einen Lesbarkeitsindex (LIX) von mittlerer Qualität. Es schreibt schnörkellos und wechselt häufig ab zwischen kürzeren Hauptsätzen und etwas längeren Sätzen mit höchstens einem Nebensatz. Bei Punkt 8 weicht es allerdings mit einer komplizierteren Satzkonstruktion von diesem Muster ab: «Stellen Sie sicher, dass Sie Ihrem Leser etwas Neues oder Interessantes bieten, das sie nicht bereits wissen.»
4. Anregung – Stimulanz: Anregung und Stimulanz bedeuten, persönlich und positiv sowie abwechslungsreich und ausdrucksstark zu schreiben. Das heisst, statt das unpersönliche «man», die handelnde Person zu nennen und Verneinungen zu vermeiden. Probleme sind sachlich zu beschreiben und deren positive Seiten zu betonen. Ebenso soll das Mündliche, Frische, Spontane und Ungekünstelte in die schriftliche Sprache einfliessen. Als effektive Stilmittel eignen sich hierzu Satzzeichen wie Doppelpunkt, Fragezeichen, Gedankenstrich und Ausrufezeichen.
Unser:e Gastautor:in spricht die Leser:innen direkt an (vgl. Punkt 1-8), hat eine positive Grundhaltung und verwendet viele positive Wörter wie «verbessern», «erfolgreich», «Mehrwert». Schade, dass ChatGPT ausgerechnet beim Einstieg mit negativen Formulierungen aufwartet. Diese könnten potenzielle Blogautor:innen von dem Schreiben abschrecken: «Einen guten Blogbeitrag zu schreiben, ist nicht immer einfach. Es gibt viele Faktoren, die dazu beitragen, ob ein Beitrag erfolgreich ist oder nicht.» Ausserdem besteht mindestens 80 Prozent des Textes aus Aufzählungen. Dadurch wirkt er etwas eintönig.
Expertenwissen
Auf den ersten Blick mag unser:e Gastautor:in ChatGPT inhaltlich überzeugen. Das KI-Tool hat viele wichtige Kriterien für das Verfassen eines guten Blogbeitrags genannt und nichts wirklich Falsches geschrieben. Jedoch überzeugt es nicht, was die Vollständigkeit und Ausgewogenheit des Inhalts anbelangen. CHatGPT hat sich vor allem auf generelle Schreibregeln fokussiert. Nur bei Punkt 7 erwähnt es ein spezifisches Qualitätskriterium, das nur Online-Texte aufweisen können, nämlich direkte Verlinkungen zu Hintergrundinformationen.
So fehlt auch das Thema der Suchmaschinenoptimierung. Erfolgreiche Blogbeiträge, insbesondere deren Titel und Zwischenüberschriften enthalten relevante Schlagwörter. Diese helfen, den Blogbeitrag in den Suchergebnissen nach oben zu bringen. Hinzu kommt der Aspekt des doppelten Contents bzw. Duplicate Contents. Das heisst, dass der gleiche Blogbeitrag nicht auf mehreren Webseiten stehen darf. Suchmaschinen filtern diese heraus, bewerten sie als negativ und senken das Suchmaschinen-Ranking der betreffenden Webseiten.
Fazit
Unser:e Gastautor:in ChatGPT hat Vieles richtig gemacht. Einiges falsch. Das KI-Tool schreibt zwar in vollständigen Sätzen und meist verständlich. Als Blog-Experte oder -Expertin konnte es sich jedoch nicht beweisen: Die Thematik hat es nur auf einer oberflächlichen Ebene behandelt. Auch fehlen fundierte Aussagen oder Quellen. Wer sich mit dem Thema nicht auskennt, weiss also nicht, ob die Aussagen stimmen.
Als Blogautor:in kann ich ChatGPT dennoch nutzen. Ich kann bei ChatGPT eine allgemeine Idee oder ein Thema eingeben und das Tool kreiert Ideen in Form von einfachen und strukturierten Texten. Diese kann ich als Ausgangspunkt oder Leitfaden zum Schreiben verwerten und weiter vertiefen. ChatGPT bringt den Ball ins Rollen und kann eine Schreibblockade vermeiden. Zur Recherche von fundierten Quellen eignet sich das Tool nicht. Auch eine fehlende Schreibkompetenz kann es nicht ersetzen.
Ich wünschte mir, dass es mich dabei unterstützen könnte, längere wissenschaftliche Texte kurz, prägnant und treffend zusammenzufassen, die ich als Quelle für meine Blogbeiträge verwerten kann. Dann wäre ich sein grösster Fan!
P.S: Der AI-Inhaltsdetektor von Copyleaks hat unseren Gastbeitrag als zu 99,9 Prozent von KI generiert eingeschätzt (siehe Abb. 3). Die Kriterien für seine Bewertung sind leider nicht bekannt.
Quellen und weiterführende Informationen
Copyleaks. AI-Inhaltsdetektor.
Becker, J. (2023). Should You Use ChatGPT to Write SEO Copy? Jumpfly.
Comos-Birmanns, M. (2023). Was Sie über ChatGPT wissen sollten. Kalaidos Blog.
Langer, I.; Schulz von Thun, F. & Tausch, R. (2019). Sich verständlich ausdrücken (11. Aufl.). München: Ernst Reinhardt Verlag.
Willi Kägi, I. (2020). Unternehmensblog: So wird er erfolgreich! Kalaidos Blog.
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CAS FH in KI-Management (Künstliche Intelligenz / Artificial Intelligence)
Certificate of Advanced Studies (CAS)