Im ersten Teil meiner Blogserie bin ich auf die Dynamik von Konflikten und deren Kosten eingegangen. Ferner habe ich aufgezeigt, wie ein Vorgesetzter einen Konflikt mit dem Team lösen kann. Scheitert eine interne Konfliktklärung, weil sich z.B. die Parteien nicht mehr konstruktiv begegnen können oder keine Lösung finden, ist eine Mediation mit einem externen Mediator empfehlenswert.

Was ist eine Mediation?

Ziel einer Mediation ist das Finden einer für die Parteien akzeptablen Lösung. Bezüglich der im ersten Teil der Blogserie erwähnten Konfliktstufen von Glasl (2013) kann davon ausgegangen werden, dass auf den Stufen 4-6 eine gütliche Einigung der Parteien möglich ist, auf den Stufen 7-9 aber personelle Konsequenzen gezogen werden müssen. Durch ein strukturiertes Gesprächsverfahren schafft Mediation den nötigen Raum, in dem sich die Parteien näherkommen, offen miteinander reden und kreative Lösungen schaffen, die von allen Parteien befürwortet werden können.Grundsätze der Mediation sind Freiwilligkeit und Verschwiegenheit. Der Mediator ist allen Parteien gleichermassen verpflichtet. Er fördert die Kommunikation der Parteien und gewährleistet, dass die Parteien in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden sind. In einer Mediation werden zunächst Vorgespräche mit dem/der Auftraggeber/-in und den einzelnen Beteiligten geführt, erst danach erfolgt die Klärung im Team.

Klärungshilfe – eine Mediations-Methode zur Konfliktklärung

Die Klärungshilfe ist eine eigenständige Methode zur Konfliktklärung. Eigenständig darum, weil sie sich in einigen zentralen Punkten von klassischen Mediationsverfahren unterscheidet:

  • Keine Einzelvorgespräche: eine ausführliche Vorbesprechung findet nur mit der beteiligten Führungskraft statt. Der/die Klärungshelfer/-in begegnet den Situationsschilderungen der Betroffenen möglichst unvoreingenommen und erst in Anwesenheit der anderen Parteien.
  • Keine Freiwilligkeit: Die Mitarbeitenden müssen sich dem Gespräch stellen. Deren mögliche Unwilligkeit ist eine vollkommen nachvollziehbare und willkommene Systemgrösse im Gespräch, die auch so von dem/der Klärungshelfer/-in respektiert wird.
  • Fokus auf Gefühle: Eine besondere Bedeutung erhalten die schwierigen Gefühle (Wut, Ärger, Hass, Hilflosigkeit, Ohnmacht…) und die daraus resultierenden Haltungen und Handlungen (Unversöhnlichkeit, Kälte, Ignoranz, Geringschätzung…). Die Klärungshilfe thematisiert sie, um sie durch Verstehen und Vertiefen sukzessive zu deeskalieren.
  • Keine Gesprächsregeln: Um möglichst unmittelbar mit den Gefühlen der Konfliktparteien in Kontakt zu kommen, wird bewusst auf die Vereinbarung von Gesprächsregeln oder Formulierungsempfehlungen verzichtet.

Die Klärungshilfe wurde vom Berner Psychologen Dr. Christoph Thomann begründet und basiert auf den Vorstellungen und Modellen der humanistischen Psychologie und der systemischen Therapie. Ziele der Klärungshilfe sind:

  • Menschen zu befähigen, (wieder) sachlich und möglichst produktiv zusammenzuarbeiten
  • die Situation zu klären
  • die Beziehungen zu klären und die Kommunikation zu verbessern

Die Klärungshilfe wirkt nachhaltig, weil die Beteiligten lernen, wieder miteinander in den direkten Dialog zu treten, miteinander statt übereinander zu reden sowie selbst und miteinander Lösungen zu entwickeln. Die Klärungshilfe gliedert sich in folgende 6 Phasen:

1. Anfangsphase: Alle am Konflikt beteiligten Parteien kommen zusammen und klären in einem ersten Schritt, welche Einstellung sie der Konfliktklärung gegenüber haben.

2. Selbstklärung: Alle Teilnehmer haben nun die Möglichkeit, in Ruhe ihre Sicht der Dinge darzustellen.

3. Dialogphase: Der Dialog ist das „Herzstück der Klärung“ Es handelt sich um einen verlangsamten Streitdialog zwischen den jeweiligen Konfliktparteien. Ziel ist es, durch eine Auseinandersetzung zusammenzufinden.

4. Erklärungs- und Lösungsphase:In dieser Phase werden zusammen Lösungen entwickelt. Ist die Klärung gelungen, ist dies meist erstaunlich einfach und unkompliziert.

5. Abschlussphase: In dieser Phase wird noch einmal kurz Rückschau auf den Klärungsprozess gehalten.

6. Nachsorge: Sie findet in der Regel zwei bis sechs Monate nach dem Klärungsgespräch statt und soll helfen, die gefundenen Lösungen nachhaltig umzusetzen.
Erfahrungen

Auf der Suche nach einem konfrontativeren Mediationsverfahren bin ich auf die Klärungshilfe gestossen. Bei der Anwendung der Klärungshilfe habe ich die Erfahrung gemacht, dass gerade „unfreiwillig“ Teilnehmende einen wichtigen Beitrag zur Klärung des Konfliktes leisten. Zudem lassen es die fehlenden Gesprächsregeln eher zu, dass Konflikte in deren Bearbeitung „reinszeniert“ und dadurch besser behandelbar werden.

Es gibt Konflikte, die keine einvernehmliche Lösung mehr zulassen, bei denen zu viel „Geschirr zerschlagen“ wurde. Die Folge sind einschneidende Massnahmen wie Versetzungen oder Kündigungen. Die Klärungshilfe sieht solche Massnahmen als Teil einer Lösung, sie verspricht nicht, dass es danach „schöner“ wird. Für mich interessant ist, dass aufgrund der Klarheit und Wahrheit des Prozesses auch solche Massnahmen einvernehmlich umgesetzt werde können, weil die Beteiligten die Einsicht haben, dass es keine anderen Möglichkeiten gibt.

Literatur

Schulz von Thun, F. (Hrsg), Thomann, C. (2014). Klärungshilfe 2. Konflikte im Beruf: Methoden und Modelle klärender Gespräche. Hamburg: Rohwolt.

Schulz von Thun, F. (Hrsg), Prior, C., Thomann C. (2013). Klärungshilfe 3. Das Praxisbuch. Hamburg: Rohwolt.

Autor: Martin Weiss ist Inhaber der Firma weiss-entwicklung.

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