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Diversity ohne Inklusion von Vielfalt hat keine Zukunft. (Symbolbild)

Diversity, sprich Vielfalt, ist in unserer globalisierten Wirtschaftswelt schon überall vorhanden. Worauf es jetzt ankommt, ist die Inklusion von Vielfalt in Unternehmen. Denn nicht zuletzt ist Diversity Management ein mächtiges Werkzeug, um sich im Wettbewerb um qualifiziertes Personal behaupten zu können. So lautete die Kernbotschaft von Helena Trachsel, Leiterin Fachstelle Gleichstellung des Kantons Zürich, am kürzlich durchgeführten Workhack der Kalaidos Fachhochschule. In einer interaktiven, sehr persönlichen Diskussionsrunde machte sie die Teilnehmenden mit dem aktuellen Entwicklungsstand des Themas vertraut. Ebenso wurden Strategien zur Umsetzung und Best-Practice-Beispiele ausgetauscht.

Diversity Management und Inklusion wozu?

Die Diversity-Expertin sieht ihren Auftrag darin, Chancengleichheit und Gerechtigkeit, sozialer Ausgleich sowie die Kraft des gesellschaftlichen Miteinanders voranzutreiben. Eine gelungene Umsetzung von Diversity Management beginnt laut Trachsel damit, dass Unternehmen realisieren, dass es um viel mehr als die Gleichstellung der Geschlechter geht. Sie betrifft auch die Vielfalt von Generationen, sexueller Orientierung, körperlicher und geistiger Fähigkeiten, sozialer Herkunft, Religionen und Lifestyles. So sollten Unternehmen dafür sorgen, dass Vielfalt, Inklusion und Teilhabe ein selbstverständlich gelebter Teil der Kultur werden.

Entwicklungsstand und Herausforderungen

Die Diversity-Debatte wurzelt in der amerikanischen Human-Rights-Bewegung der 1960er-Jahre. Ab 1990 hielt Diversity Management in die betriebliche Strategie des Personalmanagements Einzug. Das Konzept wurde hauptsächlich entwickelt, um Klagen andersfarbiger Arbeitnehmenden entgegenzuwirken. Diskriminierung im Erwerbsleben sollte im Sinne von „Equal Employment Opportunities“ verboten werden.

Heutzutage versteht sich Diversity Management als Human-Resources-Ansatz, welcher Unterschiedlichkeiten der Beschäftigten anerkennt, wertschätzt und sie als strategische Ressource produktiv im Sinne der Unternehmensinteressen nutzt. Die Mehrheit der Schweizer Firmen sehen „Diversität“ als Aufgabe der Personalabteilung, wobei eine oder mehrere Personen intern die Verantwortung für Diversität und Inklusion übernehmen. Bei wiederholter oder extremer Diskriminierung und sexueller Belästigung werden Konsequenzen gezogen. Vielerorts existieren auch Diversitätslehrgänge.

Die demografische Entwicklung, die sinkende Zahl Erwerbstätiger, der wachsende Anteil berufstätiger Frauen, zunehmende Migration, erschwerte Planbarkeit durch die aktuelle Pandemie – das sind Bedingungen, unter denen Institutionen und Unternehmen heute agieren müssen. Ihr Erfolg hängt davon ab, wie gut es Ihnen gelingt, möglichst viele diverse Perspektiven einzubinden und daraus Neues und Innovationen entstehen zu lassen.

Retraditionalisierung der Frauenrolle

Die Covid-19-Pandemie hat uns deutlich vor Augen geführt, dass insbesondere die Geschlechtergleichheit in einem fragilen Gleichgewicht steht. Laut einer vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann in Auftrag gegebene Studie zur Arbeitsbelastung der Schweizer Bevölkerung lag die zusätzliche Belastung durch Homeschooling und Kinderbetreuung während des Lockdowns stärker auf den Schultern von Frauen als von Männern (Sotomo, 2020). Und: Die dadurch verminderte Arbeitskapazität machte sich am meisten bei den gut gebildeten Frauen bemerkbar. Diese Art der Arbeitsaufteilung kommt einer Retraditionalisierung der Geschlechterrollen gleich und passt zur Aussage Trachsels, dass Männer am Arbeitsplatz selten, dafür zuhause umso öfter "Nein" sagen. Bei den Frauen sei dies genau umgekehrt. Frauen leisten bei der Arbeit selten Sondereinsätze, dafür zuhause umso mehr.

Dass die Inklusion von Frauen zu wenig voranschreitet, liegt laut Trachsel auch an den Frauen selbst. In Karriere-Workshops für Frauen mit PhD-Abschluss erlebt sie, dass diese sehr bescheiden sind und ihren Marktwert überhaupt (noch) nicht kennen. Die Fragen, welche die Teilnehmerinnen beschäftigen, lauten: "Werde ich mit 33 Jahren überhaupt eingestellt?" "Fürchten sich Arbeitgeber vor dem Risiko, dass neueintretende Mitarbeiterinnen in meinem Alter bald darauf schwanger werden und ausfallen?" "Hätte ich vielleicht nicht heiraten sollen, weil dadurch meine beruflichen Chancen sinken?" Auch würden Nichtakademikerinnen, die bereits in der Arbeitswelt Fuss gefasst haben und Mutter geworden sind, im professionellen Umfeld ihre Mutter-Rolle zu sehr in den Vordergrund stellen.

Lösungsansätze und Strategien

Grundsätzlich hindern Biases gegenüber Menschen, die anders sind, Unternehmen daran, Inklusion in Gang zu setzen, so die Diversity-Fachfrau. Etwas Fremdes ist gefährlich, das haben uns unsere Urväter gelehrt, also lieber sich auf gewohnten und sicheren Pfaden bewegen. Inklusion bedeutet dagegen, die Komfortzone zu verlassen: Nur wenn man sich überwindet und sich auf das Fremde einlässt, verliert man die Angst davor. Und nur so kann die Fähigkeit wachsen, verschiedene Verhaltensweisen und Individuen wertzuschätzen und effektiv zu integrieren.

Diversity und Inklusion in Unternehmen entwickeln sich über drei Ebenen: Bewusstsein und Commitment, KPIs und Aktionsprogramm sowie Beharrlichkeit und Geduld, fährt Trachsel fort. Der Fortschritt lässt sich anhand fünf verschiedener Phasen erkennen: Von "Diversität und Inklusion ist kaum oder überhaupt nicht vorhanden" bis hin zu "Verantwortung und Handlungen punkto Diversität und Inklusion werden im gesamten Unternehmen aktiv wahrgenommen" (siehe Abb.). Letzteres heisst beispielsweise, Diversitätsmanagement eng mit Entscheidungen über Bezahlung und Beförderung zu verbinden.

Phasenmodell Inklusion
Inclusion von Diversity Phasen-Modell (Grafik: Fachstelle Gleichstellung Kanton Zürich)

Fit für den Erfolg

Wie Trachsel betont, ist die erfolgreiche Umsetzung einer Inklusionsstrategie an spezifische Bedingungen und Vorgehensweisen geknüpft:

  • Diversität und Inklusion müssen umfassend gedacht, vom Management getragen und Top-down umgesetzt werden.
  • Das Verständnis für verschiedene Kulturen und Geografien sowie globale Geschäftsprozesse und Ressourcen muss im gesamten Unternehmen vorhanden sein.
  • Chancengleichheit darf nicht nur als Schlagwort im Unternehmensleitbild stehen, sondern muss in angemessener Form in alle Unternehmens- und Managementprozesse einfliessen und als Ausdruck der Unternehmenskultur gelebt werden.
  • Bei der Stellenbesetzung und Entwicklung von Talenten ist Diversität über das ganze Unternehmen hinweg sicherzustellen.
  • Ein inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen ist Pflicht. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es Mitarbeitende und Teams dabei unterstützt, das Maximum an Potenzial aus sich herauszuholen.

Eine Teilnehmerin stellt lakonisch fest, dass es wahrscheinlich noch einige Generationen braucht, bis die Schale der Zwiebel abgelöst ist und alle Ängste und Biases gegenüber Andersartigkeit in Unternehmen abfallen. Dazu beitragen könnte natürlich ein vermehrter Einbezug des "Fremden" in der Gesellschaft und Politik. Heute leben im Kanton Zürich  rund 40 Prozent Nicht-Schweizerinnen und -Schweizer. Weil diese nicht abstimmen können, sind sie auch nicht an den Entwicklungen unseres Landes beteiligt. So seien laut Trachsel mehr Einbürgerungen und Mitbestimmung nötig.

Wie sieht denn Inklusion bei Ihnen selbst oder in Ihrem Unternehmen aus? Sind Sie bereit, die grosse Entwicklungschance zu ergreifen?

Autor/in
Irene-Willi

Irene Willi Kägi

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