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Unscheinbare Wörter können Informationen über die Person, die sie verwendet, liefern. (Symbolbild)

Ob in einer Beschwerde-Mail an den Customer-Service, in der Gruppendiskussion im Team, oder in Ihrem Bewerbungsschreiben: Nicht nur was Sie sagen, sondern vor allem wie sie es sagen, ist ausschlaggebend. Denn Ihr Sprach- und Schreibstil liefert mehr Informationen über Sie, als Sie vielleicht denken. Zeit also, diesen etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Psychologische Forschung zu Funktionswörtern

Unsere alltägliche Sprache besteht aus zwei Haupt-Wortgruppen: Inhaltswörter und Funktionswörter. Mit inhaltlichen Wörtern wie Nomen, Verben und einem Grossteil der Adjektive und Adverbien drücken wir den Inhalt des Gesprochenen oder Geschriebenen aus. Funktionswörter (auch style words genannt) wie Artikel, Präpositionen, Hilfsverben, Konjunktionen und Pronomen dagegen bestimmen nicht was wir sagen, sondern wie wir kommunizieren, also den Stil. Nehmen wir einen Beispielsatz: «Es war eine dunkle und stürmische Nacht». Bei den Wörtern «dunkle», «stürmische» und «Nacht» handelt es sich um Inhaltswörter. «Es», «war», «eine», «und» sind Funktionswörter. Obwohl es in unserer Sprache mehr Inhaltswörter als Funktionswörter gibt, werden Funktionswörter öfters verwendet. Da Funktionswörter sehr kurz sind und schnell ausgesprochen werden, geht man davon aus, dass diese Art von Wörtern unbewusst generiert und verarbeitet werden, wodurch sie nur schwer manipulierbar sind. Dies macht sie für die psychologische Forschung besonders interessant.

Wie die Forschung zeigt, hat jede Person einen individuellen Sprachgebrauch, der kognitive Prozesse widerspiegelt und mit sozialem Verhalten zusammenhängt. Wörter liefern also wertvolle Informationen über die Person, die sie verwendet. Füllwörter wie «vielleicht» können ein Zeichen von Unsicherheit sein. Emotionswörter zeigen, ob eine Situation als positiv oder negativ erlebt wurde. Personen unterscheiden sich dabei darin, wie «emotional» sie sprechen oder schreiben. Auch die Komplexität der Sprache kann sich unterscheiden: Präpositionen, kausale Satzverbindungen und lange Wörter sind unter anderem ein Zeichen eines komplexeren Sprach- und Schreibstils. Funktionswörter stehen auch mit sozialen Parametern wie Alkoholkonsum, mit Schulnoten, physischer Gesundheit und psychologischen Faktoren wie sozialer Status und Hierarchien im Zusammenhang. Es zeigen sich auch Effekte für individuelle Unterschiede wie Persönlichkeit.

Ein besonderes Augenmerk wurde bis anhin auf Personalpronomen (Bsp. «mein», «dich», «wir») gelegt, da diese unsere sozialen Beziehungen widerspiegeln. Der Gebrauch von «Wir»-Wörtern wird beispielsweise mit einem «Wir»-Gefühl, Gruppenidentität und sozialer Integration in Zusammenhang gebracht. Wie sich gezeigt hat, verwenden Personen Personalpronomen auf eine andere Weise, beispielsweise wenn sie lügen, unter Stress stehen, oder bei Vorliegen einer psychischen Krankheit wie einer Depression. Mehr über die faszinierende Welt von Personalpronomen und Forschungsbeispiele dazu finden Sie auch im Tedx Talk von James Pennebaker.

Wie kann der Sprachstil analysiert werden?

Computer-unterstützte Textanalyseprogramme machen es möglich, sehr grosse Mengen von Text zu analysieren. Die Funktion solcher Programme ist simpel: In einem Text werden bestimmte Wörter oder Wortarten ausgezählt, indem sie mit einem integrierten Wörterbuch abgeglichen und in psychologisch relevante Kategorien eingeordnet werden. Damit können unterschiedliche psychologische Bereiche untersucht werden. Eine der meistverwendeten Textanalyse-Software ist Linguistic Inquiry and Word Count (LIWC), welches von James Pennebaker und Kollegen entwickelt und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. Auf der Website können Sie die neueste Version ausprobieren und einen Text hochladen (beispielsweise eine E-Mail oder einen Twitter-Tweet).

Anwendungsmöglichkeiten

Im akademischen Bereich und im Arbeitsumfeld wurde das Paradigma beispielsweise bereits eingesetzt, um Performance vorherzusagen. Pennebaker, Chung, Frazee, Lavergne und Beaver (2014) versuchten allgemeine Denkstile zu erfassen, die im Zusammenhang mit akademischem Erfolg stehen. Dazu analysierten sie 50'000 Aufnahme-Essays von College-Bewerbenden, wobei die verwendeten Funktionswörter die Noten über die vier Jahre am College vorhersagten. Studierende, die häufiger Artikel und Präpositionen verwendeten – ein Indikator für kategoriale Sprache – erzielten bessere Noten. Diese Essays enthielten formale und präzise Beschreibungen beispielsweise von Zielen und Plänen. Studierende, die dynamischere und erzählende Sprache verwendeten (narrativer Stil), das heisst häufiger Hilfsverben, Pronomen, Adverbien und Konjunktionen im Essay gebrauchten, erzielten in ihrem Studium dagegen schlechtere Noten. In diesen Essays fanden sich typischerweise persönliche Erlebnisse. Laut den Autoren der Studie, kann dies Aufschluss über das vorherrschende Bildungssystem geben: Ein analytisches, logisches und hierarchisches Denken scheint eher gefragt.

In einer neueren Studie wurde Textanalyse in der Personalrekrutierung eingesetzt (Brandt & Herzberg, 2020). 581 Bewerbungen im juristischen Arbeitsumfeld wurden anhand verschiedener Kriterien mit Bewerbungserfolg in Zusammenhang gebracht. Anhand der Ergebnisse konnten nur bedingt Vorhersagen für eine erfolgreiche Bewerbung getroffen werden: Bewerberinnen und Bewerber, die mehr Präpositionen im Motivationsschreiben verwendeten (komplexerer Sprachstil), erhielten mit grösserer Wahrscheinlichkeit den Job. Daneben fielen kürzere Bewerbungen positiver aus als solche mit insgesamt mehr Wörtern. Für viele Kategorien konnten allerdings keine signifikanten Effekte gefunden werden, ebenso nicht für den Lebenslauf. Trotzdem haben Textanalyseprogramme wie LIWC Potential: Sie erlauben es den Usern, eigene relevante Kategorien zu bilden und massgeschneiderte Wörterbücher zu integrieren. So könnte für die Textanalyse im Rekrutierungsprozess ein spezifisches Wörterbuch beispielsweise für die Vorselektion von KandidatInnen verwendet werden.

Die Analyse von alltäglicher Sprache auf der Wortebene bietet interessante Anhaltspunkte für zukünftige psychologische Forschung. Mit der schnellen Weiterentwicklung von Textanalyseprogrammen haben wir ein umfassendes Tool in der Hand. Die Sprache, die Menschen tagtäglich verwenden, kann womöglich mehr über ihr Innenleben aussagen als traditionelle Selbstberichts-Masse wie beispielsweise Fragebögen.

Quellen und weiterführende Informationen: 

Brandt, P. M., & Herzberg, P. Y. (2020). Is a cover letter still needed? Using LIWC to predict application success. International Journal of Selection and Assessment, 28(4), 417-429.

LIWC (2022). https://www.liwc.app/

Pennebaker, J. (2013). The secret life of pronouns. TEDx Talk, TEDxAustin. Verfügbar unter https://www.youtube.com/watch?v=PGsQwAu3PzU

Pennebaker, J. W., Chung, C. K., Frazee, J., Lavergne, G. M., & Beaver, D. I. (2014). When small words foretell academic success: The case of college admissions essays. PloS one, 9(12), e115844.

Pennebaker, J. W., & Graybeal, A. (2001). Patterns of natural language use: Disclosure, personality, and social integration. Current Directions in Psychological Science, 10(3), 90 –93.

Tausczik, Y. R., & Pennebaker, J. W. (2010). The psychological meaning of words: LIWC and computerized text analysis methods. Journal of Language and Social Psychology, 29(1), 24 –54.

Autor/in
Mandana Bahrami

Mandana Bahrami

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