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Plattform-Arbeitende, die bewusst oder unbewusst Schwarzarbeit verrichten, verstossen gegen das Gesetz und müssen mit Sanktionen und Bussen rechnen. (Symbolbild)

Online-Plattformen, die Dienstleistungen wie Essenslieferung, Wohnungsvermietung oder Reinigungsarbeiten anbieten, haben ihren festen Platz in der Wirtschaft gefunden und wachsen rasant. Allerdings arbeiten viele Auftragnehmende solcher Plattformen schwarz – sei es wissentlich oder unwissentlich. Sie entrichten weder Sozialabgaben noch versteuern sie ihr Einkommen. Wie viele Einnahmen dem Staat und den Sozialversicherungen dadurch verloren gehen, ist nicht bekannt. Behörden und Betreiber:innen von Online-Plattformen sind jetzt gefordert, etwas gegen virtuelle Schwarzarbeit zu tun.

Wie es zur virtuellen Schwarzarbeit kommt

Bezahlte Tätigkeiten im Auftrag von Dienstleistungsplattformen auszuführen, scheint für viele Menschen eine attraktive Arbeitsform zu sein. Sie dienen als zusätzliche Verdienstmöglichkeit oder als Haupteinnahmequelle. Sie bieten zeitliche und örtliche Flexibilität und lassen sich gut mit Familienaufgaben vereinen. Ebenso kommen sie als Zwischenlösung für Stellensuchende in Frage.

Was dabei oft missachtet wird: Wer sein Haupt- oder ein Nebeneinkommen mit Plattform-Dienstleitungen generiert, ist verpflichtet, Sozialabgaben (AHV, IV, ALV, usw.) zu leisten und die Einnahmen zu versteuern. Und Ausländer:innen müssen über eine Arbeitsbewilligung verfügen. Bis heute gibt es zwar keine eindeutige juristische Definition der Schwarzarbeit, doch spricht man beim Verstoss gegen obengenannte Rechtsvorschriften (Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht Ausländerrechts, etc.) von Schwarzarbeit (BBl, 2002).

Was vielleicht erstaunt: Die Plattform-Arbeitenden haben zu wenig Kenntnis über ihre Steuer- und Sozialversicherungspflichten, wie eine kürzlich durchgeführte Umfrage der Eidgenössischen Finanzkommission (EFK) und Berner Fachhochschule zeigt. Der grösste Teil der Befragten weiss nicht, ab wann diese Einnahmen steuerpflichtig sind oder bei der Sozialversicherung angemeldet werden müssen. Ferner nennen die von der EFK befragten Behörden die Komplexität der Gesetzgebungen als Hindernis, sich mit diesen auseinanderzusetzen, insbesondere für Personen, die erstmalig oder nur selten kommerzielle Tätigkeiten auf Plattformen ausführen. Erschwerend kommt hinzu, dass Selbstständige nicht automatisch durch die nationalen Systeme der Einkommensteuern und Sozialabgaben erfasst werden. So oder so, (Teil-)Selbständig Erwerbende sowie Arbeitnehmende und Arbeitgebende, die bewusst oder unbewusst Schwarzarbeit verrichten, verstossen gegen das Gesetz und müssen mit Sanktionen und Bussen rechnen.

Wie sich die Missachtung der Rechtsvorschriften auswirkt

Virtuelle Schwarzarbeit hat zahlreiche negative Auswirkungen. Nach Schätzungen der EFK bewegen sich die Umsätze von Plattformdienstleistenden, welche in der Schweiz steuer- und sozialversicherungspflichtig sind, im tiefen bis mittleren einstelligen Milliardenbereich. Dadurch entstehen zum einen enorme Einnahmeausfälle beim Staat und den Sozialversicherungen. Zum anderen werden die Leistungsansprüche der Schwarzarbeitenden beeinträchtigt. So sind sie weder gegen Krankheit noch Arbeitslosigkeit versichert. Da sie nicht in die berufliche Altersvorsorge einzahlen, haben sie ein erhöhtes Risiko für Altersarmut. Nicht zuletzt kann virtuelle Schwarzarbeit zu Lohndumping und Ausbeutung von Arbeitnehmenden führen sowie Anbietende von Dienstleistungen ausserhalb der Plattformökonomie benachteiligen.

Intransparente Prozesse der Plattform-Betreibenden und fehlende Kontrollinstrumente fordern Behörden heraus

In der Schweiz sind die Kantone in der Pflicht, das Gesetz zur Bekämpfung von Schwarzarbeit (BGSA, 2020) zu überwachen. Als Kontrollorgane amten Arbeitsinspektorate, Ämter für Arbeit oder Migrationsämter. Leider fehlen den Behörden laut der EFK insbesondere im Bereich der Plattformökonomie Instrumente für effiziente Prüfungen und Kontrollen. Viele Plattform-Arbeitende üben ihre Tätigkeiten von zu Hause aus. Eine Kontrolle durch das Steueramt in einer privaten Wohnung kommt wohl nur in einem drastischen Fall von Schwarzarbeit vor.

Die kantons- und länderübergreifenden Tätigkeiten auf den Online-Plattformen sind zum Teil intransparent oder anonym. Gewisse Aktivitäten wie die Vermittlung oder Bezahlung von Auftragnehmenden sind nicht immer für die Behörden sichtbar oder werden von den Plattform-Arbeitenden nicht deklariert. Dies aus bereits erwähnten Gründen wie Unwissenheit, falsche Annahmen oder bewusste Steuerhinterziehung. Zudem ist in der Praxis die Abgrenzung zwischen Selbstständigen, Angestellten und Schwarzarbeitenden oft schwierig und fliessend.

Massnahmen gegen virtuelle Schwarzarbeit: Gesetzesanpassungen, Transparenz, Sensibilisierung und Kooperation

Auf internationaler Ebene begegnet man diesen Herausforderungen mittels konkreter Massnahmen, die auf mehr Transparenz abzielen. Dabei handelt es sich vor allem um Auskunfts- oder Meldepflichten der Plattformen gegenüber den Behörden. Die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) hat entsprechende Musterregeln verabschiedet. Die Europäische Union (EU) hat am 01. Januar 2023 im Rahmen des Pakets für eine faire und einfache Besteuerung Meldepflichten und einen Datenaustausch eingeführt (Ecommerce Europe, 2021).

In der Schweiz gibt es für die Plattform-Betreibenden ungenügende Informations-, Auskunfts- und Meldepflichten. Gemäss der EFK gilt es, die rechtlichen Grundlagen für Auskunfts- oder Meldepflichten der Plattformen gegenüber den Behörden zu schaffen. Ausserdem sollten die erforderlichen Informationen für die effiziente Prüfung und Kontrolle potenzieller Schwarzarbeit den Vollzugsstellen zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere empfiehlt die EFK, die Plattform-Arbeitenden im Bereich der Steuern bezüglich ihrer Rechte und Pflichten zu sensibilisieren.

Weitere Empfehlungen kommen von einem interdisziplinären Forscherteam der Hochschule Luzern (HSLU), welches die Rolle der Online-Arbeitsplattformen bei der Wegbereitung und Verhinderung von virtueller Schwarzarbeit untersucht hat (Baumann et al., 2022). Der Untersuchung zufolge unternehmen rund 40 Prozent der Plattformbetreibenden nichts zur Verhinderung von Schwarzarbeit. So sollte es gemäss Ute Klotz, Mitglied des Forschungsteams, Plattform-Arbeitenden möglichst einfach gemacht werden, sich bei den Sozialversicherungen anzumelden (Informatik-Blog HSLU, 2023). Oder man sollte ihnen gestatten, Pauschalen zu entrichten. Eine Erleichterung wären auch Freibeträge, die nicht deklariert werden müssen.

Wie Klotz weiter ausführt, engagieren sich aktuell sogenannte Fair-Crowd-Work-Initiativen von Gewerkschaften und Plattform-Beschäftigten dafür, die Arbeitsbedingungen auf den Plattformen zu verbessern. Dazu gehört, dass Plattformen ihre Arbeitnehmenden freiwillig über die nötigen Formalitäten und Abgaben informieren und sie dabei unterstützen. Solche Aktivitäten würden laut der Forscherin auch der Imagepflege der Plattform-Betreibenden dienen. Noch seien aber nur einige wenige deutsche Plattformen bei solchen Initiativen dabei. Da Online-Plattformen grenzüberschreitend Arbeit anbieten, seien gemeinsame Anstrengungen verschiedener Länder bei der Bekämpfung virtueller Schwarzarbeit nötig, wie das die EU bereits initiiert hat.

Fazit

Auftragnehmende von Online-Arbeitsplattformen geniessen viele Vorteile, wissen aber oft zu wenig über ihre Steuer- und Sozialversicherungspflichten. Hinzu kommen Plattform-Arbeitende, die bewusst Steuern hinterziehen und es kommt zur Schwarzarbeit. Dies führt zu Steuerausfällen beim Staat und Mindereinnahmen in der Sozialversicherung. Plattform-Arbeitende gehen mit virtueller Schwarzarbeit nicht nur finanzielle Risiken ein, sondern machen sich auch strafbar. Im EU-Raum sind schon sinnvolle erste rechtliche Schritte in Form von Meldepflicht und Datenaustausch eingeleitet worden. Für die Schweiz gibt es noch einiges zu tun. Eine Zusammenarbeit mit der EU und aussereuropäischen Ländern ist zwingend, wenn sie virtuelle Schwarzarbeit systematisch und effektiv bekämpfen will.

Autor/in
Irene-Willi

Irene Willi Kägi

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