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Wie gut können Roboter nicht nur sachliche Informationen transportieren, sondern auch emotional kommunizieren und mit Menschen interagieren? (Symbolbild)

Die Nachfrage für soziale Roboter ist während der weltweiten Pandemie gestiegen. In Restaurants servieren sie Mahlzeiten und räumen das Geschirr wieder ab. In Hotels erledigen sie das Check-in, geben Informationen an die Gäste weiter und buchen auch schon mal ein Taxi. In Pflegeheimen machen sie Betten, erinnern Patientinnen und Patienten an die Einnahme von Medikamenten und ersetzen Spielpartner/innen. Ebenso erkennen und bewerten sie Gefahrensituationen. Wenn jemand stürzt oder am Boden liegt, identifizieren sie die Person mittels Gesichtserkennung und sprechen sie an. Das Potenzial für soziale Roboter in Zeiten von Social Distancing ist gross. Doch wie sozial sind sie wirklich? Dies soll hier an einigen ausgewählten Beispielen dargestellt werden.

Was sind soziale Roboter?

Soziale Roboter (engl. "Social Robots", "Socially Interactive Robots" oder "Socially Assistive Robots") sind sensomotorische Maschinen, die Objekten, Tieren oder Menschen ähneln und spezifisch für die Kommunikation und die Zusammenarbeit mit Menschen entwickelt wurden (Schulze et al., 2021). Soziale Roboter können mittels künstlicher Intelligenz bestimmte Emotionen ihres menschlichen Gegenübers erkennen, mit ihm emotional kommunizieren sowie kognitive und affektive Zustände bei diesem auslösen.

"Social Presence": das Gefühl mit einem Menschen zu interagieren

Zahlreiche Studien bestätigen, dass soziale Roboter von Menschen als Wesen mit eigenen Gedanken und Emotionen sowie eigenem Willen und Charakter wahrgenommen werden. Soziale Roboter werden also als fast ebenbürtig mit dem Menschen eingestuft. Das Gefühl, mit einem Menschen zu agieren, wird "Social Presence" genannt und entsteht, wenn ein Roboter eine menschenähnliche Gestalt oder menschliche Züge hat, nicht nur der Unterhaltung dient, sondern ernsthaft und glaubwürdig kommuniziert bzw. interagiert und sich so verhält, als ob er über einen eigenen Willen verfügt. Dies geschieht beispielsweise, wenn der Roboter sich nach den Wünschen des Gegenübers erkundigt bzw. darauf reagiert und nicht nur passiv rumsteht, sondern sich selbstgesteuert durch den Raum bewegt.

Soziale Roboter im Pepper Parlor in Shibuya, Tokio (YouTube)

Positiver Einfluss auf Einsamkeit, psychisches Wohlbefinden und Schmerzwahrnehmung

In einer Pflegeeinrichtung in Auckland, Neuseeland, wurde in einer Untersuchung die psychosozialen Auswirkungen bei 40 Bewohner/innen in der Interaktion mit einem Roboter beobachtet, der wie eine pelzige weisse Robbe aussieht (Harley et al., 2013). "Paro", so heisst der Roboter, macht seehundähnliche Geräusche und bewegt Kopf und Flossen als Reaktion auf Berührungen und Ansprache. Zum Vergleich wurden die Bewohner/innen auch bei allgemeinen Aktivitäten und im Umgang mit einem Heimhund beobachtet.

Im Vergleich zur Kontrollgruppe, die weder mit der Robbe noch mit dem Hund konfrontiert waren, nahmen die Einsamkeitsgefühle der Bewohner/innen, die mit dem Roboter interagierten, während des Versuchszeitraums deutlich ab. Sowohl der Heimhund als auch der Robbenroboter wirkten sich auf das soziale Umfeld aus. Jedoch sprachen die Bewohner/innen häufiger mit dem Roboter und berührten ihn auch deutlich häufiger als den Hund. Zudem beteiligte sich eine grössere Anzahl von Bewohnern an Gesprächen über den Roboter als über den Hund.

In einer weiteren in Taiwan durchgeführten Studie zur Wirkung des Robbenroboters Paro auf Depression, Einsamkeit und Lebensqualität älterer Erwachsener in der Langzeitpflege wurde eine signifikante Verbesserung des psychischen Wohlbefindens bei den Heimbewohner/innen festgestellt (Chen et al., 2020). Ausserdem berichten israelische Wissenschaftler sowohl von der Erhöhung des Glücksgefühls als auch der Werte des Kuschelhormons Oxytocin sowie einer Reduktion der Schmerzwahrnehmung, wenn Paro gestreichelt wurde (Israel heute, 2020).

Roboter Paro im Einsatz in einem Pflegeheim (YouTube)

Umarmungen, die sich menschenähnlich anfühlen

Umarmungen sind eine wichtige Form der Kontaktaufnahme und Zuwendung unter Menschen. Sind Menschen genauso empfänglich für Umarmungen von Robotern? Das herauszufinden war das Ziel einer Doktorarbeit (Block, 2018) am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme und an der ETH Zürich. Dafür wurde der erste interaktive Umarmungsroboter in Menschengrösse mit visueller und haptischer Wahrnehmung entwickelt. Der "HuggieBot" hat einen aufblasbaren und beheizbaren Torso, der erkennt, wenn Menschen ihre Arme um ihn legen und sie wieder loslassen. Darüber hinaus verfügt er über einen Verhaltensalgorithmus, damit er auf natürliche Weise auf die Besonderheiten einer menschlichen Umarmung reagieren kann.

Die Ergebnisse zeigen: Die Teilnehmenden der Untersuchung bevorzugten weiche, warme Umarmungen deutlich gegenüber harten, kalten Umarmungen. Ausserdem mochten sie es lieber, wenn sie Umarmungen erhielten, bei denen sie körperlich "zusammengedrückt" und sofort wieder losgelassen wurden, wenn sie bereit waren, die Umarmung zu beenden. Das ist auch das einzigartige an HuggieBot. Im Unterschied zu anderen Robotern, die dafür konzipiert wurden, von Menschen umarmt zu werden, besitzt nur er die Fähigkeit, die Umarmung zu erwidern.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Umarmungen von HuggieBot Ähnlichkeiten mit menschlichen Umarmungen aufweisen und sich positiv auf die Gesundheit der Benutzer/innen auswirken können. Alexis E. Block, die Verfasserin der Dissertation, entwickelt derzeit auch eine App, mit der Nutzer/innen ihren weit entfernten Liebsten individuelle Umarmungen verschicken können. Mit der App sollen die Nutzer/innen die Festigkeit und Dauer der Umarmung festlegen und ein personalisiertes Video aufnehmen können. Um die Umarmung einzulösen, scannt der/die Empfängerin einen QR-Code, worauf die Besonderheiten der Umarmung auf dem Bildschirm von HuggieBot angezeigt werden und dieser zur Umarmung ansetzt.

HuggieBot reagiert auf menschliche Umarmungen (YouTube)

Wo es bei den sozialen Robotern noch hapert

In der Tat können soziale Roboter nicht nur positive, sondern auch unheimliche Gefühle auslösen – insbesondere, wenn sie sich kaum von Menschen unterscheiden, jedoch gleichzeitig eine kleine menschenunähnliche Besonderheit aufweisen, wie beispielsweise ruckartige Bewegungen. Dieser Effekt, auch "Uncanny Valley" genannt (Mori, 2012), kommt bei Frankensteins Monster ebenso wie den Avataren im Film Polarexpress vor.

Auch bei der Entwicklung der Sprache, ein wichtiges Kriterium für soziales Verhalten, ist man noch nicht so weit, dass soziale Roboter wie Menschen kommunizieren. Obwohl sie meistens grammatikalisch korrekte Sätze formulieren, sind diese längst nicht immer der Situation angemessen (Brommer & Dürscheid, 2021). Hinzu kommt, dass bei der Programmierung von sozialen Robotern die Gefahr besteht, eigene Wertvorstellungen und Vorurteile unbewusst einfliessen zu lassen.

Fazit

Soziale Roboter dienen nicht nur dem schlichten Austausch von Informationen. Sie können durchaus verschiedene Gefühle transportieren und psychische Zustände auslösen. Zurzeit können soziale Roboter zwar nicht das soziale Verhalten an den Tag legen, sodass sie eine menschliche Pflegekraft oder eine/n Therapeut/in ersetzen könnten. Sie eignen sich vielmehr als positive Ergänzung in der Betreuung von Menschen in Spitälern sowie Alters- und Pflegeheimen, unter anderem auch als innovative Form der Schmerztherapie. Auch Umarmungsroboter sind kein Ersatz für die menschliche körperliche Verbindung und Berührung. Dennoch könnten soziale Roboter dafür eingesetzt werden, um bei Menschen in schwierigen Alltagssituationen psychisches Wohlbefinden auszulösen oder in Zeiten von Social Distancing den Trennungsschmerz von seinen Liebsten zu lindern.

Quellen und weiterführende Informationen

Block, A. E. (2018). Softness, Warmth, and Responsiveness Improve Robot Hugs. International Journal of Social Robotics.

Bendel, O. (2021). Soziale Roboter Technikwissenschaftliche, wirtschaftswissenschaftliche, philosophische, psychologische und soziologische Grundlagen. Springer Gabler: Wiesbaden

Brommer S. & Dürscheid, C. (2021). Mensch. Maschine. Kommunikation. Beiträge zur Medienlinguistik. Narr Verlag.

Chen, S-C., Moyle. W., Jones C. & Petsky H. (2020). A social robot intervention on depression, loneliness, and quality of life for Taiwanese older adults in long-term care.Int Psychogeriatr. 32(8), 981-991.

Frei, R. (2021). Entschärfen Roboter den Fachkräftemangel? Hotellerie Gastronomie Zeitung.

Hayley, R., Macdonald, B., Kerse, N., Broadbent, E. (2013). The psychosocial effects of a companion robot: a randomized controlled trial. J Am Med Dir Assoc. 14(9), 661-7.

Israel heute (2020). Israelische Forscher empfehlen pelzigen Roboter gegen Schmerzen.

Mori, M. (2012). The Uncanny Valley: The Original Essay by Masahiro Mori. IEEE Spectrum.

Produktion (2021). World Robotics 2021 Service Robots Report. Wegen Corona: Sonderkonjunktur für Service-Roboter.

Schulze, H., Bendel, O., Schubert, M., Binswanger, M., Simmler, M., Reimer, R., Tanner, A., Urech, A., Kreis, J., Zigan, N., Kramer, I., Flückiger, S., Rüegg, M., Künzi, C., Kochs, K., & Zingg, O. (2021): Soziale Roboter, Empathie und Emotionen. Eine Untersuchung aus interdisziplinärer Perspektive. TA-SWISS: Bern.

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