Übereilter Projektstart Übereilter Projektstart
Übereilter Projektstart (Symbolbild)

Ein Projekt starten – das ist doch schnell gemacht. Vorgesetzte wünschen sich häufig von ihren Projektleitenden, dass sie direkt „loslegen“. Doch ist das realistisch? Sollte sich ein/e Projektleiter/in darauf einlassen? Was heisst es, ein Projekt zu starten? Und warum ist diese Phase so wichtig?

Unternehmen stehen unter einem stetigen Kosten- und Lieferdruck, möchten schnell Ergebnisse erzielen und hierfür möglichst wenig Ressourcen einsetzen. Doch tun sich Vorgesetzte keinen Gefallen, ihre Projektleitende auf einen zu schnellen Projektstart zu drängen. Mit der Übergabe der Idee für ein Projekt soll innerhalb kurzer Zeit („für das Managementmeeting morgen“) ein Zeitplan („Top Level reicht“) mit den damit verbundenen Kosten („ganz grob“) vorgelegt werden.

Weshalb Projekte übereilt gestartet werden

Was soll mit einem solchen Schnellschuss erreicht werden? Die Führungskraft zeigt damit, wie dynamisch ihre Projektleitenden sind: Sie greifen Aufgaben sofort auf und setzen sie direkt um. Das übergeordnete Management soll damit Vertrauen in die Fähigkeiten des Vorgesetzten und seine Projektleitenden gewinnen, die Priorität des Projekts anerkennen und dafür umgehend Ressourcen und Budget reservieren – nicht, dass sie an ein anderes Projekt vergeben werden. Das verhält sich wie beim Reservieren einer Liege am Pool: Liegt das Handtuch erst einmal auf dem Liegestuhl, erhebt der Urlaubende Anspruch auf „seinen“ Platz am Schwimmbecken. Der drängelnde Vorgesetzte möchte zudem verhindern, dass KollegInnen das Projekt infrage stellen, denn die Ressourcen und das Budget sind ausschliesslich für das Projekt reserviert – schliesslich wurden sie vom Management bewilligt. Doch mit diesem Schnellschuss wird es im weiteren Verlauf schwierig, die Erwartungen des Managements zu erfüllen, denn ein gemeinsames Verständnis aller Beteiligten liegt zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor.

Die Konsequenzen eines übereilten Projektstarts

Die Reservation von Budget und Ressourcen sind keine guten Gründe einen Projektstart übers Knie zu brechen, denn die Konsequenzen des übereilten Projektstarts werden bis zum Abschluss des Projekts spürbar sein. Zu einem guten Projektstart gehört, dass der Projektleitende die Idee des Projekts verstanden hat. Die Idee muss in einem Projektauftrag klar formuliert vorliegen, in dem idealerweise auch die ersten Ziele und das Kernteam definiert werden. Ganz wichtig – und häufig vergessen – ist zu betrachten, was In- und Out-of-Scope ist: Soll z.B. nur eine neue Maschine beschafft werden oder gehört zum Projektauftrag auch die Infrastruktur oder die Validierung dazu?

Diese unterschiedlichen Punkte haben entscheidenden Einfluss auf die Teamzusammensetzung, den zeitlichen Rahmen und die benötigten finanziellen Mittel. Es ist also nicht sinnvoll, gleich die ersten Ergebnisse vorzeigen zu wollen, denn alle Zahlen, die in einem Managementmeeting als „grobe Schätzung“ genannt werden, werden sehr selektiv gehört. Das heisst, diese Zahlen werden zitiert, weiterverbreitet und auf deren Einhaltung gepocht. Dass es sich dabei um einen „Schnellschuss“ handelt, wird überhört. Der Projektleitende und sein Vorgesetzter werden bis zum Abschluss des Projekts immer wieder daran gemessen und müssen jedes Mal erklären, weshalb sie im Statusbericht angeben „auf Plan“ zu liegen, wo doch ganz klar eine zeitliche und/oder monetäre Abweichung ersichtlich ist.

Stimmt etwas mit der Projektdurchführung nicht?

Das ist eine Frage, die oft gestellt wird, wenn Projekte schief laufen. Vielmehr sollte die Frage heissen: „Stimmt etwas mit dem Start nicht?“ Wurde zu Projektbeginn klar abgestimmt, was wann vom Projekt zu liefern und zu reporten ist? In der Regel geben Prozesse in Unternehmen darüber Auskunft. Diese Prozesse sollte der Projektleitende gut kennen. Zumindest sollte er deutlich machen, dass er erste Konzepte sowie zeitliche und monetäre Schätzungen frühestens in einem Managementmeeting präsentieren kann und wird, wenn zum einen die Spielregeln und Erwartungen allen klar sind und er zum anderen ausreichend Zeit bekommt, sich auf die abgestimmten Punkte vorzubereiten.

###

Quellen und weiterführende Informationen

Kraus, G. & Westermann, R. (2014). Projektmanagement mit System: Organisation, Methoden, Steuerung, 5. Auflage, Wiesbaden: Gabler Verlag.

Jenny, B. (2017). Projektmanagement - das Wissen für eine erfolgreiche Karriere, 6. Auflage, Zürich: vdf Hochschulverlag.

Wie können Sie sich als Projektleiter/in in den Spannungsfeldern zwischen Auftraggeber und Dienstleister, internen und externen Anspruchsgruppen und dem Projektteam souverän bewegen? Im CAS FH in Projektmanagement erwerben Sie die dafür notwendigen Kompetenzen und viele weitere Praktiken für die erfolgreiche Führung von Projekten.

Facebook Twitter Xing LinkedIn WhatsApp E-Mail