Kompetenzorientierung in der Weiterbildung
Irene Willi Kägi
Individualisierung, Flexibilisierung, Unabhängigkeit von Zeit und Ort: Das sind Entwicklungen, die sich aufgrund der zunehmenden Digitalisierung in der heutigen Arbeitswelt immer mehr etablieren. Diesen muss insbesondere in der Weiterbildung von Berufspraktikern Rechnung getragen werden – davon ist die Hochschulentwicklung der Kalaidos Fachhochschule überzeugt. Sie hat sich gemeinsam mit digital switzerland, KPMG und Adecco in einer Arbeitsgruppe mit dem Thema der Bildung im digitalen Zeitalter auseinandergesetzt und zukünftig geforderte Kompetenzen herausgearbeitet. Der darauf basierende Kompetenzkompass soll den Studierenden eine möglichst individuelle und flexible Karrieregestaltung ermöglichen.
Einige grosse, zukunftsorientierte Unternehmen sind bereits Vorbild darin, in Zukunft relevante Kompetenzen zu analysieren sowie Talentförderungsprogramme individuell mit passenden Lernformen und -orten auszurichten. Im Bildungsbereich unterscheiden sich die Weiterbildungsmöglichkeiten zwar durch unterschiedliche Kriterien bzw. Kategorien und Unterkategorien, wie z.B. Medium, Themengebiet, Kompetenzen etc. Doch die Vielzahl der Weiterbildungen und der Kriterien machen die Angebote für den Weiterbildungswilligen unübersichtlich. Hinzu kommt, dass Begriffe wie Digitalisierung, Transformation, Agilität oder Automatisierung nicht einheitlich definiert sind. Das wirft Fragen bezüglich deren Bedeutung auf und erschwert die Wahl für die richtige Weiterbildung.
Was Bildung im digitalen Zeitalter bedeutet
Als Bildungsinstitution besteht die Notwendigkeit nicht nur darin, die zukünftig geforderten Kompetenzen zu ermitteln und zu definieren, sondern diese den Weiterbildungswilligen gegenüber transparent zu kommunizieren. Zudem sollen Studierende diese Kompetenzen selbst wählen können oder stellvertretend für sie die Vorgesetzten, Personalentwickler etc. Begleitung und Beratung seitens des Bildungsanbieters gehört selbstverständlich auf Wunsch dazu. So soll die Hochschule der Zukunft keine Schule mehr sein, sondern eine Potenzialentwicklungswerkstatt, die kompetenzorientiert mit den Studierenden arbeitet und sich durch individuelle und flexible Studienangebote auszeichnet. Digitale Bildung bedeutet zudem, die individuellen Leistungsvoraussetzungen der Studierenden zu beachten und sie zur Erreichung der Ziele mittels Technologie, Auswahlprozesse etc. multioptional zu befähigen.
Kompetenzen im Zeitalter der Digitalisierung
Es ist unumstritten, dass in der Arbeitswelt bezüglich der aktuell und zukünftig geforderten Kompetenzen im Bereich der Digitalisierung eine Lücke besteht. Die Arbeitsgruppe der Kalaidos Fachhochschule unterscheidet dabei zwischen den sogenannten General Skills und den Specific Skills:
- General Skills: Bei den General Skills handelt es sich um sogenannte Metakompetenzen. Das sind Kompetenzen, die zum Lebenslangen Lernen befähigen und die Grundlage für die spezifischen Skills bilden. Zu den General Skills gehören: Agility & Adaptability, Complex Problem Solving, Communication & Collaboration, Digital & Data Insights, Responsibility & Entrepreneurship und Leadership. Diese Kompetenzen sollten allen Weiterbildungen inhärent sein.
- Specific Skills: Die Specific Skills (SPS) bestehen weitgehend aus Methoden- und Fachkompetenzen. Diese Kompetenzen werden heute bereits benötigt und werden zukünftig an Bedeutung zunehmen: Data & Design, Marketing, Product Management, Technology & Engineering, Innovation und Cyber. Hier braucht es ein Angebotskonstrukt als Basis sowie Vertiefungs- und Aktualisierungsangebote.
Kompetenzkompass für eine personalisierte kompetenzorientierte Weiterbildung
Aufbauend auf diesen General und Specific Skills sowie in Anlehnung an die einschlägige Literatur zur Bildung (Erpenbeck & Heye 2010, Gnahs 2010, Tscherk 2013, Benz 2005, Erpenbeck & Sauter 2013, Sauer & Staudt 2016, Strauch, Jütten & Mania 2009) hat die Hochschulentwicklung der Kalaidos FH einen Kompetenzkompass entwickelt. Dieser zeigt die heute und in Zukunft gefragten fachlich-methodischen und sozial-methodischen Kompetenzen auf. Die in Zukunft relevanten Kompetenzen können in einem kompetenzorientierten Studium individuell erworben werden. Dabei entscheiden Studierende selbst nach Kriterien wie: Was brauche ich zukünftig an Kompetenzen? Was interessiert mich? Was will ich verbessern? Wann habe ich Zeit? etc. Daraus ergibt sich eine maximal personalisierte und kompetenzorientierte Studienform.
Wie BerufspraktikerInnen von kompetenzorientierter Weiterbildung profitieren
Studierende, die selbstbestimmt lernen können, dürften von einer höheren Motivation und Zufriedenheit mit ihrer Lernsituation profitieren und damit den Studienerfolg positiv beeinflussen. Studienabsolventen, die über ganz spezifische Kompetenzen mitbringen, die auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Zukunft zugeschnitten sind, können sich in Bewerbungssituationen Vorteile versprechen. Absolventen zeichnen sich zudem durch Meta-Kompetenzen aus, die Lebenslanges Lernen und ständige Weiterbildung ermöglichen. Die Erweiterung ihrer beruflichen Rolle oder die Übernahme einer neu geschaffenen Funktion dürfte ihnen nicht schwerfallen, was nicht zuletzt ihre persönliche Karriereentwicklung fördert.