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In diesem Interview mit Anita Machin erfahren wir mehr über die Bestimmungen zur Sicherung der Lieferketten und den Status des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten sog. Authorised Economic Operator, AEO (Symbolbild).

Die Sicherheit bei internationalen Waren- und Dienstleistungslieferketten und die damit verbundenen gesetzlichen Vorschriften für den grenzüberschreitenden Güterverkehr werden vor allem nach den Ereignissen des 11. September 2001 immer wieder diskutiert. Zahlreiche Länder haben Bestimmungen zur Sicherung der Lieferketten erlassen und insbesondere den Status des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (sog. Authorised Economic Operator, AEO) eingeführt. Viele Unternehmen stellen sich die Frage, ob sich dieser Status für die eigene Firma lohnt.

Frau Machin, können Sie uns mehr zur Funktion des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten sagen?

Ein „zugelassener Wirtschaftsbeteiligter“ besitzt einen speziellen Status: Er gilt in einer internationalen Lieferkette als besonders zuverlässiger und vertrauenswürdiger Geschäftspartner, weil er gewisse Sicherheitsstandards einhält, die von der zuständigen Zollbehörde überprüft wurden. Mittels AEO-Zertifizierung durch die zuständige Zollverwaltung können Wirtschaftsbeteiligte bestimmte Vergünstigungen im Rahmen der Zollabfertigung beanspruchen.

Im Austausch dazu sollen die Effizienz der Lieferkette verbessert und letztendlich die Kosten gesenkt werden.

Wie erhält man den AEO-Status in der EU?

Der Status kann in der EU seit dem 1. Januar 2008 in drei Varianten bewilligt werden:

  • AEO-Zertifikat „Zollrechtliche Vereinfachungen“ (AEOC)
  • AEO-Zertifikat „Sicherheit“ (AEOS)
  • AEO-Zertifikat „Zollrechtliche Vereinfachungen + Sicherheit“ (AEOF)

Sämtliche an einer internationalen Lieferkette Beteiligten (Hersteller, Ausführer, Spediteur, Lagerhalter, Zollagent, Beförderer, Einführer und sonstige) mit Ansässigkeit im Zollgebiet der Union können sich den AEO-Status zertifizieren lassen. Die Kriterien sind für alle Wirtschaftsteilnehmer gleich. Der Status kann aber nicht einem ganzen Konzern, sondern nur je einem einzelnen Unternehmen verliehen werden.

Ist der Status international anerkannt?

Die gegenseitige Anerkennung des AEO-Status über die Grenzen des Zollgebietes hinaus ist ein Schlüsselelement der Rahmennormierung der Weltzollorganisation zur Sicherung und Erleichterung des globalen Handels. Die EU hat Abkommen über die gegenseitige Anerkennung des AEO-Status mit Norwegen, der Schweiz, Japan, Andorra, den USA und China abgeschlossen. Weitere Verhandlungen mit anderen wichtigen Handelspartnern (z.B. Kanada) laufen derzeit oder werden in naher Zukunft aufgenommen.

Gibt es den AEO-Status auch in der Schweiz?

Während in der EU drei Bewilligungsvarianten möglich sind, kennt die Schweiz lediglich einen AEO-Status, welcher mit dem AEOS-Zertifikat (Sicherheit) der EU zu vergleichen ist.

Ein AEOC-Zertifikat, insbesondere als Basis für weitere Bewilligungen, wie es die EU verlangt, ist in der Schweiz nicht nötig, da man an den spezifischen Bewilligungen (z.B. zugelassener Empfänger/Versender oder ermächtigter Ausführer) festhält.

Den AEO nach Schweizer Recht kann seit 1. Juni 2011 durch Gesellschaften beantragt werden, die entweder im schweizerischen Handelsregister oder im liechtensteinischen Öffentlichkeitsregister eingetragen sind und somit Ansässigkeit in einem dieser Staatsgebiete haben.

Die Schweiz ist auch bestrebt, Vereinbarungen über die gegenseitige Anerkennung mit Ländern abzuschliessen, die ein gleichwertiges Programm vorsehen. Im Moment bestehen Abkommen mit der EU seit 1. Januar 2011, mit Norwegen seit 1. Juli 2017 und China seit 1. September 2017. Demnächst sollen auch Japan, die USA und weitere Länder folgen.

Können Sie uns sagen, wie sich der AEO-Status in Zukunft etablieren wird?

Gemäss der Idee der Weltzollorganisation soll in Zukunft der AEO-Status in jedem Vertragsstaat – momentan 182 nationale Zollverwaltungen – eingeführt werden. Der AEO-Status wird sich im globalen Handel als Standard etablieren. International tätigen Unternehmen ohne AEO-Zertifikat wird es über kurz oder lang nicht mehr möglich sein, den Anforderungen zu genügen.

Es besteht die reale Gefahr, dass nicht AEO-zertifizierte Unternehmen von potentiellen Geschäftspartnern in Zukunft als zweite, wenn nicht sogar als letzte Wahl berücksichtigt werden. Des Weiteren könnten auch die Anliegen der nicht-zertifizierten Unternehmen von den Zollbehörden nachrangig bearbeitet werden. Dies wäre vor allem für die Lebensmittelindustrie, bei welcher die Zeit aufgrund der begrenzten Haltbarkeit der Ware von entscheidender Bedeutung ist, sehr problematisch.

Da der AEO-Status in Zukunft immer wichtiger zu werden scheint, sollten Unternehmen bereits heute prüfen, ob für sie die Zertifizierung sinnvoll ist und ob sie das aufwändige Verfahren durchlaufen können und wollen. Wenn etwas an einer internationalen Lieferkette wichtig ist, dann ist es doch die sichere, reibungslose und schnelle Zollabwicklung an den Grenzen.

Besten Dank Anita Machin für das interessante Interview!

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Weiterführende Literaturhinweise und Quellenangaben:

PrimeTax Newsletter vom Dezember 2018: AEO - Zugelassener Wirtschaftsbeteiligter

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