Schild Gehaltstransparenz Schild Gehaltstransparenz
Auf dem Weg zu mehr Lohngerechtigkeit kommt man am Thema Lohntransparenz nicht vorbei. (Symbolbild)

Lohntransparenz ist im Kontext von neuen Arbeitsmodellen hoch im Kurs und wird oft auch als Basis für mehr Lohngerechtigkeit gesehen. Im Folgenden soll diese Hypothese genauer unter die Lupe genommen werden: Führt Lohntransparenz zu mehr Lohngerechtigkeit – und falls ja, unter welchen Bedingungen? Woran wird Lohngerechtigkeit festgemacht? Was ist unter Lohntransparenz zu verstehen?

Lohntransparenz – welche Arten gibt es?

Es gibt verschiedene Arten von Lohntransparenz (Brunner, 2017; siehe auch Abb.): Die summarische Lohntransparenz bezieht sich auf eine Gruppe von Löhnen, beispielsweise Lohnvergleiche, welche innerhalb bestimmter Branchen zwischen den einzelnen Unternehmen durchgeführt werden (Benchmarks). Von individueller Lohntransparenz spricht man, wenn in einer Organisation die effektiven Löhne einzelner Mitarbeitenden offengelegt werden. Und schliesslich gibt es noch die Systemtransparenz, bei welcher offengelegt wird, wie der Lohn zustande kommt.

Tabelle: Drei Arten von Lohntransparenz
Abb.: Formen der Lohntransparenz (eigene Darstellung nach Sturzenegger & Hoch, 2004, zit. in Brunner, 2017)

Jede dieser Transparenzarten wirkt sich unterschiedlich auf die Fairnesswahrnehmung von Mitarbeitenden aus. Werfen wir zuerst einen Blick auf die summarische Lohntransparenz.

Summarische Lohntransparenz und Marktgerechtigkeit

Wenn von „fair pay“ die Rede ist, meint man in der Regel marktgerechte Entlohnung. Für Arbeitnehmende bedeutet Marktgerechtigkeit, dass sie einen Lohn erhalten, der ihren Qualifikationen, Fähigkeiten und Erfahrungen entspricht und im Einklang mit den marktüblichen Löhnen vergleichbarer Funktionen in ihrer Branche und Region steht. Um diese Marktgerechtigkeit zu gewährleisten, bedarf es eben der summarischen Lohntransparenz. Marktgerechtigkeit kann unterschiedlich aufgezeigt bzw. gemessen werden: Üblicherweise erfolgt dies über Lohnvergleiche zwischen Unternehmen in vergleichbaren Branchen oder auch auf Plattformen wie Salarium oder Glassdoor, die Lohnrechner und Informationen über Löhne für bestimmte Jobs anbieten.

Problematik Marktgerechtigkeit

Hier zeigt sich bereits die erste Krux: Auf welchen Daten basieren diese aggregierten Informationen? Werden effektiv die gleichen Funktionen miteinander verglichen? Wie werden die unterschiedlichen Organisationen im Vergleich zueinander gewichtet? Von wem stammen die Informationen, wie wurden sie aufbereitet und mit welcher Intention? Welche Informationen wurden nicht berücksichtigt (wie Ferientage, Anzahl Wochenstunden oder überobligatorische Sozialleistungen)?

Generell besteht bei Marktvergleichen also die Gefahr von Verzerrungen. Dennoch: Diese Angaben können sowohl (potenziellen) Mitarbeitenden als auch Unternehmen eine Orientierung bezüglich Marktgerechtigkeit bieten – vorausgesetzt, sie werden mit einem kritischen Blick auf die Datenbasis gelesen und interpretiert.

Lohnangaben in Stelleninseraten

Auch Angaben von Lohnbändern in Stelleninseraten sind eine Form von summarischer Lohntransparenz. Hierzu belegt eine Studie klar, dass dies zu mehr Lohngerechtigkeit führen kann (Brandl et. al, 2018). In Österreich ist es seit Anfang 2018 für Organisationen verpflichtend, Lohnangaben in Stelleninseraten zu publizieren. Die Studie stellte fest, dass geschlechtsspezifische Lohnunterschiede reduziert werden, wenn Gehaltsangaben in Form von Bandbreiten publiziert werden. Ein wichtiger Schritt also in Richtung Minimierung des sogenannten „Gender Pay Gap“.

Was heisst das nun für die entsprechende Debatte in der Schweiz? Wenn Unternehmen in der Schweiz ihre Lohnbänder in Stelleninseraten publizieren, geht es u.a. auch um die Positionierung der eigenen Arbeitgebermarke: Es sollen primär Bewerbende erreicht werden, die sich von Werten wie „Transparenz“ angesprochen fühlen. Die steigende Tendenz an publizierten Lohndaten in Stelleninseraten auf dem Schweizer Arbeitsmarkt zeigt, dass immer mehr Organisationen dieses Instrument gezielt nutzen und auch von Mitarbeitenden – vor allem jüngeren – nachgefragt wird. Lohn als Tabuthema war gestern.

Damit allein ist es natürlich noch nicht getan: Lohnbänder mit einer Breite von 20‘000 CHF ermöglichen immer noch einen grossen Handlungsspielraum für Lohnverhandlungen. Hierbei sind Frauen nachweislich schlechter gestellt als Männer. Der Grund liegt in Vorurteilen bezüglich geschlechterspezifischem Verhalten: Wenn Frauen für ihre Rechte resolut eintreten, wird dies weniger akzeptiert als wenn Männer dies tun. Wenn Frauen hingegen die Erwartungen sozialer Erwünschtheit erfüllen und sich genügsam geben, handeln sie entsprechend tiefere Löhne für sich aus (Sander & Burger-Kloser, 2020).

Plus: Lohnangaben in Stelleninseraten unterliegen ebenfalls Verzerrungspotenzialen. So wird durch die Lohnangabe ein Halo-Effekt erzeugt, indem der Blick auf die „magische Zahl Lohn“ gelenkt wird. Andere, ebenfalls wichtige Informationen zum Stellenangebot werden so „überstrahlt“. Tatsächlich wäre aber gerade in Stellenanzeigen eine umfassendere Darstellung des Gesamtpakets erstrebenswert, um die Passung der Bewerbenden und letztlich die Mitarbeiterbindung noch mehr zu erhöhen. Dies gilt gerade, wenn sich Lohnangaben noch nicht als Pflicht oder Usus in Stelleninseraten durchgesetzt haben.

Ausblick

Die grösste Herausforderung bei der Offenlegung von Lohnangaben in Stelleninseraten liegt jedoch in der internen Umsetzung: Damit die Lohngerechtigkeit nachhaltig gewährleistet werden kann, braucht es eine solide und nachvollziehbare Vergütungsstruktur. Dies setzt wiederum ein gewisses Mass an Systemtransparenz voraus: klare Kriterien, wie der Lohn zustande kommt. Wie dies gelingen kann und welche Wirkung die individuelle Lohntransparenz auf die wahrgenommene Fairness hat, zeigt dieser Folgebeitrag auf: "Individuelle Lohntransparenz versus Systemtransparenz".

Quellen und weiterführende Informationen

Arnold, A., Fulmer, I., Sender, A., Allen, G., Staffelbach, B. (2018). Compensation and Pay Transparency Practices in Switzerland. Survey Report. HSLU: Luzern

Brandl, J., Yilmaz, L., Schönherr, B. (2018). Können Gehaltsangaben dazu beitragen, den Gender-Pay-Gap zu verringern? In: Organization & Society, Working Paper Series, 3-2018. Universität Innsbruck: Innsbruck

Brunner, D. (2017). Bröckelndes Tabu. In: PersonalSchweiz, Feb 2017, S. 16-17.

Rohrer, M. (2013). Führen Marktvergleiche zu einer höheren Lohnsumme? Eine explorative Vorstudie. ZHAW: Winterthur

Sander, G., Burger-Kloser, D. (2020). Lohndiskriminierung beginnt bei der Rekrutierung. In: HRToday

Autor/in
Monika Rohrer

Monika Rohrer

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