Welche Probleme und Hürden gibt es bei einer Transformation von einer Hierarchie (linke Seite) zu einer Holacracy (rechte Seite) zu bewältigen? Welche Probleme und Hürden gibt es bei einer Transformation von einer Hierarchie (linke Seite) zu einer Holacracy (rechte Seite) zu bewältigen?
Welche Probleme und Hürden gibt es bei einer Transformation von einer Hierarchie zu einer Holacracy zu bewältigen? (Grafik: eigene Darstellung)

Heutzutage ist Agilität gefragter den je, denn Unternehmen müssen sich den Umständen so rasch wie möglich anpassen können. Es gibt verschiedene Ansätze, agiler zu werden und das von Brian Robertson bereits im Jahre 2009 entwickelte Managementmodell Holacracy ist einer davon. Durch eine neue Machtverteilung, klar definierte Rollen, strukturierte Meetings und eine holokratische Organisationstruktur sollen die Unternehmen von heute fit gemacht werden für die Zukunft. Natürlich ist das ein starker Eingriff in die heutigen Denkweisen und bedarf höchster Vorsicht, um kein Chaos anzurichten. In seiner Abschlussarbeit für den Bachelor FH in Business Information Technology an der Kalaidos Fachhochschule hat Fatjon Etemi unter anderem untersucht, welche Hürden es bei einem solchen Transformationsprozess zu bewältigen gilt.  

Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit ein Wandel von hierarchischen zu holokratischen Strukturen in IT-Unternehmen möglich ist? So lautete die Forschungsfrage meiner Bachelor-Arbeit. Meine Untersuchung habe ich auf IT-Unternehmen begrenzt, weil diese Branche am weitesten fortgeschritten ist und auch genügend praktische Erfahrungen beitragen konnte. Neben einer umfassenden Literaturrecherche habe ich drei Experteninterviews mit Personen aus dem Holacracy-Umfeld aus den Firmen invee Consulting, Unic und Xpreneurs geführt.

Was versteht man unter Holacracy?

Das von Robertson bereits im Jahre 2009 entworfene Organisationsmodell soll Organisationen wieder zukunftsfähig machen. Das Modell ist von den agilen Ansätzen inspiriert und schafft eine Umgebung, in welcher Entscheidungen vor allem sehr effizient durchgeführt werden können. Das ist wichtig, denn in der heutigen Zeit ist es kritisch, dass Unternehmen auf die immer öfters ändernden Marktverhältnisse reagieren können.

Mit der Einführung von Holacracy ist ein Unternehmen nicht mehr einer Person unterstellt, sondern befolgt die Anweisungen eines Regelbuchs, der sogenannten Konstitution. In dieser sind die Praktiken von Holacracy definiert. Mitarbeitende haben keine Stellenbeschreibungen, sondern zugewiesene Rollen, welche eine Absicht, Domänen und Verantwortlichkeiten enthalten. In Holacracy ist es wichtig, dass eine hohe Transparenz herrscht und jeder weiss, welche Arbeit von welcher Rolle erledigt wird. Aus diesem Grund sind diese auch dokumentiert und an einem zentralen Ort veröffentlicht. Die Rollen haben auch ihre Hoheitsgebiete und können Entscheidungen treffen, ohne einen Dienstweg einhalten zu müssen. Zudem sind die Rollen nicht statisch, sondern können mithilfe eines "Governance Meetings" angepasst werden.

Das "Governance Meeting" findet regelmässig statt und befolgt einen klaren Ablauf. Es enthält auch spezielle Rollen, welche gewählt werden, um das Meeting zu führen. Die Wahl der Personen erfolgt mittels einem in der Konstitution festgeschriebenen Prozesses. Ein weiteres Meeting, ist das "Tactical Meeting". Dieses Meeting ist dient dazu, Probleme, welche einen in der Arbeit behindern, einander mitzuteilen, Stände zu Projekten zu präsentieren oder einzuholen und um Hilfe zu bitten.

Ein weiterer Aspekt von Holacracy ist die Struktur. Es besteht keine Hierarchie, sondern es wird in Kreisen strukturiert. Kreise kommen zustande, wenn eine Rolle allein nicht reicht, um die Arbeit zu erledigen. Wie auch die Rollen hat jeder Kreis eine Absicht, Domänen und Verantwortlichkeiten. Ein Kreis kann Unterkreise und Rollen enthalten. Die in der Konstitution fest definierten Rollen "Lead Link" und "Rep Link" sorgen dafür, dass die Zusammenarbeit der Kreise funktioniert, indem die Strategien geteilt werden. Der "Lead Link" hat zudem die Macht, Rollen Ressourcen zuzuweisen. Er definiert auch die Ressourcen für einen "Lead Link" von Subkreisen, wenn es solche gibt.

Fünf Schritte zur Einführung von Holacracy

Die Einführung von Holacracy scheint auf den ersten Blick überschaubar und besteht gemäss Robertson aus den folgenden fünf einfachen Schritten:
1. Holacracy-Konstitution einführen
2. System einrichten, um die Führungselemente zu teilen
3. Erste Struktur definieren
4. Erste "Governance Meetings" abhalten und Wahlen tätigen
5. Regelmässige taktische "Governance Meetings" einplanen

Probleme und Hürden bei der Einführung von Holacracy

Aufgrund der Komplexität von Holacracy und der Anforderung, dass die Organisation im Grunde neu strukturiert wird, gibt es aber einige Probleme, die bei einer solchen Transformation auftreten können. Bei meinen theoretischen Recherchen habe ich einige davon identifiziert und in Form von sieben Hypothesen in den Experteninterviews überprüft. Folgende zwei Hypothesen musste ich danach verwerfen, weil es keine eindeutigen Beweise dafür gab: „Das obere Management steht nicht hinter dem Projekt.“ und: „Die Vorgehensweise (Schritt für Schritt) ist nicht zielführend.“ Die anderen Hypothesen liessen sich in folgende Thesen überführen:

  1. Die Organisation kann beim Abtreten der Macht scheitern und muss dabei unterstützt werden, dies zu tun.
  2. Die Organisation kann in alte Muster zurückfallen, deshalb müssen Massnahmen getroffen werden, um dies zu verhindern.
  3. Es kann sein, dass die Methode nicht von allen gleich verstanden wird, deshalb muss man Massnahmen treffen, um dies zu verhindern.
  4. Es kann sein, dass die Organisation sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt, aber das ist kein schlechtes Zeichen.
  5. Es kann sein, dass der Zeitpunkt der Einführung falsch ist und deshalb sollte man darauf achten, den richtigen zu finden.

 

Es mag vielleicht als völlig klar erscheinen, dass diese Punkte zu berücksichtigen sind und keine aufwändige Arbeit von Nöten ist, um diese zu identifizieren. Ich habe jedoch oft die Erfahrung gemacht, dass es schliesslich meistens an genau solchen Grundprinzipien scheitert, weil man ihnen nicht genug Beachtung schenkt.

Die fünf Thesen bieten die Basis für Handlungsempfehlungen zur Einführung von Holacracy, auf welche ich im zweiten Teil meiner Beitragsserie näher eingehe. Zudem werfe ich im dritten und letzten Teil einen Blick auf die Probleme, die nach der Implementierung von Holacracy entstehen und weiter untersucht werden könnten.

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Quellen und weiterführende Informationen

Raps, A. (2017). Erfolgsfaktoren der Strategieimplementierung. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.

Robertson, B. J. (2015). Holacracy® Constitution (v4.1). HolacracyOne, 0–30.

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