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Rollendefinition für HR (Symbolbild)

Unternehmen, die sich in einer Wachstumsphase befinden oder zum Beispiel im Rahmen einer Effizienzsteigerungsstrategie Transformationsprozesse einleiten, müssen früher oder später auch die Rollen im Personalmanagement neu formulieren. Im Zentrum stehen dabei oft einfache Fragen: "Wen sollen wir für unsere Personalabteilung suchen? Was muss die Person können?" Die Fragen scheinen einfach und relevant. So wichtig die Beantwortung der Fragen für den nachhaltigen Erfolg der Unternehmung ist – einfach zu beantworten sind sie nicht. Die Kenntnis der strategischen, strukturellen und kulturellen Belange sowie deren systematische Analyse ermöglichen bestenfalls, sich einer Rollendefinition anzunähern. 

In meiner beruflichen Tätigkeit befasse ich mich mit der Entwicklung, Implementierung und Veränderung von Strukturen und Prozessen – sei es gesamtorganisatorisch oder HR-spezifisch. Immer wieder stiess ich in Gesprächen mit CEOs auf die Herausforderung, eine unternehmensspezifische Rollendefinition verständlich darzustellen und zu begründen. Aus diesem Grund suchte ich bereits seit längerer Zeit ein System, welches die Sprache der normativen/strategischen Ebene verwendet und gemeinsame Bilder entstehen lässt, ohne durch subjektive Erfahrungen, Werte und Emotionen verfärbt zu werden. Deshalb widmete ich mich gemeinsam mit Patricia Egli in unserer Masterarbeit im MAS FH in Personal- und Organisationsentwicklung an der Kalaidos Fachhochschule der systematischen Definition von Rollen im HR.

Das Ziel der Forschung im Rahmen der Masterarbeit

Während in grossen Unternehmen schon lange Rollenmodelle im Einsatz sind, scheinen diese für mittlere Unternehmen nicht zielführend zu sein, wie man in Gesprächen mit normativen und strategischen Entscheidungsträgern oftmals hört. Sind jedoch die Faktoren, welche eine Rollendefinition beeinflussen, bekannt, kann jedes Unternehmen – unabhängig von seiner Grösse – die Rolle des HRM und damit die Anforderungen an die Personen, denen HR-Aufgaben übertragen werden, transparent definieren. Es ging uns in unserer Masterarbeit also darum, eine solide Basis und relevante Erkenntnisse zu den Einflussfaktoren zu ermitteln. Auf dieser Basis sollte nachgelagert ein entsprechendes Instrument entwickelt werden, das in mittleren und grösseren, bei Bedarf auch in kleinen Unternehmen zur Anwendung gelangen kann, wenn Rollen und Aufgaben des HR definiert werden sollen.

Die Herausforderung und die Überraschung

Das Instrument zu den Rollen war grundsätzlich einfach gefunden, rasch bot sich das Rollenmodell von Dave Ulrich an. Dieses hat sich in grossen Unternehmen etabliert und bewährt sich auch heute noch. Als Nächstes ging es darum, von grossen Unternehmen und Konzernen zu lernen, welche ihre HR-Rollen nach diesem Modell definiert hatten: Auf der Basis der Kriterien, nach welchen diese Unternehmen ihre HR-Rollen definiert hatten, wollten wir sozusagen aus der gemeinsamen Schnittfläche die Kriterien ableiten, welche auch für KMU Gültigkeit haben konnten. Die Interviews, die wir zu diesem Zweck mit einigen namhaften Personalchefs führten, waren äusserst interessant und lehrreich, die ermittelten Kriterien ergaben jedoch keinen gemeinsamen Nenner. So mussten wir uns von Grund auf auf die Suche nach entsprechenden Faktoren machen. Folgende Aspekte waren wichtig:

  • Identifikation von Einflussfaktoren, welche gleichermassen für mittlere und grössere Unternehmen relevant sind, unabhängig von der Branche, Grösse, Strategie und weiteren Differenzierungsmerkmalen
  • Treffen der Sprache, der Bilder und des Verständnisses aller Entscheider auf normativer und allenfalls strategischer Ebene
  • Einbindung der Faktoren in die vier Ausprägungen nach Dave Ulrich, ohne die Entscheider zu zwingen, das Modell zu kennen und zu verstehen   

Gleichzeitig wollten wir die Komplexität der gesamten Anforderungen möglichst reduzieren.

Um die Einflussfaktoren definieren zu können, verwendeten wir sowohl das St. Galler Management-Modell mit seinen Ebenen und Einflussfaktoren auf die Unternehmen als auch das Business-Partner-Modell von Dave Ulrich. Beide Modelle zerlegten wir minutiös in kleinste Einzelteile, schafften Verbindungen zwischen den einzelnen Aspekten und kreierten daraus einen Fragebogen. Diesen schickten wir an 130 CEOs in der Deutschen Schweiz.

Die Ergebnisse waren sehr interessant, allerdings war lediglich ein grober gemeinsamer Nenner erkennbar: In KMU werden operative HR-Aufgaben mehrheitlich der Führungskraft übertragen, in der Verantwortung der HR-Person liegen eher strategische Aufgaben. Bei jedem Unternehmen schienen die Faktoren individuell ausgeprägt zu sein und die Antworten waren äusserst breit gestreut. So liess sich kein nachvollziehbarer gemeinsamer Nenner für die Einflussfaktoren eruieren (siehe Abbildung).

Auswertung-HR-Business-Partner-Modell

Auswertung der Befragung entlang des HR- Business-Partner-Modells nach Dave Ulrich: Mittelwerte der Antworten der befragten CEOs (Bild)

Auch die Validierungsinterviews mit einzelnen Entscheidungsträgern ergaben keine klare Aussage. Erst die Erläuterung des HR-Business-Partner-Modells und die Bitte an die Gesprächspartner, die Wunsch-Ausprägung in das Gitter einzutragen, führte zur überraschenden Lösung: Der minutiöse Fragebogen diente bereits als Instrument für die Definition der Rollenausprägung: Die Auswertung der Fragebogen ergab im Vergleich mit der Wunsch-Ausprägung eine vollständige Übereinstimmung. Das Instrument zur HR-Rollendefinition war gefunden!

Fazit

Einmal mehr zeigt sich, dass das Rad nicht neu erfunden werden muss, die professionelle Kombination von bewährten Modellen und Instrumenten mit einer strukturierten Weiterentwicklung schafft Exzellenz. Und darauf aufbauend schaffen Vereinfachung und Systematisierung Effektivität. Seit Abschluss der Masterarbeit konnte das Instrument in der Praxis bereits mehrfach erfolgreich erprobt werden – und es funktioniert.

Quellen

Ulrich, D. (2016, Oktober). RE: Your Business Partner Model - the four role dimensions. Boston: Harvard Business School Press.

Rüegg-Stürm, J., & Grand, S. (2015). Das St. Galler Management-Modell (2., vollständig überarbeitete und grundlegend weiterentwickelte Auflage). Bern: Haupt.

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