Regal mit Frühstückscerealien Regal mit Frühstückscerealien
Verpackungen, Bilder und Labels lassen Produkte gesünder erscheinen, als sie wirklich sind. (Symbolbild)

Bewusster Konsum liegt im Trend. Da erstaunt es nicht, dass sich Unternehmen manchmal grüner darstellen, als sie wirklich sind. Diese Taktik ist als Greenwashing bekannt und nichts Neues. Doch Produkte sollten heutzutage nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch mit einem gesunden Lifestyle vereinbar sein. Hier kommt Leanwashing ins Spiel. Was hat es damit auf sich und wie erkennt man Leanwashing?

Was versteht man unter Leanwashing?

Unternehmen möchten Produkte kreieren, die gesundheitsbewusste Konsumentinnen und Konsumenten ansprechen. Mit der richtigen Marketing-Taktik können Lebensmittel als gesünder dargestellt werden, als sie wirklich sind. Der Begriff, der in diesem Zusammenhang verwendet wird, ist Leanwashing. Werbung lässt Produkte häufig als übertrieben gesund erscheinen. Dazu werden entsprechende Verpackungen, Bilder oder Labels verwendet oder es werden gesundheitsbezogene Angaben gemacht, die nicht belegt werden können. Neben «light» implizieren auch andere nicht definierte Begriffe wie «natürlich und nachhaltig», «fettreduziert», «ohne zugesetzten Zucker», «mit Vollkorn», «ohne Geschmacksverstärker» und «proteinreich», dass das Produkt gesund ist. In der Psychologie spricht man hier auch vom Halo-Effekt: Einzelne Aspekte strahlen auf den Gesamteindruck ab. Oft wird keine Erklärung für die Werbeworte abgegeben, diese werden aber dennoch prominent hervorgehoben, während die lange Liste der restlichen Inhaltsstoffe, die weniger gesund sind, dem Kleingedruckten überlassen wird.

Nicht nur Produkte kann man leanwashen. Auch Unternehmen als Ganzes können ihr Image mit dem richtigen Marketing als förderlich für einen gesunden Lebensstil darstellen. Nestlé beispielsweise brandet sich als “world’s leading nutrition, health and wellness company” und schmückt sich mit Slogans wie «Good Food, Good Life” (Scrinis, 2015). Klingt ziemlich vielversprechend, oder zumindest nicht nach einer Firma, die auch Junk Food produziert.

Auswirkungen von Leanwashing

Man könnte argumentieren, dass Leanwashing nicht so schlimm sei. Schliesslich sind KonsumentInnen selbst verantwortlich und können sich informieren. Nach Angaben des Konsumentenschutzes ist es für KonsumentInnen jedoch schwierig, den Mehrwert eines Produktes abzuschätzen (Stiftung für Konsumentenschutz, 2021). Hinzu kommt, dass KonsumentInnen ihre Konsumentscheidungen teilweise unter fehlgeleiteten Einstellungen treffen. Und wie die Forschung zeigt, können sich solche Einstellungen hartnäckig halten. In einer Meta-Analyse haben Karnani, McFerran und Mukhopadhyay (2017) gezeigt, dass ungefähr die Hälfte der befragten Personen glauben, die Ursache von Übergewicht sei zu wenig Sport, obwohl der wichtigste Faktor die Ernährung ist, wie medizinische Studien eindeutig belegen: Sport hat viele gesundheitliche Vorteile, im Vergleich zur Ernährung aber nur einen minimalen Effekt, wenn es um Gewichtsverlust geht. Aus der psychologischen Forschung wissen wir, dass sich Einstellungen auf das Verhalten auswirken können. So hatten Personen, die glaubten, Übergewicht gründe auf zu wenig Sport, einen höheren BMI als Personen, welche die Ernährung verantwortlich machten. Die Autoren sehen den Grund für diese Art Missinformation ebenfalls im Leanwashing: Die Lebensmittel-Industrie betont fälschlicherweise die Rolle von Sport, beispielsweise durch Sponsoring von Sportevents oder durch entsprechende Initiativen und Kampanien.

Die europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden führen einmal jährlich eine Durchforstung von Websites durch, um Verstösse gegen das Verbraucherrecht ausfindig zu machen. Dieses Jahr konzentrierte sich die Aktion auf Unternehmen, die damit werben, umweltfreundliche Produkte zu verkaufen (Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 28.01.2021). Die Ergebnisse zeigen, dass in 42% der Fälle die Angaben irreführend, falsch oder übertrieben waren. Vielleicht wäre es an der Zeit, dass nächstes Jahr Leanwashing in den Mittelpunkt der Untersuchung rückt.

Quellen und weiterführende Informationen: 

Europäische Kommission. (2021, 28. Januar). Durchforstung von Websites nach ökologischer Schönfärberei: fast die Hälfte aller umweltbezogenen Angaben nicht belegt (Pressemitteilung). Verfügbar unter https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_269

Greger, M. (2021). How not to diet: The groundbreaking science of healthy, permanent weight loss. UK: Pan Macmillan, Bluebird.

Karnani, A., McFerran, B., & Mukhopadhyay, A. (2017). Corporate leanwashing and consumer beliefs about obesity. Current Nutrition Reports, 6(3), 206-211.

Scrinis, G. (2015). CRFA-Big Food corporations and the nutritional marketing and regulation of processed foods. Canadian Food Studies/La Revue canadienne des études sur l'alimentation, 2(2), 136-145.

Stiftung für Konsumentenschutz. (2021). Greenwashing oder wirklich nachhaltig? Verfügbar unter https://www.konsumentenschutz.ch/allgemein/2021/08/greenwashing-oder-wirklich-nachhaltig/

Autor/in
Mandana Bahrami

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