Planung der Unternehmensfinanzierung Planung der Unternehmensfinanzierung
Bildunterschrift: Planung der Unternehmensfinanzierung (Symbolbild)

Die Kommission für Rechnungslegung von Expertsuisse und die Arbeitsgruppe „Tax/Accounting/Structuring“ der Crypto Valley Association haben gemeinsam ein Verbuchungsmodell zur Abbildung von ICOs mit Zuteilung von Asset Tokens entwickelt. Diese Verbuchungslogik soll nachfolgend stark zusammengefasst vorgestellt werden. Diese Verbuchungslogik ist aufgrund des Massgeblichkeitsprinzips auch aus steuerlicher Optik von Relevanz. Steuerbehörden verlangen bei Rulings für ICO-Gesellschaften typischerweise eine detaillierte Darstellung, wie das ICO-Projekt handelsrechtlich abgebildet wird. Auch das ISIS Kompaktseminar zu Token Generating Events vom 24. Juni 2019 widmet sich diesem brandaktuellen Thema.

Was ist ein ICO?

Initial Coin Offerings (ICOs) sind Finanzierungen (meist in Kryptowährungen), bei denen Investoren einer Stiftung oder einer Unternehmung finanzielle Mittel für ein Projekt zur Verfügung stellen und im Gegenzug für dieses Projekt über die Blockchain geschaffene digitale Wertrechte ("Coin" bzw. "Token") erhalten. Gemäss FINMA Klassifizierung können ICOs in drei Kategorien eingeteilt werden: Payment Token, Utility Token und Asset Token, wobei Mischformen möglich sind.

ICOs sind in vielerlei Hinsicht eine fundamental neue Realität der Kapitalbeschaffung. Die Diskussion zur rechtlichen, steuerlichen aber auch bilanziellen Behandlung von ICOs ist in vollem Gang. Die Kommission für Rechnungslegung der Expertsuisse (KRL) hat zusammen mit der Crypto Valley Association (CVA) Richtlinien zur bilanziellen Behandlung von ICOs mit Asset Token ausgearbeitet und in einem gemeinsamen Positionspapier publiziert (vgl. weiterführende Literatur für Internetlinks zum Positionspapier).

Was ist ein Asset Token?

Gemäss FINMA-Definition repräsentieren Asset Token (Anlage Token) Vermögenswerte in Form von Anteilen an Realwerten oder Unternehmen, wobei künftige Erträge (z.B. Anteile an Umsatz oder EBIT) oder künftige Cashflows (z.B. Ansprüche auf Dividenden oder Zinszahlungen) versprochen werden. Der Token entspricht nach der wirtschaftlichen Funktion z.B. einer Aktie, einem Partizipationsschein, einer Obligation oder einem derivativen Finanzinstrument. Innerhalb dieser Definition können Asset Token ganz unterschiedliche Charakteristiken aufweisen.

Was ist die grosse Frage der Verbuchung von Asset Token?

Die grosse Frage bei der Bilanzierung von ICOs mit der Zuteilung von Asset Token ist die gleiche, wie bei allen übrigen ICOs auch: wo wird der Eingang des ICO Emissionserlöses im Haben verbucht? Die Sollbuchung ist einfach. Entweder sind dies flüssige Mittel (wenn in Fiatgeld, also herkömmlichen Währungen wie Schweizer Franken, einbezahlt) oder Wertschriften (wenn in Kryptowährungen wie Bitcoin einbezahlt). Erfolgt aber im Haben eine Buchung im Eigenkapital? Im Fremdkapital? Im Umsatz? Sonst wo?

Gemäss KRL kann die Verbuchung nicht allgemein für alle Asset Token (oder gar für alle ICOs ) geregelt werden. Vielmehr sind die faktischen und rechtlichen Verpflichtungen und Rechte in jedem Einzelfall zu analysieren. Diese Verpflichtungen und Rechte werden in einem "Whitepaper" genannten Dokument im Internet publiziert. Dabei dient dieses Whitepaper als Grundlage für die ICO Emission. Im Whitepaper stellt die Unternehmung das Projekt vor, welches via ICO finanziert werden soll. Darin werden aber auch die Konditionen der ICO Mittelaufnahme festgehalten. Die Funktion eines Whitepapers ist ähnlich wie jener eines Emissionsprospekts (stellt aber keinen Emissionsprospekt i.S. von Art. 652a OR dar). Betreffend bilanzieller Abbildung eines ICOs können scheinbar kleine Unterschiede im Whitepaper grosse Auswirkungen für die Rechnungslegung haben. Für die Bilanzierung zentral ist zum Beispiel die Frage, ob ein noch zu entwickelndes Aktivum von der Gesellschaft oder von den Investoren kontrolliert wird. Dieser Aspekt wird im Whitepaper selber selten explizit geregelt.

Die KRL und die CVA haben im vorerwähnten Positionspapier zu Illustrationszwecken zwei praxistypische Fallbeispiele erörtert. Ein erstes Beispiel wird nachfolgend stark vereinfacht skizziert. Ein zweites, etwas komplexeres Beispiel wird in einem zweiten Blogbeitrag vorgestellt werden.

Ein einfacher Fall: Anlagefondsähnlicher Asset Token

Im Fall IMMO nimmt eine Gesellschaft via ICO Mittel auf, welche hauptsächlich in den Kauf von Geschäftsliegenschaften investiert werden sollen. Dabei werden diese IMMO Coins als Partizipationsscheine (PS) i.S. von Art. 656a ff. OR emittiert. Die IMMO Coins sollen an einer Kryptobörse handelbar sein. Die Anlage kommt somit einem Investment in einem Immobilienfonds nahe.
Da die IMMO Coins die rechtlichen Voraussetzungen von PS – Kapital erfüllen, wird der ICO Erlös vorliegend bei dessen Einzahlung im Eigenkapital als PS-Kapital erfasst.

Eine Rückstellung oder Abgrenzung ist nicht zu erfassen, da lediglich eine Verpflichtung besteht, dass ein Grossteil des ICO Erlös in Schweizer Geschäftsimmobilien zu investieren ist. Bei dieser Verpflichtung handelt es sich um ein schwebendes Geschäft, welches nur dann zu einer Buchung bzw. Rückstellung führt, wenn Verluste absehbar sind. Dies ist im Beispiel IMMO nicht der Fall, da die Immobilien jeweils zum Marktwert von Dritten erworben werden.

Der zweite Teil dieses Blogbeitrags widmet sich der Verbuchung des ICO Erlöses eines Start-up Unternehmens bei welchem die Unternehmung ein Aktivum selbst entwickelt und die Investoren aus den entsprechenden Umsatzerlösen einen Anteil erhalten sollen. Auch dieses Fallbeispiel wird am ISIS Seminar vom 24.6.2019 vorgestellt werden.

# # #

Weiterführende Literaturhinweise:

FINMA Wegleitung für Unterstellungsanfragen betreffend Initial Coin Offerings (ICOs), Ausgabe vom 16. Februar 2018, (FINMA Wegleitung)

https://www.expertsuisse.ch/Positionen/13.05.2019/Bitcoin und ICOs in der OR-Rechnungslegung, Gemeinsame Positionen von EXPERTsuisse und Crypto Valley Association (CVA), Sowie:

https://cryptovalley.swiss/expertsuisse-issues-swiss-ico-accounting-guidelines-for-asset-tokens/, Ziffer 3 behandelt Asset Token, abgerufen am 17.05.2019

Handbuch der Wirtschaftsprüfung, Band Buchführung und Rechnungslegung, Zürich, 2014, S. 218

ISIS Seminar zu Token Generating Events vom 24.6.2019 im Bildungszentrum Jungholz in Zürich Oerlikon. Weiterführende Informationen und das Anmeldeformular finden Sie auf der Webseite der ISIS-Seminare.

Facebook Twitter Xing LinkedIn WhatsApp E-Mail