Swiss Innovation Forum: Quelle für aussergewöhnliche Sichtweisen

Das Swiss Innovation Forum 2020 präsentierte wie gewohnt starke Innovationsthemen aus der Schweiz und anderen Regionen der Welt. Was wir dieses Mal daraus lernen können: Aussergewöhnliche Sichtweisen können Innovationen auslösen.

„Typisch Schweiz“ - Bergrettung auf höchstem Niveau

Die REGA (Rettungsflugwacht) betreibt und entwickelt seit 1946 die Bergrettung. Die treibende Kraft hinter allen ihren Innovationen ist und bleibt folgende: „Wir möchten Menschen finden, nicht unbedingt fliegen." Das heisst, Menschen sicherer und schneller aus schwer zugänglichem Terrain zu retten. In der Alpenrettung sind neue Technologien nicht das Ziel, sondern ein „Enabler“ für Innovation. Deshalb investiert die REGA heute in Drohnen und Bilderkennungssoftware.

„Not macht erfinderisch.“ - die Landwirtschaft erfindet sich neu

Moore werden immer seltener. Dennoch wird weiterhin Torf abgebaut – und dient als Pilzzuchtsubstrat für Speisepilze. Einen nachhaltigen Ersatz für Pilzsubstrat bietet das Schweizer KMU CORMO AG an: Sie entwickeln Pilzzuchtsubstrat aus abgeernteten Maispflanzen. Ein oft als „minderwertig“ bezeichneter Rohstoff. Das Augenmerk für Innovation richtet sich hier darauf, wie wir Torf ersetzen können und gleichzeitig regionale Restprodukte nachhaltig nutzen.

Der Swiss Technology Award 2020 ging an Bloom Biorenewables SA, Hemotune AG und HeiQ Materials AG. (Tabelle: eigene Darstellung)

Sierra Leone: Technologie, Politik und Bildung verknüpfen

Die Bewohner von Sierra Leone bauen seit Ende des Bürgerkrieges 2002 ihr Land wieder auf. 40 Prozent der Bevölkerung sind heute jünger als 15 Jahre alt. Seit 2018 verfolgt David Moinina Sengeh, Chief Innovation Officer & Minister of Education in Sierra Leone, das Ziel, das Land zu demokratisieren und ökonomisches Wachstum für alle zu ermöglichen (Technologiepolitik „Zugang für alle“). Dafür nutzt er EdTech (Educational Technology) zur Stärkung des existierenden Schulsystems, aber auch Drohnen als Enabler: nicht nur für temporäre Netzwerkverbindung, sondern auch zur Gesundheitsüberwachung in der Pandemie oder zur Auslieferung von kleinen Paketen. Die landeseigene Entscheidung, innovative Technologien mit demokratischem Handeln und Bildung zu verknüpfen, sorgt in diesem Fall für Wachstum von Unternehmertum und Wohlstand.

“We can make surveillance work for us.” (Iyad Rahwan)

Iyad Rahwan, Direktor Forschungsbereich Mensch und Maschine am Max-Planck-Institut, schlägt einen Paradigmenwechsel vor: gegenseitige Kontrolle durch gegenseitige – statt einseitige - Datensichtung!

Nehmen wir den Fall Corona-Pandemie. Contact-Tracing-Apps geben den verantwortlichen Stellen eine Sichtbarkeit über das Bewegungsverhalten der BürgerInnen. Im Interview vom 3. Dezember 2020 zeigt sich Anne Lévy, Direktorin des Bundesamts für Gesundheit,verwundert über die geringe Akzeptanz des Tracings: „Bezüglich der App sind wir überrascht, dass die Teilnehmerzahl nicht höher ist und verstehen nicht warum.“ Iyad Rahwans Vorschlag – gegenseitige Datensichtung – könnte den BürgerInnen die Möglichkeit geben, die Prozesse der Behörden zu verfolgen, sich eine Meinung zu bilden und zu äussern. Und damit mehr Teilnehmende für das Tracing gewinnen.

Die Nutzung der gesamten Palette technischer Innovation – AI, Data Analytics, GPS, etc. – unter dem Geschäftsmodell der gegenseitigen Kontrolle – öffnet einen weiten Bereich für innovative Anwendungen und wirklich nutzerzentrierte Angebote. Wer wird sich als erste/r um diese Marktlücke kümmern?

Kurz gefasst:

• Wenn wir unsere eigenen Stärken kennen, können wir gezielt aus den Stärken Anderer lernen.
• Innovation basiert oft auf einer anderen Sichtweise, einer neuen Interpretation einer Sachlage.
• Innovation zu beschleunigen, heisst Potenziale zu unterstützen und zu nutzen.