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Oft erhält man nur Social Media-Beiträge, welche die eigene Meinung reflektieren (Symbolbild)

Der weltwirtschaftliche Aufschwung befindet sich im Spannungsfeld von Protektionismus und Populismus. Eine der brennendsten Fragen ist, welche Auswirkungen der technologische Wandel auf die Gesellschaft und die Finanzmärkte hat.

Dank der heutigen technologischen Fähigkeiten, Big Data zu sammeln und zu verarbeiten, können immer mehr spezialisierte und personalisierte Dienstleistungen angeboten werden. Die Vorteile sind offensichtlich, so können z. B. Einzelhändler Bücher und Musik nach dem individuellen Geschmack ihrer Kunden anbieten, Medienunternehmen sich auf bestimmte Zielgruppen spezialisieren und ihren Lesern passende «News-Feeds» zustellen.

Digitalisierung führt zu stärkerer Segregation und verhindert öffentliche Diskussionen

All dies hat aber auch einen Nachteil. Die persönlichen und gesellschaftlichen Überschneidungen, die in der nicht-digitalen Welt üblich waren, werden seltener. So bekommen wir in den Social Media häufig nur die Beiträge zu Gesicht, die unsere Überzeugungen bestätigen oder die von unseren Freunden und Followern geliked werden. In den USA spitzt sich die Situation noch mehr zu: So sind diejenigen, die Fox News anschauen und Breitbart lesen, viel seltener den Nachrichten und Argumenten ausgesetzt, die auf NPR, CNN, dem Wallstreet Journal oder der Washington Post zu finden sind und umgekehrt.

Digitalisierung führt zu stärkerer Segregation 

Nicht mit anderen Überzeugungen und Informationen konfrontiert zu werden, hat klare Nachteile und erhöht das Risiko von Herdenverhalten und Fehlinvestitionen. Je stärker die Kommunikation segregiert ist, desto schwieriger ist es:

  1. 1) das Produktivitätswachstum zu fördern, da Personen in spezialisierten Gruppen weniger von anderen lernen können;
  2. 2) politische Kompromisse zu finden, da unterschiedliche Gruppen im öffentlichen Raum weniger häufig miteinander kommunizieren;
  3. 2) Einschätzungen abzusichern und Herdenverhalten an den Finanzmärkten zu verhindern, da die Anleger nur von ähnlich denkenden Kollegen umgeben sind.

 

Die tatsächlich grössere Anzahl an Informationen und Medien hat also nicht den Effekt, dass man sich mit mehr Meinungen auseinander setzt, sondern dass man vor allem stärker auswählen muss, welche Medien man konsumiert. Dies geschieht dann zugunsten der bereits vorhandenen Präferenzen.

Auswirkungen des technologischen Wandels auf die Finanzmärkte

Die meisten Finanzmarktteilnehmer, die die Wahrscheinlichkeit von Brexit und Trump kollektiv unterschätzt haben, haben auch später nicht geglaubt, dass die britische Regierung wirklich Artikel 50 des EU-Vertrags auslöst, und Trump die Politik verfolgt, die er im Wahlkampf versprochen hat. Stattdessen sind viele davon ausgegangen, dass das Vereinigte Königreich sofort in eine Rezession fallen wird und die Wahl Trumps zu grossen Verlusten an den Finanzmärkten führen würde. Offensichtlich hätte ein besseres Verständnis im Hinblick auf die Einschätzung alternativer Szenarien hohe Gewinne ermöglicht.

Mit einer bewusst gelebten Vielfalt bei der Meinungsbildung haben Investoren, die sich auf die Anregungen und die Kritik eines vielfältigeren Arbeitsumfeldes verlassen, auf den Finanzmärkten enorme Vorteile gegenüber denjenigen, die sich in sehr homogenen Gruppen befinden. Bei fortschreitender Digitalisierung sollten daher Teams in Bezug auf Alter, Geschlecht, kulturellem Hintergrund, politischer Überzeugungen und persönliche Erfahrungen möglichst unterschiedlich zusammengesetzt werden.

Fazit

Der technologische Wandel in der Finanzwelt beschränkt sich nicht nur auf Bloomberg-Terminals, Online-Banking und Fintech-Unternehmen. Es betrifft auch die Verarbeitung und Verbreitung von Ideen und Nachrichten in der heutigen Welt. Je stärker die Segregation der Gesellschaft fortschreitet, desto höher ist das Risiko von Herdenverhalten und Fehlinvestitionen am Finanzmarkt.

Weltwirtschaft und technologischer Wandel

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