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Wie wirkt sich die fortschreitende Digitalisierung am Arbeitsplatz auf (ältere) Generationen aus? (Symbolbild)

Der diesjährige HR-Barometer der Universität Zürich vereint zwei aktuelle Trends zu einem Schwerpunktthema: die fortschreitende Digitalisierung am Arbeitsplatz und die Alterung der Gesellschaft. Wie nehmen also Beschäftigte in der Schweiz die fortschreitende Digitalisierung am Arbeitsplatz wahr? Welche Unterschiede existieren zwischen den Generationen? Und wie wirkt sich dies auf ihre Arbeitseinstellungen aus?

Die zwischen März und Juni 2020 durchgeführte Befragung fand in der Zeit statt, da die Weltgesundheitsorganisation die Verbreitung der Covid-19-Krankheit als weltweite Pandemie einstufte. Sicherlich hat die Digitalisierung aufgrund von Lockdown und Homeoffice an Bedeutung gewonnen. Welcher Anteil auf das Konto der ausserordentlichen Lage geht, ist aufgrund fehlender Vergleichsdaten jedoch nicht feststellbar.

Relative grosse Offenheit versus Wunsch nach Abgrenzung

Fest steht: Die Befragten schätzen ihre Arbeitgeber als relativ offen gegenüber Digitalisierungstrends ein: Fast drei Viertel geben an, dass ihr Arbeitgeber digitale Technologien anwendet oder bereit ist, diese für Verbesserungen beizuziehen. Knapp die Hälfte der Unternehmen haben die operativen Kernprozesse digitalisiert und automatisiert. Ebenso viele Unternehmen setzen auf datengestützte Entscheidungen. Sechs von zehn Unternehmen ermöglichen flexibles Arbeiten mit Zugriff auf den Computer und stellen digitale Techniken der Zusammenarbeit (z.B. Videokonferenz-Tools) zur Verfügung.

Digitalisierungsgrad Unternehmen

Digitalisierungsgrad auf Unternehmens- und individueller Arbeitsplatzebene (Grafik: HR-Barometer 2020. Universität Zürich.)

Auf der individuellen Ebene ist generell in allen Altersgruppen eine positive Einstellung gegenüber der Digitalisierung im Arbeitsumfeld vorherrschend. Das heisst, die Digitalisierung wird als Chance wahrgenommen. Doch sind die älteren Beschäftigte gegenüber der Digitalisierung etwas kritischer eingestellt und stufen die Gefahren, die von der Digitalisierung ausgehen, höher ein als jüngere Beschäftigte.

Während die Hälfte der Befragten die digitalen Optionen für flexibles Arbeiten aktiv nutzen, berichten rund 60 Prozent, dass sich Arbeit und Privates in der Praxis vermischen. So würden rund drei Viertel eine klare Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben bevorzugen. Bei älteren Beschäftigten ist dieser Wunsch noch ausgeprägter. Das ist in der aktuellen Situation, in der weiterhin viele Personen von zuhause aus arbeiten, ein wichtiger Befund.

Empowerment versus elektronische Überwachung

In einer digitalisierten Arbeitswelt ist es für Mitarbeitende wichtig, von der Führungskraft so unterstützt zu werden, dass sie sich entwickeln und Eigenverantwortung übernehmen können. So erfahren immerhin zwei Drittel der Befragten diese Art von Empowerment durch ihre Vorgesetzten: Sie fühlen sich voll und ganz oder zumindest eher ermächtigt, neue Fähigkeiten zu erlernen und Entscheidungen autonom treffen zu können.

Dagegen machen den Befragten die elektronische Überwachung ihres Arbeitgebers zu schaffen: Knapp die Hälfte berichtet, dass der Zugriff auf bestimmte Internetseiten blockiert oder gefiltert ist. Etwas mehr als ein Fünftel wird beim Besuchen von Internetseiten überwacht und 20 Prozent fühlen sich entsprechend durch den Arbeitgeber in ihrer Privatsphäre eingeschränkt. Insbesondere in der Finanz- und Versicherungsbranche ist der Überwachungsgrad seitens des Arbeitgebers am höchsten. Dies kann allerdings mit dem in dieser Branche üblich hohen Vertraulichkeitsgrad erklärt werden. Die Ergebnisse zeigen auch, dass ein ausgeprägtes Monitoring sich negativ auf das Commitment der Beschäftigten auswirkt.

Digitalisierung und elektronisches Monitoring

Elektronisches Monitoring (Grafik: HR-Barometer 2020. Universität Zürich)

Altersstereotypen und digitale Selbstwirksamkeit

Ein erheblicher Handlungsbedarf für Arbeitgeber, aber auch für Führungspersonen sowie Arbeitskolleginnen und -kollegen, besteht bezüglich den Vorurteilen gegenüber den älteren Generationen – etwa, dass sie generell weniger geschickt im Umgang mit neuen Technologien seien. So identifizieren nur etwas mehr als zehn Prozent der Beschäftigten keine negativen Vorurteile gegenüber älteren Arbeitnehmenden am Arbeitsplatz. Und: Überwiegen negative Altersstereotypen, schätzen ältere Beschäftigte die eigenen Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Technologien tendenziell geringer ein. Hinzu kommt, dass Vorurteile gegenüber älteren Beschäftigten sich negativ auf die Bereitschaft auswirken, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten. Dieses Ergebnis dürfte von hoher Relevanz sein, da 40 Prozent der Befragten sich vorstellen können, länger zu arbeiten. Die Ergebnisse zeigen auch, dass ein offenes Klima gegenüber neuen Technologien die digitale Selbstwirksamkeit positiv beeinflusst.

Digitalisierung und Altersstereotypen

Verbreitung von Altersstereotypen im Unternehmen (Grafik: HR-Barometer 2020. Universität Zürich)

Fazit und Empfehlungen

Die Resultate des diesjährigen HR-Barometers offenbaren: Ältere Beschäftigte sind prinzipiell genauso positiv gegenüber der Digitalisierung eingestellt wie jüngere Beschäftigte. Der Digitalisierungsgrad des Unternehmens hat insgesamt keinen Einfluss auf die grundlegende Arbeitseinstellung der Befragten. Dagegen wirkt sich ein hoher Digitalisierungsgrad der eigenen Arbeit negativ auf die Arbeitszufriedenheit aus. Was hinzu kommt: Altersstereotypen scheinen nicht nur die Selbstwirksamkeit älterer Generationen zu verringern, sondern auch ihre Bereitschaft, nach dem offiziellen Renteneintrittsalter weiterzuarbeiten. Hier sollen Arbeitgeber ansetzen und auf lange Sicht mit gezielten HR-Praktiken ein positives Unternehmensklima schaffen sowie in die Entwicklung ihrer Beschäftigten investieren:

  • Die Integration von neuen Technologien in bestehende Arbeitsabläufe sollte gut geplant und begleitet werden. So könnte vor und nach der Implementierung mittels einer Befragung die Auswirkung auf die Arbeitszufriedenheit gemessen und entsprechend Massnahmen daraus abgeleitet werden.
  • Die Regelung flexibler Arbeitszeiten und -orte kann wesentlich dazu beitragen, Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen – beispielsweise indem Erreichbarkeit sowie Reaktionszeiten auf E-Mails und Telefonate definiert werden.
  • Arbeitgeber sollen Beschäftigte über das Ziel des Monitorings (Qualitätssicherung, Compliance-Anforderungen, Arbeitszeiterfassung) aufklären und sie mitentscheiden lassen, ob sie daran teilnehmen wollen.
  • Vor dem Hintergrund, dass ein altersdiskriminierendes Unternehmensklima zu einer schlechteren Unternehmensleistung kann, empfiehlt sich, den Zugang zu Weiterbildungen unabhängig vom Alter zu ermöglichen.
  • Mit dem Angebot von Reverse Mentoring können Beschäftigte dazu motiviert werden, auch nach dem offiziellen Rentenalter noch für den Betrieb tätig zu sein.
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