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Academic Entrepreneurs setzen neue Erkenntnisse und Erfindungen aus der Wissenschaftswelt um. (Symbolbild)

Academic Entrepreneurs oder auf Deutsch akademische UnternehmerInnen sind HochschulwissenschaftlerInnen, die eine Firma gründen, um die Ergebnisse ihrer Forschung zu vermarkten. Dabei sollen wissenschaftliche Erkenntnisse für die Wirtschaft und Gesellschaft nutzbar gemacht werden. Häufig erfolgt dies über die Gründung von Hochschul-Spin-offs und meistens aus dem MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik; Fini et al., 2017). Forschungsergebnisse in eine kommerzielle Anwendung zu überführen ist von grosser Bedeutung, denn so setzen die Entrepreneure neue Erkenntnisse und Erfindungen aus der Wissenschaftswelt um, lassen die Gesellschaft daran teilhaben und schaffen neue Arbeitsplätze.

Wissenschaftsbasierter Unternehmergeist liegt in der Luft

Von den 400 jährlich entstehenden Startups in der Schweiz sind etwa 100 akademische Spin-offs (Eichler et al., 2021). Spin-offs werden durch die Hochschulen initiiert und anschliessend als eigenständige Unternehmen ausgegliedert. Alleine die ETH brachte im vergangenen Jahr 25 Spin-offs hervor (ETH, 2021). Aus einer Studie der ETH in Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen geht hervor, dass ETH-Spin-offs eine hohe Überlebensrate haben. Im Vergleich zu anderen Schweizer Neugründungen zeigt sich, dass 97 Prozent der ETH-Spin-offs die Dreijahresmarke erfolgreich überstehen, während dies bei allen Schweizer Neugründungen 62 Prozent meistern. Zudem schaffen sie doppelt so viele Arbeitsplätze wie andere Schweizer Startups. Möglicher Erfolgsfaktor: Gründungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erfolgen häufig in Teamarbeit. Lediglich rund 5 Prozent der ETH-Spin-offs wurden von einzelnen WissenschaftlerInnen gegründet (Hofer et al., 2020). In Deutschland zeigt sich ein ähnliches Bild: Nur jede/r sechste akademische GründerIn wird alleine unternehmerisch aktiv. Und auch die Gründungen aus deutschen Hochschulen sind im Vergleich zu anderen Firmen sehr bestandsfest. Von den wissenschaftlichen Gründungen sind nach drei Jahren mehr als 75 Prozent unternehmerisch tätig. Damit heben sich die Spin-offs in der Landschaft der Neugründungen in Deutschland ab, da rund 40 Prozent der neugegründeten Unternehmen nach drei Jahren nicht mehr am Markt vorhanden sind (Bijedić et al., 2021).

Hindernisse im akademischen Gründungsprozess

Für die erfolgreiche Gründung durch WissenschaftlerInnen braucht es die Förderung von Gründungsaktivitäten durch die Hochschulen. Im Vergleich der Schweizer Universitäten mit den Fachhochschulen fällt auf, dass die Gründungstätigkeit an den anwendungsorientierten Fachhochschulen hinter derjenigen der Universitäten liegt. Eine Studie konnte zeigen, dass die Förderung von Gründungsaktivitäten an den meisten Schweizer Fachhochschulen noch am Anfang steht. Die Gründungsförderung sei vorwiegend auf studentische Aktivitäten ausgerichtet und weniger auf wissenschaftsbasierte Ausgründungsprojekte von Forschenden (Morandi et al., 2019).

Auch zwischen den Geschlechtern sind Unterschiede zu bezeichnen. Während die Beteiligung von Frauen in der Forschung an Hochschulen stetig ansteigt, bestehen bei der Ausgründung von wissenschaftsbasierten Unternehmen erhebliche Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen. Eine Befragung aus den Jahren 2017/2018 an öffentlich-rechtlichen Fachhochschulen der Schweiz sowie Interviews mit Gleichstellungsbeauftragten und Gründungszentren dieser Hochschulen zeigte, dass Frauen kaum als Zielgruppen von Gründungsförderungen anerkannt werden. Zudem gäbe es wenig spezifische Unterstützungsmassnahmen für Wissenschaftlerinnen (Liebig & Schneider, 2019). Eine in Deutschland durchgeführte Studie bestätigt diese Befunde. Insbesondere Wissenschaftlerinnen empfinden fehlende Finanzmittel als Hemmnis bei der Gründung und brechen aufgrund dessen ihre Pläne ab (Bijedić et al., 2021). Hinzu kommt, dass persönliche Barrieren Frauen eine bedeutsamere Rolle spielen als bei Männern. Knapp die Hälfte der befragten Wissenschaftlerinnen einer Längsschnittuntersuchung an deutschen Hochschulen gab an, sich nicht als Unternehmerpersönlichkeit zu betrachten, während der Anteil der Männer nur bei rund 25 Prozent liegt. Auch das Risiko mit dem eigenen Unternehmen zu scheitern wird bei Frauen häufiger (61%) als bei Männern (42%) als zutreffend bezeichnet (Bijedić et al., 2021).

Egal ob Frau oder Mann – Fachwissen in Produkte und Dienstleistungen zu verpacken, fällt akribischen WissenschaftlerInnen nicht immer leicht. In der Gründerszene ist das Konzept «fail fast, fail early» weit verbreitet: Neue Lösungen schnell testen und allenfalls verwerfen oder weiterentwickeln. Dies mag mit dem wissenschaftlichen Mindset im Widerspruch stehen, bei dem alles bis ins letzte Detail durchdacht wird. Akademische GründerInnen müssen daher lernen, pragmatischer und frühzeitiger zu handeln, mit halben Gewissheiten und unvollendeten Produkten voranzugehen (Breugst et al., 2021).

Fazit

Wissenschaftliche Gründungen sind nicht nur von volkswirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedeutung, sondern stellen auch für die Hochschulen selbst eine Bereicherung dar mit Hinblick auf die Weiterentwicklung von Forschungsergebnissen. Voraussetzung für den Erfolg von wissenschaftsbasierten Gründungen ist ein entsprechendes Gründungsökosystem an den Hochschulen. Darüber hinaus müssen akademische GründerInnen den Balanceakt zwischen unternehmerischem Pragmatismus und wissenschaftlichem Perfektionismus meistern.

Quellen und weiterführende Informationen:

Bijedić, T., Nielen, S., & Schröder, C. (2021). Gründungserfolg von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an deutschen Hochschulen. https://www.ifm-bonn.org/fileadmin/data/redaktion/publikationen/ifm_materialien/dokumente/IfM-Materialien-287_2021.pdf

Eichler, M., Jank, K., & Zwankhuizen, A. (2021). Startup-Ökosystem in der Schweiz: Schnellere Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Wirtschaft. Studie im Auftrag des SBFI.

ETH (2021). Übersicht ETH Spin-offs. https://ethz.ch/en/industry/entrepreneurship/explore-startup-portraits-and-success-stories/uebersicht-eth-spin-offs.html

Fini, R., Fu, K., Mathisen, M., Rasmussen, E., & Wright, M. (2017). Institutional Determinants of University Spin-Off Quantity and Quality: A Longitudinal, Multi-Level, Cross-Country Study. Small Business Economics, 48(2), 361–391. https://doi.org/10.2139/ssrn.2797678

Hofer, S., Fricker, L., Schmidt, B., Burkhard, B., & Brahme, H. (2020). The Performance of Spin-Off Companies at the Swiss Federal Institute of Technology Zurich. https://ethz.ch/content/dam/ethz/main/industry/entrepreneurship/ETH-spin-offs/dokumente/ETH_spin-off_study_2020.pdf

Breugst, N., Patzelt, H., Feldmeier, C., Kakatkar, A., & Koycheva, L. (2021). Ein neuer Ansatz in der Gründungsforschung. Joachim Herz Stiftung (Hrsg.), Warum gründen Deutschlands Forscher:innen nicht? Zur Psychologie des Gründens (S. 18-28).

Liebig, B. & Schneider, N. (2019). To whom it may concern? Gründungsförderung und Gleichstellung an Schweizer Fachhochschulen. GENDER, 3, 100-115.

Morandi, P., Liebig, B., & Bläse, R. (2019). Fachhochschulen als Start Up Schmieden? Voraussetzungen der Gründungsförderung in der Schweiz. ZFHE, 14(1), 95-114.

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