Präferenzieller Ursprung Präferenzieller Ursprung
Bild: Kalaidos FH

In einem zweiteiligen Experten-Interview verrät uns Ivo Pollini (MAS in MWST/VAT / LL.M. VAT, Zollfachmann mit eidg. Fachausweis), welche Zollfragen bei ihm aus Beratersicht im Mittelpunkt stehen und was der präferenzielle Ursprung für die Einfuhr von Produkten bedeutet. 

Ivo Pollini ist Inhaber der Added Value GmbH, MWST- und Zollberatungen, in CH-Hettlingen. Er verfügt über 25 Jahre Erfahrung im Zollrecht sowie über mehr als 20 Jahre Erfahrung im MWST-Recht. Bei internationalen Transaktionen ist er Ansprechpartner für MWST-Beratung Schweiz, Umsatzsteuerberatung EU und Zollberatung aus einer Hand. Zudem ist Ivo Pollini Dozent des Studiengangs CAS FH in Zollrecht an der Kalaidos Fachhochschule. 

Kalaidos Blog: Herr Pollini, Sie beraten Unternehmen in zollrechtlichen Fragen sowie im Mehrwertsteuerbereich. Im Vorgespräch haben Sie ausgeführt, dass Zollfragen Ihrer Kunden ständig zunehmen. Worauf führen Sie dies zurück?

Herr Pollini: Nun, wir leben und arbeiten in einer globalisierten Welt. Die grenzüberschreitenden Warenströme nehmen zu. Als Drittland im Verhältnis zur EU, dem wichtigsten Handelspartner für die Schweiz, stellt jede Einfuhr in und Ausfuhr von Gegenständen aus der Schweiz eine Transaktion dar, die zollrechtlich korrekt gehandelt werden muss. Die Zollfragen meiner Kunden stellen sich oft auch im Kontext der Klärung von Sachverhalten aus mehrwertsteuerrechtlichen Gesichtspunkten.

Kalaidos Blog: Aus welchen Bereichen des Zollrechts richten Ihre Kunden hauptsächlich Fragen an Sie?

Herr Pollini: Es sind Fragen zum präferenziellen Ursprung, zur MWST auf der Einfuhr von Gegenständen in die Schweiz und in die EU, zur Zolltarifierung von Produkten sowie zu Zollverfahren.

Kalaidos Blog: Präferenzieller Ursprung, was bedeutet das?

Herr Pollini: Dazu muss ich etwas ausholen. Die Schweiz bzw. die EFTA, deren Mitglied die Schweiz und übrigens auch Liechtenstein ist, haben mit verschiedenen Handelspartnern Freihandelsabkommen geschlossen. Ziel dieser Freihandelsabkommen ist u.a., Handelshemmnisse auch in Form der Erhebung von Einfuhrzollabgaben auf Produkten zu beseitigen, die aus dem Zollgebiet des Freihandelspartners in das eigene Zollgebiet eingeführt werden. Diese Produkte müssen bestimmte Kriterien erfüllen, damit sie als solche mit eben präferenziellem Ursprung im Zollgebiet des Freihandelspartners gelten. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so werden bei der Einfuhr von Produkten mit präferenziellem Ursprung in der Regel keine Zollabgaben erhoben.

Kalaidos Blog: Das tönt komplex und technisch.

Herr Pollini: Das haben Sie recht. Und wenn sich dann Detailfragen stellen, ob im konkreten Fall der präferenzielle Ursprung Schweiz z.B. an einer Maschine gegeben ist, dann kann es anspruchsvoll werden. Denn für die Herstellung der Maschine in der Schweiz können hunderte von Einzelkomponenten verwendet werden, welche verschiedene präferenzielle Ursprünge aufweisen. Hinzu kommt, dass die Schweiz einige bilaterale Freihandelsabkommen geschlossen hat, so z.B. mit der EU und mit China. Betreffend China liegt auch ein wesentlicher Unterschied zur EU vor. Die EU behandelt Produkte chinesischen Ursprungs als solche mit Drittlandursprung. Weiter profitiert die Schweiz als Mitglied der EFTA von mehr als 20 so genannter multilateraler Abkommen, welche die EFTA mit Drittländern geschlossen hat. Im Extremfall müssen die Kriterien, welche ich vorhin erwähnt hatte, die ein Produkt erfüllen muss, um Zollpräferenzursprung Schweiz zu erhalten, nach jedem dieser Freihandelsabkommen gesondert beurteilt werden. Sie sehen – komplex!

In der Fortsetzung wird Herr Pollini auf Praxisprobleme bei der Einfuhrsteuer genauer eingehen.

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