Smartphone mit Health App Smartphone mit Health App
Health Apps können den Puls sowie viele andere Gesundheitsparameter messen und speichern. (Symbolbild)

Über 350'000 Health Apps sind auf den diversen App Stores erhältlich. Und es werden immer mehr. Mitverantwortlich für den Anstieg ist auch die Covid-19-Pandemie. Dank den E-Health-Applikationen können Patientinnen und Patienten ihren Gesundheitszustand oder ihre Symptome aus der Ferne überwachen und behandeln, auch wenn ein Besuch beim Arzt oder der Ärztin nicht möglich ist. Inwiefern tragen der wachsende E-Health-Markt und insbesondere die unzähligen Gesundheits-Apps dazu bei, dass Menschen künftig gesünder, vielleicht auch glücklicher werden? Eine Übersicht über die digitalen Gesundheitsförderer und ein Einblick in die Forschung sollen diese Frage erörtern.

Wozu dienen E-Health-Anwendungen?

E-Health ist ein Sammelbegriff für alle digitalen Anwendungen, die für die Behandlung und Betreuung von Patientinnen und Patienten verwendet werden. E-Heath-Anwendungen reichen von der elektronischen Patientenakte über den OP-Roboter bis hin zu Gesundheits-Apps und -Plattformen. Diese sollen nicht nur die Ärztinnen und Ärzte bei ihrer Arbeit unterstützen. Sie sollen auch den Patientinnen und Patienten mehr Kontrolle über ihre eigene Gesundheit geben sowie das Verständnis und den Umgang mit ihrer Erkrankung verbessern. Nicht zuletzt gilt es damit, die Gesundheitssysteme zu entlasten.

Welche Health Apps und E-Health-Plattformen gibt es?

Im Folgenden werden E-Health-Anwendungen fokussiert, welche die Patient/innen direkt in das Gesundheitsmanagement einbeziehen, also Health Care Apps und E-Health-Plattformen. Diese werden in drei Kategorien eingeteilt:

1. Fitness und Lifestyle

Fitness- und Lifestyle-Apps zielen auf Personen, die ihre Lebensqualität im Alltag bewusst erhöhen möchten. Zudem dienen sie zur Prävention von Krankheiten. Sie zeichnen nicht nur körperliche Tätigkeiten auf wie Anzahl Schritte, Liegestütze und Squats. Sie überprüfen auch die Trainingsziele und werten diese in Verbindung mit Alter, Gewicht und Vorerkrankungen aus. Ausserdem geben sie Tipps zur Ernährung und Gewichtskontrolle.

Als Beispiel sei hier die Freeletics App genannt. Sie ist Fitnesstrainer, Ernährungsberater und Mindset Coach in einem. Die Daten können auch mit einer Fachperson im Gesundheitsbereich abgestimmt werden.

Diverse Krankenkassen belohnen den Einsatz von Health Apps. So vergütet Visana myPoints für zurückgelegte Schritte und verbrannte Kalorien bis zu 120 Franken im Jahr. Die Sanitas Active App motiviert spielerisch zu mehr Bewegung (Schwimmen, Velofahren und Trainieren im Fitness- oder Yogastudio) und einer gesunden Ernährung. Für jedes erreichte Tagesziel gibt es eine Münze. Gesammelte Münzen können in Gutscheine bei Partnerfirmen eingelöst werden

2. Selfservice

Selfservice-Apps ermöglichen es Patientinnen und Patienten, Daten und Informationen zur eigenen Gesundheit selbst zu beziehen und zu verwalten. Sie erklären Arzt- sowie Laborbefunde und erinnern an die rechtzeitige Einnahme von Medikamenten. Ausserdem können damit Haus- und Facharzttermine oder Video-Konsultationen direkt vereinbart werden.

Mit der Vivellio App lassen sich ganze Familienprofile verwalten. Die App macht auf anstehende Termine zur Vorsorgeuntersuchung oder Impfauffrischung aufmerksam. Sie kann Befunde scannen und digitalisieren. Zudem hilft sie, passende Ärztinnen und Ärzte zu finden und teilt mit ihnen persönliche Gesundheitsdaten.

Mit der Portal App der Krankenversicherung Sanitas behält man offene Rechnungen, den aktuellen Stand der Franchise und den Selbstbehalt im Blick. Der Deckungs-Check prüft, ob eine Leistung bezahlt wird. Rückforderungsbelege können einfach mit der Handykamera gescannt und eingereicht werden.

3. Selbstüberwachung und -behandlung

Apps zur Selbstüberwachung und -behandlung überprüfen Symptome, helfen diese zu analysieren und geben Anleitungen, wie Krankheiten selbst therapiert werden können. Damit lassen sich auch chronische Krankheiten behandeln. Je nachdem ist eine Zusammenarbeit mit einer Ärztin oder einem Arzt trotzdem notwendig.

Auf der Kardia App des kalifornischen Unternehmens AliveCor lässt sich jederzeit und überall ein EKG in medizinischer Qualität aufzeichnen. Nach 30 Sekunden zeigt es an, ob der Herzrhythmus normal ist oder ob Anzeichen für Vorhofflimmern vorliegen. Das Abspeichern der Daten erlaubt es, nicht nur die Gesundheit, sondern auch Genesungsprozesse zu überwachen. Das KardiaMobile-Gerät ist kleiner als ein Smartphone und kann in der Hosentasche mitgeführt werden.

In der Schweiz bieten erste Krankenkassen App-gesteuerte Telemedizingeräte an (TytoHome von Swica). Diese zeichnen unter anderem Lungen- und Herztöne auf, können die Ohren oder den Rachen filmen. Die Daten können anschliessend mit einer Gesundheitsfachperson telefonisch besprochen werden.

Mit dem webbasierten Diagnoseinstrument des Startups Klenico der Universität Zürich können psychische Störungen schnell und präzis identifiziert und dadurch effektiv behandelt werden. Sogenannte Symptomkarten erfassen und messen sämtliche Krankheitsbilder. Klenico wird bereits von der Siemens Schweiz AG genutzt, um die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu fördern.

Neun Gütekriterien für Health Apps

Wenn E-Health-Anwendungen die körperliche und psychische Gesundheit verbessern sollen, sollte auch die Qualität der E-Health-Anwendungen garantiert sein. So verkündet die SkinVision App, die als Hautkrebsdetektor dient, öffentlich, immer besser zu werden. Sie habe das "Sichtfeld" zur Risikobewertung der Haut durch den Algorithmus optimiert. Ausserdem weist sie darauf hin, dass sie keine endgültige Diagnose stellen kann und rät bei Anzeichen von Hautkrebs, einen Arzt bzw. eine Ärztin aufzusuchen.

Nicht immer sind die Beschreibungen der Apps ausführlich und vertrauenserweckend. Welche Anwendungen benutzerfreundlich, sicher, verlässlich und zugleich den Ansprüchen des Datenschutzes genügen, lässt sich sowohl auf Patientenseite wie seitens der Ärzteschaft oft nur schwer abschätzen.

Um Transparenz in den App-Dschungel zu bringen, hat eine Arbeitsgruppe von eHealth Suisse eine Liste von neun übergeordneten Kriterien definiert, die in Zukunft von den App-Anbietern in einer Selbstdeklaration umschrieben und über eine Web-Plattform der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Die neun Kriterien sind:

  1. Transparenz (bezüglich Qualitätsprinzipien)
  2. Zweckmässigkeit
  3. Risikoangemessenheit
  4. ethische Unbedenklichkeit
  5. Rechtskonformität
  6. inhaltliche Validität
  7.  technische Angemessenheit
  8. Gebrauchstauglichkeit
  9. Ressourceneffizienz

E-Health Suisse vermeldete kürzlich, dass in einer Studie erste positive Ergebnisse bezüglich der Anwendung der neun erarbeiteten Kriterien belegt werden konnten und dass weitere Untersuchungen hierzu sind in Planung sind.

Akzeptanz und Wirkung von E-Health-Anwendungen

Laut der "Digital Trends Survey 2021 der FMH" stehen die Bevölkerung und Ärzteschaft rein digitalen Untersuchungen und Behandlungen eher skeptisch gegenüber. Wissen und Erfahrungen von Ärztinnen und Ärzten werden hoch gewichtet. Insbesondere die Ärzteschaft stuft den Faktor Mensch als wichtig für den Behandlungserfolg ein. Künstliche Intelligenz könne diesen nicht ersetzen. Allerdings ist die Bevölkerung aufgeschlossener gegenüber hybriden Formen der ärztlichen Betreuung. Damit gemeint ist eine Kombination aus herkömmlichen Behandlungsmethoden und digitalen Entscheidungshilfen.

Ein internationales Forschungsprojekt in Kooperation mit Unilabs kommt zum Schluss, dass E-Health-Anwendungen im Allgemeinen die Qualität der Patientenversorgung verbessern. Sie befähigen Patientinnen und Patienten. Gleichzeitig erhöhen sie die Effizienz der Ärztinnen und Ärzte. Und sie funktionieren dann am besten, wenn sie als "Koproduktion" zwischen den beiden Parteien gesehen werden. Vorausgesetzt, dass die Apps klare Kriterien erfüllen wie globale Reichweite, individuelle Beratung, solide wissenschaftliche Grundlagen, fortschrittliche Funktionen und höchste ethische Standards.

Fazit

Körperliche Fitness und psychisches Wohlbefinden stehen für viele Menschen im Mittelpunkt. Mit der zunehmenden Nutzung von Health Apps und digitalen E-Health-Plattformen scheinen immer mehr Menschen selbst die Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen. Wenn die Qualität der E-Health-Anwendungen überzeugt sowie die Patientinnen und Patienten mit der Ärzteschaft kooperieren, können diese durchaus die Gesundheitsversorgung deutlich verbessern. Und nicht zuletzt Köper und Psyche des Menschen gesünder machen.

Autor/in
Irene-Willi

Irene Willi Kägi

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