Bundeshaus Bundeshaus
Bundeshaus (Symbolbild)

Der Bundesrat hat auf Basis von Notrecht in der Folge der Corona-Pandemie verschiedene Massnahmen beschlossen, um die Ausbreitung der Pandemie zu reduzieren und danach möglichst auf kleinem Niveau zu halten, bis der ersehnte Impfstoff auf dem Markt ist. Die verschiedenen beschlossenen Einschränkungen führen bei der Wirtschaft zu unliebsamen Folgen, deren Auswirkungen im heutigen Zeitpunkt noch gar nicht zu beziffern sind. Um diese wirtschaftlichen Einbussen möglichst klein zu halten bzw. abzufedern, bietet die öffentliche Hand verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten an. Erhält die Wirtschaft bzw. erhalten mehrwertsteuerpflichtige Personen Unterstützungen seitens der öffentlichen Hand, sind diese Hilfen (i.d.R. Zahlungen) in mehrwertsteuerlichen Hinsicht zu qualifizieren. Je nach Art der Unterstützungen können diese Zahlungen bei der Abrechnung mit der Mehrwertsteuer zu unterschiedlichen steuerlichen Konsequenzen führen.

Der Beitrag befasst sich mit den Folgen einiger dieser vom Bundesrat beschlossenen Unterstützungen. Auf der Homepage der Mehrwertsteuer Antworten auf verschiedene Fragen zur Mehrwertsteuer zu finden. Bei Unklarheiten empfiehlt es sich, bei der Mehrwertsteuer konkrete Sachverhalte in Bezug auf die mehrwertsteuerlichen Folgen abzuklären.

Kurzarbeitsentschädigung (SR 837.033)

Die Kurzarbeitsentschädigung unterliegt nicht der Mehrwertsteuer, da diese Entschädigung nicht das Entgelt einer Leistung darstellt (Art. 18 Abs. 2 MWSTG). Die Kurzarbeitsentschädigung führt auch nicht zu einer Vorsteuerkürzung (Art. 33 Abs. 1 MWSTG), da es sich hier um eine Leistung der Arbeitslosenversicherung (SR 830/SR 830.1) handelt. Zu deklarieren ist diese Zahlung im Abrechnungsformular unter Ziffer 910.

Verzicht auf Verzugszinsen bei verspäteter Zahlung der Mehrwertsteuer (SR 641.207.2)

Aufgrund der Verordnung des Bundesrates vom 20. März 2020 werden vom 20.03. bis 31.12.2020 bei verspäteter Zahlung der Mehrwertsteuer keine Verzugszinsen erhoben. Bei den durch die Mehrwertsteuer auf ihrer Website gestellten Fragen und Antworten wird der Verzicht auf die Erhebung von Verzugszinsen bezüglich möglicher Auswirkungen bei der Mehrwertsteuer nicht näher behandelt. Artikel 90 Abs. 1 MWSTG sieht Zahlungserleichterungen vor. Die heutige Situation lässt auf erhebliche Härte schliessen und deshalb handelt es sich beim vorübergehenden Zinssatz 0 Prozent um keine Subvention im Sinne von Art. 18 Abs. 2 Bst. a MWSTG. Es ist somit in der Abrechnung auch nichts zu deklarieren.

Gewährung von Vorzugsbedingungen bei Darlehen durch die öffentliche Hand für bestimmte oder unbestimmte Dauer

Nach Ziffer 1.2 MWST-Info 05 Subventionen handelt es sich beim nicht zu zahlenden Zins bei gewährten Darlehen zu Vorzugsbedingungen um Subventionen im Sinne von Art. 18 Abs. 2 Bst. a MWSTG. Der nicht zu zahlende Zins bzw. die Differenz zu einem „normalen“ Zins bildet die Höhe der gewährten Subvention und führt bei steuerpflichtigen Personen, die nach der effektiven Methode abrechnen, zu einer Vorsteuerabzugskürzung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 MWSTG. Beispielsweise trifft dies zu für zinslose Darlehen, welche das Bundesamt für Sport (BASPO) an Sportorganisationen im professionellen Sport gewährt (SR 415.021), ebenso im Kulturbereich (SR 442.15). Diesbezüglich bleibt aber abzuwarten, ob die ESTV aufgrund der aktuellen Situation dies als Subvention qualifizieren wird. Dies auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Solidarbürgschaftungsverordnung (vgl. nachfolgend). Gewisse Unternehmen im Sport- und Kulturbereich könnten auch einen sog. „COVID-19-Kredit“ oder „COVID-19-Kredit Plus“ beantragen.

Finanzhilfen in Form von nicht rückzahlbaren Geldleistungen

Beispielsweise kann das BASPO im Rahmen bewilligter Kredite Finanzhilfen in Form von nicht rückzahlbaren Geldleistungen an Organisationen ausrichten, die als Vereine organisiert sind und deren Zweck die Organisation und die Durchführung von Veranstaltungen und Wettkämpfen im Breitensport sind (SR 415.021). Bei solchen Finanzhilfen handelt es sich ebenfalls um Subventionen im Sinne von Art. 18 Abs. 2 Bst. a MWSTG. Bei mehrwertsteuerpflichtigen Veranstaltern, die nach der effektiven Methode abrechnen, führen solche Finanzhilfen zu einer Vorsteuerabzugskürzung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 MWSTG.

Gewährung von Krediten und Solidarbürgschaften in Folge des Coronavirus (SR 951.261)

Aufgrund vorstehender Verordnung werden Unternehmungen, welche die Voraussetzungen gemäss dieser Verordnung erfüllen, auf deren Gesuch hin Kredite bis max. 500‘000 Franken zum Zinssatz von 0,0 Prozent bzw. bis max. 20 Mio. Franken zum Zinssatz von 0,5 Prozent gewährt. Kreditgeberinnen sind Banken und die PostFinance. Der Bund bürgt im Rahmen dieser Verordnung für diese Kredite im Umfang von 100 Prozent bzw. 85 Prozent. Die beteiligten Bürgschaftsorganisationen werden durch den Bund unterstützt. So übernimmt der Bund die Verwaltungskosten, die den Bürgschaftsorganisationen für die Gewährung der Bürgschaften entstehen.

Bei den Zahlungen dieser Verwaltungskosten handelt es sich um das Entgelt für die von den Bürgschaftsorganisationen im Auftrag des Bundes übernommenen Leistungen, die der Mehrwertsteuer unterliegen. Die ESTV/MWST hat sich dazu noch nicht geäussert. Es empfiehlt sich deshalb, den Sachverhalt schriftlich abzuklären.

Was sind die Folgen bei Ausfall von Krediten, das heisst wenn Kreditnehmer/Innen aufgrund eines Konkurses oder einer Sanierung nicht in der Lage sind, die Kredite zurückzuzahlen? Der Bund trägt das Kreditrisiko gemäss den Bestimmungen dieser Verordnung, haftet somit letztendlich gegenüber den Bürgschaftsorganisationen bzw. den Banken bzw. der PostFinance für diese Kredite.

Bei einem Konkursfall dürfte wohl kaum eine Subvention im Sinne von Art. 18 Abs. 2 Bst. a MWSTG vorliegen, da der Verzicht auf die Rückzahlung des Kredits nicht „freiwillig“ erfolgt. Deshalb haben in diesem Fall solche Ausfälle keine mehrwertsteuerlichen Folgen für die entsprechenden Kreditnehmer/Innen.

Anders dürfte es aussehen, wenn der Bund in anderen Härtefällen (z.B. Sanierung) auf die Rückzahlung verzichtet. Hier muss von einer Subvention im Sinne von Art.18 Abs. 2 Bst. a MWSTG ausgegangen werden, mit den Folgen einer allfälligen Vorsteuerabzugskürzung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 MWSTG. Jeder Ausfall ist somit einzeln in mehrwertsteuerlicher Hinsicht zu würdigen.
Es liegen noch keine Auskünfte der Mehrwertsteuer bezüglich der Qualifikation solcher Ausfälle vor. Es empfiehlt sich deshalb, den Sachverhalt bei der ESTV/MWST schriftlich abzuklären.

Leistungen gemäss Verordnung über die Massnahmen bei Erwerbsausfall im Zusammenhang mit dem Coronavirus (SR 830.31)

Solche Leistungen werden an Selbstständigerwerbende ausgerichtet, die indirekt von den behördlichen Massnahmen betroffen sind, weil sie zwar weiterarbeiten dürfen, jedoch wegen den Massnahmen weniger oder gar keine Arbeit mehr haben (z.B. Taxifahrer/Innen, Physiotherapeuten/Innen usw.). Darunter fallen aber auch Eltern mit Kinder, die aufgrund der ausgefallenen Fremdbetreuung ihrer Kinder oder infolge Quarantäne, die im Zeitpunkt der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit entweder Arbeitnehmer oder Selbstständigerwerbende sind, ebenso andere Selbstständigerwerbende, die direkt (Schliessung ihres Unternehmens) oder indirekt von den Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie betroffen sind.

Die Vereinnahmung solcher Taggelder bei den Arbeitgebern stellen im Sinne der Mehrwertsteuer Nichtentgelte gemäss Art. 18 Abs. 2 MWSTG dar, die zu keiner Vorsteuerabzugskürzung führen. Sie müssen in der Mehrwertsteuerabrechnung lediglich unter Ziffer 910 deklariert werden.

Anders sieht es aus bei Vereinnahmung solcher Taggelder bei den Selbstständigerwerbenden. Bei diesen Zahlungen handelt es sich um Subventionen im Sinne von Art. 18 Abs. 2 Bst. a MWSTG, die bei bestehender Steuerpflicht und effektiver Abrechnungsmethode zu einer Vorsteuerabzugskürzung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 MWSTG führen.

Die ESTV/MWST hat bisher noch keine Ausführungen zur Qualifikation solcher Taggelder weder an den Arbeitgeber noch an die Selbstständigerwerbenden gemacht. Auf der Website der ESTV finden sich im Moment lediglich Ausführungen zu den Kurzarbeitsentschädigungen (vorstehend SR 837.033). Eine schriftliche Abklärung bei der ESTV/MWST ist somit sehr zu empfehlen. Dies gilt beispielsweise auch bei entsprechenden Finanzhilfen im Kulturbereich (SR 442.15).

Weitere Massnahmen 

Bei den geschilderten verschiedenen Massnahmen des Bundes handelt es sich lediglich um eine Auswahl. Die betroffenen Personen und Unternehmungen haben, sofern sie Unterstützungen des Bundes im Rahmen dieser Pandemie beanspruchen, die entsprechenden Hilfen in mehrwertsteuerlicher Hinsicht zu würdigen und die entsprechenden Auswirkungen umzusetzen.
Aber auch Kantone, Städte und Gemeinden gewähren im Zusammenhang mit dieser Pandemie verschiedene Hilfestellungen. Auch diese sind in mehrwertsteuerlicher Hinsicht zu würdigen und allfällige Auswirkungen entsprechend umzusetzen.

Auch der Erlass von Mieten müsste entsprechende Konsequenzen bei der MWST nach sich ziehen. Anlässlich der Sondersession dieser Woche wird dieses Thema vertieft behandelt. Auch dazu ist die definitive Verwaltungspraxis der ESTV/MWST zu berücksichtigen.

Am ersten Tag der ausserordentlichen Session (04. Mai 2020) hat der Nationalrat eine Unterstützung von 100 Mio. Franken für Kitas beschlossen, der Ständerat fordert einen Mietzinserlass für zwei Monate für kleinere Unternehmungen. Es bleibt abzuwarten, was nun beide Räte letztendlich beschliessen und ob im Laufe dieser Session noch weitere Massnahmen bzw. Unterstützungen dazu kommen.

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Am 19. November 2020 findet der jährliche eintägige MWST Refresher der Kalaidos Fachhochschule statt.

Die Unterlagen des Webinars vom 13. Mai 2020 finden Sie hier: MWST-COVID-19.

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