Glaskugel Glaskugel
Der Blick in die Glaskugel zeigt: Niemand kann die Zukunft vorhersehen. (Symbolbild)

Die Trendforschung beschäftigt sich mit der Identifizierung des Unbekannten. Ein Trend ist eine Veränderung oder eine angenommene Entwicklung hin zu etwas Neuem oder Andersartigem, das eine nachhaltige Wirkung hat. Der Duden beschreibt einen «Trend» als eine Grundrichtung einer statistisch erfassbaren Entwicklung (wirtschaftliche Entwicklungstendenz), die (linear) in eine Richtung geht und sich kontinuierlich verstärkt. Trends haben einen Einfluss auf alle, viele oder einige Branchen und können einen nachhaltigen Wertewandel in der Gesellschaft auslösen. Sie müssen unterschiedlich eingeordnet und kognitiv verankert werden. Die angewandte Wissenschaft spricht in diesem Zusammenhang von Megatrends, soziokulturellen Trends, Technologietrends, Konsumtrends, Modetrends und Mikrotrends.

Trendforschung und Zukunftsforschung sind nicht dasselbe, ergänzen sich aber. Die Zukunftsforschung ist die wissenschaftliche Befassung mit möglichen, wünschbaren und wahrscheinlichen Zukunftsentwicklungen und Gestaltungsoptionen, sowie deren Voraussetzungen in Vergangenheit und Gegenwart. Es ist eine systematische, reflexive, strategische Disziplin mit dem Ziel, mögliche Auswirkungen von Trends zu analysieren. Die Gewinnung von wissenschaftlich fundiertem Orientierungs- und Handlungswissen über mögliche divergierende Zukunftsentwicklungen wird durch die Erfassung und Antizipation möglicher Zukunftsentwicklungen und der Auseinandersetzung mit alternativen Zukünften erreicht. In jüngerer Zeit finden integrative, kommunikative und partizipative Elemente immer stärkeren Eingang in den Erkenntnisprozess der Zukunftsforschung.

Konjunkturzyklen sind Wellen

Ein Wachstumstrend wird in der Volkswirtschaft anhand des Bruttoinlandproduktes gemessen. Seit Jahren geht der Trend relativ konstant nach oben. Festzustellen, wann es von einer Hochkonjunktur zu einem Abschwung (Rezession) kommt, ist die grosse Kunst. Viele Unternehmen, Trendforschungsinstitute oder Anlage-Gurus versuchen das herauszufinden. Die Statistik zeigt, dass die meisten Prognosen falsch sind. Deshalb ging man in der Praxis dazu über, in Szenarien zu denken. Dabei werden mögliche Zukunftsbilder entwickelt und beschrieben. Man versucht so, die Zukunft besser planbar zu machen. Aber auch hier gibt es Herausforderungen: So hat die Credit Suisse, stellvertretend für viele andere Firmen, im Sommer 2018 die nächste Rezession als weit entfernt und extrem unwahrscheinlich erklärt. Für dieses Szenario wurden plausible Gründe wie positive Zinskurven, tiefe Schuldenlast oder hohe Unternehmensgewinne herangezogen. Diese quantitativen Indikatoren sind bestimmt relevant. Im Rahmen der digitalen Transformation können wir jedes Jahr mehr Daten sammeln und mit Hilfe von künstlicher Intelligenz besser analysieren und Hochrechnungen anstellen. Trotzdem befand sich die Schweiz zwei Jahre nach der Prognose der Credit Suisse in der schlimmsten Rezession der letzten 45 Jahre mit einem BIP-Sturz von -8.2 Prozent.

Wieso werden Wachstumszahlen permanent korrigiert und die Aussagekraft von Wirtschaftsprognosen immer schwächer? Benutzen wir die falschen Indikatoren oder die falschen Modelle? Was erschwert uns den Umgang mit der Zukunft?

Die Prognosequalität hängt von vielen Faktoren ab

Eine grosse Herausforderung bei Konjunkturprognosen ist die objektive Beurteilung immer neuer und mehr Daten. Dabei sind viele Indikatorenwerte provisorisch und müssen im Nachhinein (oft grundlegend) revidiert werden. Die Informationsflut führt zu steigender Komplexität und Dynamik und macht es immer schwieriger den Durchblick zu behalten, was sich negativ auf die Prognosequalität auswirkt. Es scheint logisch, dass je kürzer der Prognosehorizont, desto besser die Prognose. Schaut man mehr als drei Jahre in die Zukunft, so ist die Treffsicherheit bereits sehr bescheiden. Die Erkenntnisse der Konjunkturprognose decken sich mit Weizenpreisprognosen, Strompreisentwicklungen oder Aussagen zum zukünftigen Arbeitsplatz und gelten beinahe für alle Trends.

Um in der Zukunftsforschung die Prognosequalität zu steigern, benötigen wir eine ganzheitliche Sicht. Dazu müssen Unternehmen die zukünftige Entwicklung der Unternehmensumwelt im Kontext einer Trend- und Umfeldanalyse berücksichtigen. Die sogenannte PESTEL-Analyse berücksichtigt beispielsweise Faktoren aus den Dimensionen Politik, Ökonomie, Sozialem, Technologie, Ökologie und Recht. Eine weitere Methode ist die Delphi-Analyse, bei der die zu bestimmenden Megatrends, die Zustimmung und das mögliche Zeitfenster des Trendeintritts erfasst werden. Informationen von Interviews und Expertenbefragungen werden in mehreren Schlaufen verdichtet und zur Beschreibung eines zukünftigen Szenarios benutzt.

Komplexität und Dynamik beherrschen Markteintrittsstrategien und Internationalisierungsprozesse. Bei Trends führt die Vernetzung zu Komplexität; die Prognosegenauigkeit wird allerdings durch die Dynamik beeinflusst. Es ist demzufolge wichtig, zu verstehen, woher der Trend kommt und wie er sich im Laufe der Zeit entwickelt. Wenn dann noch Schocks, denen Experten und Entscheider völlig ratlos gegenüberstehen (sogenannte schwarze Schwäne) eintreffen, ist das dynamische Chaos perfekt. Wir kennen das von der Dotcom-Blase 2000, den Terrorattentaten 9/11, der Finanzkrise 2007, Fukushima 2011 und natürlich von der Corona-Pandemie seit 2020.

Wie entstehen Trends?

Die meisten Trends werden nicht erfunden oder ausgerufen – sie sind eher das konzentrierte Ergebnis der systematischen Beobachtung, Beschreibung und Bewertung neuer Entwicklungen. Sie entstehen oft in Köpfen als Ideen und Meinungen und wandeln sich erst später in Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle um. Megatrends beispielsweise „entstehen“ eigentlich nicht. Es sind langfristige Entwicklungen mit bedeutender Relevanz für Wirtschaft und Gesellschaft, die sich mit hoher Verlässlichkeit in die Zukunft „verlängern“ lassen und so eine Generation beschäftigen.

Neues lässt sich anfangs oft nur in Form qualitativer Beobachtungen und der Deutung schwacher Signale (Weak Signals) erkennen. Unter schwachen Signalen verstehen wir erste Anzeichen für strategische Diskontinuitäten, das heisst mögliche Veränderungen in der Zukunft. Schwache Signale wirken wie unausgereifte Warnzeichen und müssen systematisch gesucht (Scouting) und ernst genommen werden. Ihre Muster dienen schliesslich als Indikatoren für zukünftige Trends. Auch wenn die Trendanalyse ein entscheidender Schritt ist, müssen Sie stets frühzeitig die Auswirkungen auf Ihr Geschäft skizzieren, um erfolgreich am Markt agieren zu können.

Fazit

Natürlich kann niemand die Zukunft vorhersehen. Wir müssen aber in der Lage sein, plausible Annahmen über die Entwicklung der Einflussfaktoren in der Zukunft zu treffen. Die Berücksichtigung von Trends und das Treffen unterschiedlicher Annahmen ist subjektiv und führt letztendlich zu diversen Zukunftsbildern. Trends spielen dabei eine wichtige Rolle, denn fast unabhängig von deren Art, haben sie grosses Potential, wenn sie frühzeitig identifiziert und gezielt in Handlungen umgesetzt werden. Auf der anderen Seite bergen sie grosse Risiken, wenn sie nicht erkannt oder falsch bearbeitet werden. Solche strategischen Überraschungen sind in vielerlei Hinsicht für die Geschäftsentwicklung nicht förderlich.

Eine systematische Auseinandersetzung mit Trends ist für den nachhaltigen Unternehmenserfolg unausweichlich. Dabei kann die Trendforschung die Zukunftsforschung unterstützen, da sie durch die Auseinandersetzung mit der Gegenwart und das Aufspüren „schwacher Signale“ einen wertvollen Input liefert. Um einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen, müssen Sie früher mit gezielten Massnahmen auf Trends reagieren als Ihre Konkurrenz. Verpassen Sie also lieber mal einen Trend, als einen Trend falsch einzuschätzen!

Weiterführende Informationen:

Die Kalaidos FH hat die Relevanz von Trends für die Strategieentwicklung aufgenommen. Im neuen Master-Modul von Daniel Fasnacht Global Trends, Impact, Strategies werden seit 2021 Theorien und Konzepte der Trend- und Zukunftsforschung und der Szenarioplanung gelehrt. Auch im Master-Modul International Business Development werden Trend- und Innovationsmanagement konzeptionell und praktisch aufgenommen.

Autor/in
Daniel Fasnacht

Dr. Daniel Fasnacht

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Master of Science FH in Business Administration mit Vertiefung in International Business Development

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