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Unsere Daten bilden unser digitales Abbild. (Symbolbild)

Wie im ersten Teil dieser Blogbeitragsserie erörtert, ist der Homo Digitalis nichts anderes als ein auf unseren Daten basierendes Spiegelbild in der digitalen Welt. In diesem zweiten Teil werden Geschäftsmodelle von Technologieunternehmen und Datenmaklern weiter beleuchtet, um die Auswirkung beider Bereiche auf den Homo Digitalis genauer zu betrachten.

Geschäftsmodelle: Der Aspekt der Datenaggregation

Die Geschäftsmodelle grosser Technologieunternehmen sind aufgrund ihrer Verknüpfung von Hard- und Softwaretechnologie unter einem Dach von hoher Relevanz für den Homo Digitalis. Die grössten dieser Technologieunternehmen werden oft unter dem Sammelbegriff der GAFA (Google, Amazon, Facebook, Apple) zusammengefasst.

Die Problematik des Datensammelns durch Unternehmen ist von Medien bereits oft thematisiert worden, die Gesamtübersicht wie in der untenstehenden Tabelle 1 aufgezeigt, verdeutlicht jedoch noch einmal, wie umfassend die Möglichkeit der Datensammlung mittlerweile ist.

Unser Homo Digitalis besteht schon längst nicht mehr nur aus Cookies und Daten von Webseiten. Selbst so persönliche Bereiche wie die Gesundheit sind bereits Teil unseres digitalen Abbilds. Die bereits im letzten Beitrag erwähnte Apple Watch ist ein Beispiel. Im Jahr 2020 deutete Konzernchef Tim Cook an, wie die damals neue Apple Watch Series 6 bei Krankheiten helfen kann. Er wies seinerzeit daraufhin, dass Apples AirPods künftig unsere Körpertemperatur messen und womöglich als Hörgerät dienen können.
Amazon hat seinerseits ein Produkt namens Halo entwickelt, ein mit Sensoren und Mikrofonen versehenes Armband. Der Nutzer misst den eigenen Körperfettanteil, indem er Fotos in Unterwäsche hoch lädt, die in der App zu einem 3-D-Bodyscan verarbeitet werden. Ausserdem kann das Halo aus der Stimme Emotionen heraushören und erkennt, wann der Nutzer gestresst, traurig oder aufgeregt ist.

Fitbit ist ein weiteres Beispiel. Google hat für die Übernahme des Fitnessarmbandherstellers 2,1 Milliarden US-Dollar ausgegeben, um sich die durch das Gerät gesammelten persönlichen Gesundheitsdaten nicht entgehen zu lassen.

Fasst man dies und andere Geschäftsbereiche der GAFAs zusammen, wird deutlich, dass mittlerweile vier US-amerikanische Unternehmen Zugriff auf Daten all unserer Lebensbereiche haben und dies durch die Bereitstellung der Infrastruktur, Hardware und Software zur Erhebung und Nutzung der Daten erreichen.

GAFA - Datensammlung in allen Lebensbereichen
Tabelle 1: GAFA - Datensammlung in allen Lebensbereichen (Tabelle: eigene Darstellung basierend auf: https://topforeignstocks.com/2017/07/12/products-comparison-google-amazon-facebook-and-apple/. Kein Anspruch auf Vollständigkeit. Anmerkungen bitte an den Autor)


Diese Kombination von Wissen, Abhängigkeit und wirtschaftlichem Profit ist für Mensch und Gesellschaft schon in der realen Welt manchmal ein Problem.

In der virtuellen Welt ist dieses Problem noch gravierender, da die vielen ethischen, sozialen und juristischen Sachverhalte, die in unserer realen (westlichen) Welt gut geregelt sind, in der virtuellen Welt ungeregelt bleiben.

Dies stellt eine Gefahr für den Homo Digitalis dar, denn die digitalen Machtverhältnisse spiegeln nicht die austarierten und entwickelten Machverhältnisse der modernen, bürgerrechtlichen realen Welt wider, die sich in den letzten Jahrhunderten entwickelt hat.

Geschäftsmodelle: Der Aspekt der digitalen Machtverhältnisse

Der Aspekt der Machtverhältnisse ist in Bezug auf den Homo Digitalis essenziell, denn es ist zu erwarten, dass typische menschliche Verhaltensweisen auch in der digitalen Welt ein Abbild finden. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Neigung zur Machtaneignung und dabei die Durchsetzung von Freiheitsrechten zu bekämpfen. In der realen (westlichen) Welt ist ein Gleichgewicht durch Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Gewaltenteilung sichergestellt.

In der digitalen Welt ist dies nicht der Fall, hier galt bis zum Zeitpunkt von GDPR das Mittelalter. Dies wurde in einem Artikel vor Jahren brillant zusammengefasst: «unser modernes digitales Ökosystem [entwickelt sich] schnell zu einer feudalen Machtstruktur […] wo eine relativ kleine Elite (Herren) eine Vielzahl […] wirtschaftlicher Systeme nutzt, um Werte aus dem täglichen Leben der Produzentenklasse (Bauern) zu extrahieren, die im Allgemeinen kaum eine Wahl oder Einfluss auf das System haben. Die Nutzer beteiligen sich an Plattformen, oft mit dem geringsten Wissen über die Daten, die sie preisgeben, und diese Daten werden dann verwendet, um ausschliesslich für die Eigentümer der Plattform Werte zu schaffen. ». (Scott, 2018)

Geschäftsmodelle: Die Verwendung von Datenmaklern

Datenmakler (Data Broker) sind Unternehmen, die persönliche Informationen über Menschen aus dem Internet sammeln, aggregieren und sie dann als massgeschneiderte Datenpakete kommerziell verwerten.

Zum Geschäftsmodell von Datenmaklern gehört das Sammeln und Aggregieren vieler Arten von persönlichen Informationen (siehe Abbildung 1)

Datenmakler sammeln auch Informationen über die Einkäufe einer Person, wo sie einkauft und wie sie ihre Einkäufe bezahlt, Gesundheitsinformationen und die Werbung, auf die wir klicken. Kurzum, alles was nicht bereits über Hardware- und Softwarehersteller erfasst wurde, wird von Datenmaklern verwertet. Zudem nutzen Datenmakler auch öffentlich zugängliche Informationsquellen.

Die Informationen sind ein grosses Geschäft. Schätzungen zufolge hat die Branche einen Wert von über 200 Milliarden Dollar und wächst mit ca. 5 Prozent pro Jahr. Weltweit gibt es bis zu 4’000 Datenmaklerunternehmen.
Zu den wichtigsten Datenmaklern gehören Experian, Axciom und Oracle.

Die Abbildung 1 zeigt die Daten, die durch Datenmakler gesammelt werden im Vergleich auf.

Beispiel Datensammlung Databroker Axciom/Oracle
Abbildung 1 : Beispiel Datensammlung Databroker Axciom/Oracle (Grafik: Acxiom and Oracle, Quelle: https://crackedlabs.org/en/corporate-surveillance)


Die Datenvermittlungsbranche wurde für ihre Undurchsichtigkeit kritisiert: Datenvermittler haben keinen wirklichen Anreiz, mit den Menschen zu interagieren, deren Daten sie sammeln, analysieren und verkaufen. Zwar ist in der EU der Schutz der Daten durch GDPR zu einem gewissen Grad gegeben. In der Realität ist die Zustimmung zur Sammlung der Daten oft in den Cookies oder anderen legalen Texten auf der Website versteckt und damit oft nicht im Bewusstsein der Nutzer offenbar.

Die gesammelten Daten werden zum Verkauf angeboten und meist für Big-Data-Zwecke im Marketing und Werbung verwendet.

Wie man aus der o.a. Abbildung sehen kann, ist auch hier unser Spiegelbild, der Homo Digitalis, bereits sehr vollständig abgebildet. Dies im Detail zu belegen, war Zweck dieses zweiten Teils. Im nächsten Teil des Blogbeitrags, werden die Technologien thematisiert, die persönliche Daten verwenden und somit ebenfalls für unser digitales Abbild, dem Homo Digitalis relevant sind.

Quellen:

Baier, C. (2020). Dr. Big Tech, in Focus Magazin. https://www.focus.de/finanzen/news/gesundheit-doktor-big-tech_id_12522846.html

Scott, Z. (2018). Digital Feudalism. https://towardsdatascience.com/digital-feudalism-b9858f7f9be5

Eine wunderbare Erläuterung und Überblick auf Englisch findet sich hier:
Epic.org. Data Brokers.
https://epic.org/issues/consumer-privacy/data-brokers/

Etwas sekundäre Informationen, aber stimmig mit anderen Quellen:
Knowledge Sourcing Intelligence (2021). Global Data Broker Market Size, Share, Opportunities, COVID-19 Impact, And Trends By Data Type (Consumer Data, Business Data), By End-User Industry (BFSI, Retail, Automotive, Construction, Others), And By Geography - Forecasts From 2021 To 2026.
https://www.knowledge-sourcing.com/report/global-data-broker-market


Sehr gute Übersicht, allerdings nicht mehr ganz neu:
Wolfie, C. (2017). Corporate Surveillance in Everyday Life. Cracked Labs Institute for Critical Digital Culture.
https://crackedlabs.org/en/corporate-surveillance.
Bitte beachten, Acxiom hat sich 2017 in zwei Unternehmen aufgeteilt (Acxiom und LiveRamp), und Oracle kündigte 2020 an, keine Daten von Drittanbietern in der EU mehr bereitzustellen.

Die beste Übersicht, mit der höchsten Konsistenz findet sich hier:
5 Largest Data Brokers on The Web.
https://www.technipages.com/5-largest-data-brokers-on-the-web

Autor/in
Norman Stürtz

Norman Stürtz

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