Bunte Einkaufstaschen als Symbol für Konsum und Kaufkraft Bunte Einkaufstaschen als Symbol für Konsum und Kaufkraft
Glück als Konsumversprechen. (Symbolbild)

Es ist das Urversprechen der modernen Konsumgesellschaft: Kaufen soll nicht nur bestimmte Grundbedürfnisse befriedigen, sondern uns auch glücklich machen. Kann dieses Versprechen eingelöst werden? Eine interessante Antwort auf diese Frage gibt eine aktuelle Studie von Ashley Whillans et al. (2017). Deren Ergebnisse zeigen eindrücklich: Glück lässt sich tatsächlich zu einem gewissen Grad käuflich erwerben. Allerdings weniger mit materiellen Produkten, sondern mehr mit dem Kauf von Produkten und Dienstleistungen, welche uns mehr Freizeit verschaffen. 

Warum macht uns materieller Konsum nur bedingt glücklich?

Die sogenannte “hedonische Adaption” ist dafür verantwortlich, dass uns die meisten materiellen Dinge nur für kurze Zeit glücklicher machen. Wir gewöhnen uns schnell an neue Sachen und überschätzen systematisch den Glückszuwachs, welchen wir uns durch den Konsum materieller Produkte erhoffen. So führt beispielsweise der Kauf des neusten iPhones zu Beginn zwar bei manchem zu einem erhöhten Glücksempfinden, aber leider gewöhnt man sich recht schnell daran, und der Glückszuwachs löst sich in Luft auf. Häufige Folge: Wir kaufen wieder was Neues, und das Ganze geht von vorn los.

Weshalb Geld für mehr Freizeit ausgeben?

Um herauszufinden, welche Art von Konsum uns glücklich macht, gaben die Forscherinnen im ersten Teil ihrer Studie insgesamt 60 Personen jeweils 80 Dollar, welche diese an zwei Wochenenden ausgeben sollten, und zwar in zwei Raten zu je 40 Dollar. Am ersten Wochenende wurden die Teilnehmenden gebeten, das Geld für Dinge oder Dienstleistungen auszugeben, durch welche sie Zeit sparen. Das Geld wurde dann beispielsweise dazu verwendet, einen Reinigungsservice zu beauftragen oder man liess sich für eine Party Häppchen vom Caterer liefern. An einem weiteren Wochenende gaben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann die restlichen 40 Dollar aus, diesmal mit der Vorgabe, sich etwas Materielles zu kaufen, etwa Bücher, Wein oder Polohemden.

Nach jedem der Wochenenden wurden die Teilnehmenden befragt, wie gestresst sie sich fühlten und wie glücklich sie gerade waren. Die Ergebnisse zeigten, dass sie nach der Investition in mehr Freizeit glücklicher waren als nach dem Wochenende, an welchem sie sich etwas Materielles kaufen mussten. Den Zuwachs an Glück erklärten sich die Forscherinnen dadurch, dass die wahrgenommene Freizeit zu weniger Stress führte, was schliesslich glücklicher machte.

Im zweiten Teil ihrer Untersuchung wurden zusätzliche 6000 Personen aus den USA, Kanada, Dänemark und den Niederlanden zu ihren typischen Konsumentscheidungen befragt. Auch hier zeigte sich, dass Personen, welche einen substantiellen Teil ihres Einkommens für ein Mehr an Freizeit investierten, glücklicher waren. Interessanterweise war dieser Effekt weder vom Herkunftsland noch vom Einkommen abhängig. Ausgaben für mehr Freizeit lohnen sich folglich nicht nur für gestresste Reiche.

Weshalb investieren wir zu wenig in Glück?

Kann man Glück kaufen? Gemäss dieser Studie: Ja! Bloss: Wir tun es nicht, oder nicht genug. Beispielsweise gab in der Befragung nur knapp ein Drittel der Personen an, dass sie unangenehme Dinge an externe Dienstleister delegieren, um selber mehr Zeit für angenehmere Dinge zu haben. Gaben die Forschenden weiteren zufällig ausgewählten 98 Personen 40 Dollar zur freien Verfügung, gaben sogar nur zwei Prozent an, dieses Geld in zeitsparende Dinge oder Dienstleistungen zu investieren.

Weshalb investieren wir (zu) wenig in Dinge, welche uns mehr Zeit verschaffen und uns folglich glücklicher machen? Ein möglicher Grund ist: In unserer Gesellschaft gilt es als Statussymbol, stetig unter Strom zu stehen und beschäftigt zu sein. Es ist nicht en vogue, sich auf dem Sofa zu lümmeln, während die Wohnung von jemand anderem geputzt wird. Ferner argumentieren die Autorinnen der Studie, dass sich Personen teilweise moralisch nicht gut fühlen beim Gedanken, dass jemand unangenehme Arbeit für sie übernimmt. Die Überlegung, dass andere damit in unserer Dienstleistungsgesellschaft ihren Lebensunterhalt verdienen, kommt erst an zweiter Stelle.

Fazit

Dass Erlebnisse wie Reisen oder Konzertbesuche langfristig glücksförderlicher sind als materielle Dinge, konnte in anderen Studien bereits gezeigt werden (z.B. Dunn et al., 2011). Voraussetzung für einen Konzertbesuch ist jedoch, dass man dafür auch Zeit hat. An dieser Stelle zeigen die Ergebnisse von Whillans et al., dass es sich lohnt, in mehr Freizeit zu investieren – insbesondere wenn es sich um das Erledigen unangenehmer Pflichten wie Winterräder montieren oder Steuererklärung erstellen handelt.

Und wie sieht es mit der hedonischen Adaption aus, wenn es um Freizeitgestaltung geht? Gewöhnen wir uns nicht auch an die regelmässigen Kinobesuche, Joggingrunden oder Stammtischtreffen, so dass unser Glücksgefühl über die Dauer abgestumpft wird? Eine Frage, die noch weiter erforscht werden muss. Unser Tipp: Gestalten Sie die neuen Freizeitaktivitäten abwechslungsreich. So durchbrechen sie den routinierten Alltagstrott und werden nicht selber zur Routine.

Wenn Sie sich also etwas kaufen wollen, was glücklich macht, so kaufen Sie sich Zeit! Und nutzen Sie diese für Erlebnisse, am besten etwas abseits der Routine. Ob es dann eine Schneeschuhwanderung im Wallis, eine Nacht im Club oder einfach ein Abend Netflix auf dem Sofa ist, muss jeder für sich entscheiden. 

 

Weiterführende Informationen und Quellen:

Dunn, E. W., Gilbert, D. T., & Wilson, T. D. (2011). If money doesn't make you happy, then you probably aren't spending it right. Journal of Consumer Psychology, 21(2), 115-125.

Whillans, A. V., Dunn, E. W., Smeets, P., Bekkers, R., & Norton, M. I. (2017). Buying time promotes happiness. Proceedings of the National Academy of Sciences, 114(32), 8523-8527.

 

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Wie man sich Glück kauft

Autor/in
Dr. Jörn-Basel

Prof. Dr. Jörn Basel

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