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Misslungenes verbirgt man am besten. Oder? (Symbolbild)

Gerade im Beruf präsentiert man sich oft perfekt. Es gibt wenig Raum für Misserfolge und Fehlschläge. Was passiert, wenn man dieses Paradigma einfach mal umkehrt? Und einen Lebenslauf der Misserfolge verfasst? Über einen provokativen Vorschlag, einen Blick hinter die scheinbar perfekte Fassade zu werfen und lustvoll mit Fehlschlägen umzugehen. 

Lebensläufe haben nur begrenzte Aussagekraft

Die meisten von uns kennen das Gefühl von Unterlegenheit, wenn man sich die glänzenden akademischen und beruflichen Leistungen von anderen ansieht und sich denkt: Mein Leben(slauf) wird niemals so aussehen.

Was viele jedoch vergessen, ist, dass jeder Lebenslauf Geheimnisse birgt. Die meisten Menschen reden nicht darüber, an wie vielen Orten sie sich beworben hatten, und wie viele Absagen sie erhielten, bevor sie den Vertrag für den Traumjob unterschrieben haben. Misserfolge werden zumeist geschickt kaschiert, «Löcher» im Lebenslauf müssen gestopft werden.

Wichtige Erfahrungen fehlen

Das Problem dabei: Indem man nur die Erfolge aufzeigt, spiegelt der Lebenslauf nur einen kleinen Teil der eigenen Erfahrungen wider. Und vielleicht nicht einmal die Wichtigsten. Natürlich zeigen Erfolge, dass man kompetent ist, dass man über das nötige Fachwissen verfügt und man proaktiv Herausforderungen angeht und neue Möglichkeiten sucht. Sie zeigen jedoch nicht auf, wie und ob man mit Rückschlägen umgehen kann. Ob man trotzdem am Ball bleibt, auch wenn nichts zu funktionieren scheint.

Misserfolge in den Lebenslauf aufnehmen?

Die ursprüngliche Idee für einen «CV of failures» also einen Lebenslauf der Misserfolge, stammt von der Wissenschaftlerin Melanie Stefan (2010). Ihr Argument: Eine hilfreiche Strategie, mit Misserfolgen umzugehen, ist, diese aufzulisten. Der Lebenslauf der Misserfolge kann dazu benutzt werden, sich bewusst zu machen, dass Misserfolge eben auch zum Erfolg dazugehören. Des Weiteren kann die Offenlegung der eigenen gescheiterten Versuche dazu beitragen, Andere zu motivieren, und es kann ihnen dabei helfen, die eigenen Leistungen differenzierter und realistischer zu betrachten, da man sieht, dass bei anderen Menschen eben auch nicht immer alles auf Anhieb gelingt.

Ein gelungenes Beispiel eines Überfliegers

Inspiriert durch die Idee eines CV of failures hat Johannes Haushofer, Psychologieprofessor an der renommierten Princeton Universität, tatsächlich einen Lebenslauf seiner Misserfolge zusammengestellt – und diesen auch veröffentlicht (Haushofer, 2016). Haushofer ist für viele wohl der Inbegriff von Erfolg: noch nicht einmal 40 Jahre alt und hatte bereits Positionen an den renommiertesten Universitäten weltweit inne – Harvard, MIT, Princeton.

Umso unerwarteter kommt sein Statement: "Das meiste, was ich versuche, scheitert, aber diese Misserfolge sind oft unsichtbar, während die Erfolge sichtbar sind", schreibt Haushofer. "Ich habe bemerkt, dass dies manchmal den Eindruck erweckt, dass die meisten Dinge für mich einfach funktionieren". Dass dem nicht so ist, zeigt Haushofer jetzt in seinem CV of failures: Dort listet er Studiengänge auf, von welchen er abgelehnt wurde, Forschungsgelder, die er nicht erhalten hat, und er listet verschiedene weitere Absagen und Misserfolge auf.

Wirkung gegen aussen

Mit seinem Lebenslauf der Misserfolge möchte Haushofer seinen Studierenden und der Welt zeigen, dass es eben nie so einfach ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Dies soll Menschen auch helfen, ihre Misserfolge nicht ausschliesslich auf sich selbst und mangelnde Fähigkeiten zurückzuführen, sondern der Tatsache ins Auge zu sehen, dass man eben auch manchmal Glück haben muss und der Weg zum Erfolg zumeist über viele Fehlversuche und Irrwege führt.

Der Wert des Misserfolges

Diese Mentalität scheint sich nun auch in anderen Bereichen durchzusetzen: So werden heute beispielsweise sogenannte «Fuck up nights» organisiert, an welchen erfolgreiche Geschäftsleute ihre Fehlschläge präsentieren. Auch wissenschaftliche Studien zeigen: Führungskräfte, die sich selbst mit ihren Fehlern präsentieren werden als sympathischer wahrgenommen, als jene, die nur Positives über sich selbst preisgeben. Für zusätzliche Sympathiepunkte kann es also durchaus nützlich sein, die eigenen Schwächen und Fehler zu offenbaren. Am besten geschieht dies jedoch in einer ausbalancierten Art und Weise, so dass ein realistisches Bild der Person vermittelt wird und keine Kultur der Fehlerverherrlichung entsteht.

Wenn Misserfolge Erfolge überholen

Ironischerweise, wie Johannes Haushofer berichtet, ging sein CV of failures innerhalb kürzester Zeit viral. Während er für jahrelange Forschung und seinen zahlreichen Publikationen kaum positive Rückmeldungen erhielt, kannten ihn nun alle für seinen CV of failures. Diesen Fakt listet er auch auf seinem Lebenslauf der Misserfolge auf, und zwar als «Meta-failure»: Dass seine gesamte wissenschaftliche Arbeit mitsamt aller Erfolge weniger Anklang gefunden hat, als seine Misserfolge.

Weiterführende Informationen und Quellen:

Haushofer, J. (2016). CV of Failures. Retrieved from https://www.princeton.edu/ ~joha/Johannes_Haushofer_ CV_of_Failures.pdf

Hrala, J. (2017.12.25). This Princeton Professor's CV of Failures Is Something We Should All Learn From. Retrieved from https://www.sciencealert.com/why-creating-a-cv-of-failures-is-good-Princeton-professor-viral.

Huang, K., Brooks, A. W., Buell, R. W., Hall, B. J., & Huang, L. (2018). Mitigating Malicious Envy: Why Successful Individuals Should Reveal Their Failures. Harvard Business School.

Stefan, M. (2010.11.17). A CV of Failures. Nature. 467-468. http://dx.doi.org/10.1038/nj7322-467a . Retrieved from https://www.nature.com/naturejobs/science/articles/10.1038/nj7322-467a.

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